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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Versailler Vertrag auch, daß dem Deutschen Reich der Besitz von Militärflugzeugen, schwerer Artillerie, Kampfpanzern und einigem anderen Kriegsgerät verboten ist. Die Begleitnote vom 16. Juni 1919, mit der der französische Mini
sterpräsident Clemenceau den Vertragstext „im Namen der Alliierten" an die deutsche Reichsregierung übersendet, wiederholt die Selbstverpflichtung der Siegerstaaten, nach vollendeter deutscher Abrüstung ebenfalls den Umfang der eigenen Armeen zu verringern. In dieser Note heißt es:
    „Die deutsche Abrüstung stellt gleichzeitig den ersten Schritt zu der all
    gemeinen Herabsetzung und Begrenzung der Rüstung dar. ... Nachdem
    Deutschland den Weg gezeigt haben wird, werden die alliierten und asso
    1
    ziierten Mächte in voller Sicherheit den gleichen Weg gehen".
    Die Sieger sagen damit ihre eigene Abrüstung für den Zeitpunkt zu, zu dem die deutsche Abrüstung vollzogen worden ist. Anfang 1927 wäre der Moment gekommen. Am 31. Januar 1927 stellt die Interalliierte Militärkommission der Siegermächte offiziell fest, daß das Deutsche Reich seine Abrüstung vertragsgemäß vollzogen hat. Das hätte nach Geist und Buchstaben des Versailler Vertrags der Startschuß für eine umfassende und globale Abrüstungswelle nach dem Ersten Weltkrieg werden müssen.

    Die internationale Aufrüstung nach dem Ersten Weltkrieg

    Flottenrüstung

    Die Realität außerhalb des Deutschen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg sieht jedoch ganz anders aus. Trotz der Präambel des Teils V des Vertrages von Versailles, in der die Siegerstaaten ihre Abrüstung in Aussicht stellen, beginnt ein Wettrüsten in weltweiten Dimensionen. Das Wort Wettrüsten spiegelt schon die Gründe wider. Es geht den beteiligten Staaten dabei um ihre weiteren Ambitionen und Konkurrenzverhältnisse, nachdem sie die drei großen Konkurrenten Österreich-Ungarn, Türkei und Deutschland ausgeschaltet haben. Das Aufrüsten der Staaten rund um Deutschland und weltweit bildet den Hintergrund, vor dem die Deutschen ihre „Aufholjagd" ab 1934 sehen.

    Die erste Runde spielen die vier nun noch verbliebenen großen Konkurrenten England, USA, Japan und in einer Nebenrolle die Sowjetunion. Großbritannien beansprucht aus seinem Selbstverständnis und zur Sicherung des Kolonialreichs für sich, die erste Seemacht auf der Welt zu sein. Die USA empfinden Englands Flottenstärke im Atlantik und seine Stützpunkte vor den Küsten Mittelamerikas als Risiko im Osten und Japans Expansionspolitik in Asien als Risiko im Westen 2 . Japan – im Ersten Weltkrieg noch Verbündeter der beiden Großen – geht nach dem Krieg auf Abstand, als die USA ihm die deutschen Kolonien im Pazifik streitig machen, die England den Japanern als Lohn für einen Kriegseintritt gegen Deutschland vor dem Krieg versprochen hatte. 3

    v. Oertzen, Seite 13 Schwarz, Seiten 35 ff
    Brit.-japan. Vereinbarung vom 16.2.1917. Siehe Wilson-Dokumente, Band I, Seite 58
    Japan, England, die USA und die Sowjetunion verfolgen außerdem Wirtschaftsund Hegemonialinteressen im Pazifik, besonders gegenüber China. Die USA fordern das „Prinzip der offenen Tür" für Asien, dabei den freien Zugang zu Chinas großem Binnenmarkt und dazu wiederum den Abbau von Chinas Außenzöllen. Japan stellt diesem Verlangen die Forderung entgegen, die Amerikaner mögen ihren Markt dann auch für Waren und Produkte aus ganz Asien öffnen. Großbritannien ist zu der Zeit bereits mit Handel und mit Militär in China tätig. Es hat Truppen und Schiffe in China stationiert und greift 1922, 23, 26 und 27 mit Landungstruppen in innerchinesische Streitigkeiten ein. Japan beansprucht 1928 eigene Interessen in Shantung. 1929 marschieren russische Truppen in der Mandschurei ein und 1931 besetzt Japan die ganze Mandschurei.

    So wird der Ansatz von Versailles, Truppen abzubauen, sofort nach dem Ersten Weltkrieg schon von den Siegermächten USA, Großbritannien und Japan unterlaufen. Während ihres Wettlaufs um den ersten Platz im Fernen Osten setzen die drei Staaten die Marinerüstung fort, die seit dem Kriege nach wie vor auf vollen Touren läuft. Als erster heizt US-Präsident Wilson das Flottenrüsten nach dem Weltkrieg wieder an. Er reagiert damit verärgert auf die Ablehnung eines großen Teiles seiner 14 Friedenspunkte durch Briten und Franzosen in Versailles. Ein besonderer Streitpunkt ist dabei sein zweiter Friedenspunkt, in dem er die „absolute Freiheit der Schiffahrt auf den Meeren" im Frieden und im Krieg

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