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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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ADAP, Serie D, Band VII, Dokument 476
    379
    Benoist-Méchin, Band 7, Seite 518
    380
    Benoist-Méchin, Band 7, Seite 514
    scharfmachend an Daladier und mal mäßigend an Bonnet. Am 30. August z.B. an den Präsidenten:
    „Sehr geehrter Herr Präsident!
    Die Kraftprobe schlägt zu unseren Gunsten aus. Aus sicherer Quelle er
    fahre ich, daß Hitler sich seit fünf Tagen abwartend verhält, die Partei
    größen schwankend geworden sind und die Berichte von einer wachsenden
    Unzufriedenheit der Bevölkerung sprechen. ... Nach wie vor müssen wir
    festbleiben, festbleiben und nochmals festbleiben. ... Wenn ich recht unter
    richtet bin, so beansprucht Hitler Danzig und einen Korridor durch den
    Korridor. Wir müssen ihn durch unsere feste Haltung davon überzeugen,
    daß er mit den Methoden, die er bisher angewandt hat, gar nichts mehr
    381
    bekommen wird. ..."
    Tags darauf am 31. August berät Coulondre Außenminister Bonnet ganz anders:
    „... Die Deutsche Regierung ist nach sicheren Informationen sehr ver
    ärgert darüber, daß sie von Polen keine Antwort erhalten hat. Es steht zu
    befürchten, daß sie Befehl zum sofortigen Angriff erteilt, wenn sie bis zum
    Ende des Morgens keine Antwort in Händen hat. ...Es läge ganz im Inter
    esse der polnischen Regierung, unverzüglich nach Berlin mitzuteilen, daß
    sie die Fühlungnahme gut heiße und Lipski mit sämtlichen notwendigen
    382 Instruktionen als Bevollmächtigten zum Verhandeln entsendet. ..."
    So stark der Richtungsstreit im Kabinett, so schwach ist Frankreichs Außenwirkung, als es gilt, die in Versailles eingefädelten Probleme im Konsens mit Polen und dem Deutschen Reich zu lösen.

    Ein schon erwähnter Vermittlungsversuch der Franzosen und der Italiener von diesem Tag, dem letzten vor dem Krieg, ist da kaum noch des Beachtens wert. Gegen Mittag schlägt Mussolini – wohl auf früheres Drängen der Franzosen – eine Konferenz vor, die die Schäden von Versailles und alle Streitigkeiten zwischen Italien, England, Frankreich, Polen und Deutschland grundlegend heilen soll. 383
    Frankreichs Außenminister Bonnet ist der Auffassung, daß dieser Vorschlag erst zwischen Paris und London abgestimmt werden sollte, ehe Hitler eingeladen wird. So entsteht ein Abstimmungsprozeß bis in den späten Abend. Die englische Regierung hält den Vorschlag Mussolinis für eine Falle und rät, ihn nicht brüsk abzulehnen, sondern vorher eine Demobilisierung der Armeen aller Länder zu verlangen. 384
    Die französische Regierung ist um 22 Uhr soweit, der englischen ihren Entschluß mitzuteilen, daß sie Mussolinis Vorschlag für den Fall zustimmt, daß die deutsch-polnischen Verhandlungen gescheitert seien. London antwortet, daß es seine Entscheidung am nächsten Morgen nach Rom schicken werde. Dann aber rollt die Wehrmacht schon durch Polen. Beide, Briten wie Franzosen, lassen es nun laufen.

    381
    Benoist-Méchin, Band 7, Seite 494 382
    Bonnet, Seite 281
    383
    Bonnet, Seiten 285 f
    384
    Benoist-Méchin, Band 7, Seite 513

    Um 19 Uhr erscheint der italienische Botschafter Dr. Attolico zur Audienz bei Hitler und trägt ihm das Vermittlungsangebot des „Duce" an. 385
    Für Hitler läuft die Zeit. Er kann zu dieser späten Uhrzeit den Anmarsch der deutschen Truppen nicht mehr stoppen. Mit jedem weiteren Tag, den er jetzt hingehalten wird, steigt die Gefahr, daß der Feldzug gegen Polen nicht in Warschau, sondern in Schlamm und Regen stecken bleibt. Die Generalität hat ihn beraten, nicht nach dem 2. September mit einem Feldzug zu beginnen. Das wissen auch die Generale bei den Briten und Franzosen. 386
    General Gamelin hat – wie schon erwähnt – damit gerechnet, daß ein deutscher Angriff im Herbst und Winter erfolglos stecken bleiben würde. So steht Hitler an diesem Abend nicht mehr vor der Wahl zwischen Verhandeln oder Krieg, sondern nur noch vor der zwischen dem Verzicht auf Danzig und den Schutz der deutschen Minderheit in Polen oder einem Krieg. Er sieht inzwischen, daß die Briten ihm nicht bei den Polen helfen werden, und daß die Polen unter dem Schutz der Briten nicht verhandeln wollen. Hitler lehnt das späte Angebot des „Duce" dankend ab.

    Eine allerletzte Möglichkeit, die Polen, Briten und Franzosen zu einem Überdenken ihrer Positionen zu bewegen, wird an diesem Tag ganz offensichtlich mit Bewußtsein unterlassen. Roosevelt, der seit sieben Tagen weiß, daß Hitler der Sowjetunion Ostpolen als ihr Interessengebiet zugestanden hat, hüllt sich auch jetzt in

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