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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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worden, ist deshalb völlig irrig. Die traditionellen Seemächte USA, Japan und Großbritannien zumindest hatten ihre „Hauptwaffe" die Flotten schon längst hochgerüstet, ehe Hitler 1933 auf den Plan tritt.

    Hier drängt sich ein Gedanke zur Betrachtungsweise auf. In der Geschichtsschreibung wird die spätere deutsche Wiederaufrüstung als ein Indiz für schon früh vorhandene deutsche Kriegsabsichten angesehen. Zum Beweis werden unter anderem die Heeresstärken Deutschlands, Englands und Amerikas herangezogen. Das läßt die deutsche Aufrüstung besonders kraß erscheinen und Englands und Amerikas Friedensliebe als Kontrast dazu gut sichtbar werden. Doch solch ein Vergleich ist schief, falsch und irreführend. Er stellt die relativ schwachen Heere von Seemächten neben das große Heer der Landmacht Deutschland. Bei einem gleich schiefen Vergleich, der die drei Staaten alleine nach ihren Marinen messen würde, müßte man England und den USA Kriegsabsichten mit der gleichen falschen Logik unterstellen. 1931 beträgt das Flottenverhältnis zwischen England, den USA und Deutschland 10 zu 9 zu 1. Selbst nach der Wiederaufrüstung des Deutschen Reichs zu Kriegsbeginn im September 1939 ist das Verhältnis noch 10 für England zu 9,2 für die USA zu 1,7 für Deutschland. Bei dieser Überlegenheit der Royal- und der US-Navy ist zu bezweifeln, daß der Admiralität der Reichsmarine und ihrem Seeoffizierskorps vor 1937 der Verdacht gekommen ist, Hitler könnte diese bescheidene Flotte eines Tages zu einem Angriffskrieg benutzen wollen.

    Luftrüstung

    Auch die Luftrüstung in Europa wird nach dem Ersten Weltkrieg zunächst nicht von der deutschen Seite angeschoben. Hier sind es vor allem Frankreich und Italien, welche die Impulse geben.

    Anfang der 20er Jahre entwickelt der italienische General Douhet eine neue Theorie der Luftkriegführung 10 . Neu ist sein Gedanke, Kriege in Zukunft mit den Luftstreitkräften zu entscheiden. Nach Douhet ist die Bombardierung von Wohngebieten und Industrieanlagen im Feindesland geeignet, den Kriegswillen der „betroffenen" Bevölkerung zu brechen und die weitere Produktion von Waffen lahm zu legen. Mit einer solchen Doktrin werden die Luftstreitkräfte eines jeden Staates zur potentiellen Bedrohung für jedes andere Land, das sich in ihrer Reichweite befindet. So ist es zu verstehen, daß sich Großbritannien ab 1922 von Frankreich aus bedroht fühlt und versucht, den französischen Vorsprung an Luftstreitkräften aufzuholen.

    Douhet schreibt das Buch „II dominio del l'aria" (Die Luftherrschaft)
    Nach dem Ersten Weltkrieg behält Frankreich seine Armee de l'Air mit 300 Bombern, 300 Jägern und weiteren Militärflugzeugen im aktiven Dienst. England dagegen verfügt 1922 nur noch über zusammen 40 Bomben- und Jagdflugzeuge. Als die TIMES in London diesen Sachverhalt im März 1922 enthüllt, erzeugt das in ganz England einen Schock. Die englische Bevölkerung fühlt sich im Radius der für damalige Zeiten starken französischen Bomberflotte im eigenen Land bedroht. Das bleibt nicht ohne Folgen. 1923 beschließt das Unterhaus in London, so schnell wie möglich 52 neue Luftwaffenstaffeln aufzustellen 11 . In England übernimmt man auch Douhets Idee, mit Bombern gegen die Zivilbevölkerung zu kämpfen. Am 28. November 1932 referiert der Führer der Konservativen Baldwin in einer Unterhausdebatte – wenn auch mit dem Ausdruck des Bedauerns – über seine Vorstellungen vom Bombenkrieg der Zukunft:
    „Die einzige mögliche Verteidigung heißt hier Angriff. Das bedeutet, daß
    man schneller mehr Frauen und Kinder töten muß als der Feind, wenn
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    man sich selber retten will."
    So rüsten England und Frankreich um die Wette, statt daß die Franzosen, wie im Vertrage von Versailles vereinbart, ihre Armee de 1' Air verkleinern. 1932 verfügt Frankreich über etwa 1500 Militärflugzeuge für den Kampfeinsatz, England über 600 und Deutschland über keine. Die englische Debatte im November
    1932 kann sich noch nicht auf eine Bedrohung durch das Deutsche Reich beziehen. Sie zeigt, daß der später unbarmherzig harte Bombenkrieg der Briten gegen die Zivilbevölkerung in Deutschland einen frühen Ursprung hat.

    Auch Frankreich und Italien rüsten gegeneinander. Beide konkurrieren in Savoyen, auf Korsika, im Mittelmeer und in Nordafrika um Einfluß und Gebiete. Italien kommt 1932 auf 1.500 Militärflugzeuge. Des weiteren baut sich Rußland respektable Luftstreitkräfte auf. Ab 1925 fertigt

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