Der Krieg, der viele Vaeter gatte
daß die französische Armee ins Rheinland einmarschiert, und daß die polnische Luftwaffe Berlin bombardiert. 396
Drei Tage später, am 9., hat die Wehrmacht be
reits ganz Westpolen bis zur Linie Fluß Narew-Warschau-Fluß Bug genommen.
Am 13. September titelt EXPRESS PORANNY mit der Schlagzeile „Deutsche
Offensive in Polen zusammengebrochen." 397
Wieder drei Tage später berichtet der DAILY EXPRESS aus London, daß Saarlouis von französischen Truppen eingeschlossen ist, was nichts bedeutet, da die Stadt direkt an der Landesgrenze liegt. Nur stimmt die Meldung nicht. Am 17. September setzt sich die polnische Regierung samt Präsident Moscicki und Oberbefehlshaber Rydz-Śmigły nach Rumänien ab, und die Rote Armee der Sowjetunion tritt – ebenfalls ohne Kriegserklärung – von Osten her zum Angriff gegen Polen an. Sie holt ihr ehemaliges Territorium, das ihr nach dem Ersten Weltkrieg durch den „Höchsten Alliierten Rat" der Sieger zugesprochen worden war, zurück. Die sowjetische Regierung erklärt ihr Handeln vor den ausländischen Regierungen mit folgender Begründung:
393
KTB-SKL, Seite 39
394
KTB-SKL, Seite 43
395
Stegemann, Seite 17
396
Piekalkiewicz, Seite 139 397
Piekalkiewicz, Seite 103
„Der polnische Staat hat aufgehört zu existieren, und die Sowjetunion mußte daher die auf polnischem Gebiet lebenden Ukrainer und Weißrus
398
sen unter ihren Schutz nehmen."
Karte 36: Polens Lage am Abend des 18. September 1939
Am Tag darauf, am 18., hat die Wehrmacht ganz Polen westlich der Curzon-Linie bis auf die Hauptstadt Warschau eingenommen. Am 19. September reagieren die französische und die britische Regierung auf die Kriegsbeteiligung der Sowjets und fordern die russische Regierung auf, die Truppen aus Polen wieder
398
Piekalkiewicz, Seite 180
abzuziehen. Wenn das unterbleibe, so droht man aus Paris und London, folge automatisch eine Kriegserklärung. 399
Das wars dann. Vier Wochen später nehmen die Briten und Franzosen im geheimen Verbindung zu den Russen auf, um sie doch noch zum Kriege gegen Deutschland einzuladen.
Am 29. September fällt die Hauptstadt Warschau. Polen hat verloren. Paris und London sind in den vier Wochen der Eroberung Polens durch die deutsche Wehrmacht und die Rote Armee der Sowjetunion weder ernstlich militärisch gegen Deutschland vorgegangen, noch haben sie der Sowjetunion den Krieg erklärt.
399
Piekalkiewicz, Seite 192
TEIL 6
SCHLUSSBETRACHTUNG
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Schlußbetrachtung
Englands Beitrag zum Kriegsausbruch
Frankreichs Beitrag zum Kriegsausbruch
Polens Beitrag zum Kriegsausbruch
Der Beitrag der Sowjetunion zum Kriegsausbruch
Der Beitrag der USA zum Kriegsausbruch
Deutschlands Beitrag zum Kriegsausbruch
Bilanz
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SCHLUSSBETRACHTUNG
Die Gründe, die zum Zweiten Weltkrieg führen, liegen wie bemalte Glasscheiben aufeinander. Ganz klar sieht man nur das bunte Bild auf dem obersten, zuletzt aufgelegten Glas. Das Bild auf der nächsten, darunter liegenden Scheibe ist noch erkennbar, doch schon erheblich matter. Die Bilder auf den unteren, älteren Glasplatten schimmern nur noch ganz schwach durch, doch ihre Farben und Konturen sind noch immer ein Teil dessen, was man von oben sieht. So zeigt das Oberflächenbild, daß 1939
● Deutschland über Polen herfällt,
● Rußland sich die Hälfte Polens raubt,
● Polen dabei nur das Opfer ist,
● Frankreich und England dem bedrängen Polen helfen
● und die Vereinigten Staaten von Amerika zu guter letzt die Helfer unter
stützen und retten.
Doch schon das Bild darunter zeigt den Streit um Danzig, um die Korridorpassage und um das Schicksal der drangsalierten Minderheiten im neuen Staate Polen. Es läßt erkennen, wie Amerikaner, Briten und Franzosen dieses Problem in Versailles erzeugen und die daraus entstehende Kriegsgefahr billigend in Kauf nehmen. Es zeigt die Polen, die als die Erben des Problems ihren nationalen Stolz darauf verwenden zu verhindern, daß der Streit im Einvernehmen und in Frieden mit dem Deutschen Reich beseitigt werden kann. Und es zeigt ein Deutschland, das dieses Einvernehmen sucht und nicht erreicht und zum Schluß den Krieg eröffnet. Aus den unteren Schichten schimmern die vielen und langen Lebensläufe alle jener Völker durch, die 1939 und danach im Zweiten Weltkrieg aufeinanderprallen.
So wie Asher ben Nathan sagt: „Entscheidend ist, was den ersten Schüssen vorausgegangen
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