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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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ist", so ist auch hier entscheidend, welches Volk und welcher Politiker vor Kriegsausbruch und bis hinein in die noch immer nachhallende Geschichte zu den Ursachen des Zweiten Weltkriegs beigetragen hat. Jedes Volk und jeder Politiker, der hier etwas verursacht hat, trägt seinen Teil der Schuld am Zweiten Weltkrieg.

    Eine Schlüsselrolle im Ersten und im Zweiten Weltkrieg auf der Gegenseite Deutschlands nehmen Großbritannien und Frankreich ein.

    Englands Beitrag zum Kriegsausbruch

    Englands Sicherheit und Reichtum beruht über drei Jahrhunderte lang darauf, daß es seinen Nahrungsmittel-, Rohstoff- und Finanzbedarf aus fernen Kolonien und dem Handel zwischen ihnen sicherstellt, und daß es bei Bedarf die Menschen und die Truppen aus den Kolonien zu seinem eigenen Nutzen einsetzt. Um die Sicherheit und diesen Reichtum präventiv zu schützen, treten englische Regierungen seit jeher jeder fremden Macht schon dann entgegen, wenn ihnen der Verdacht kommt, daß sich die fremde Macht für England auf dem Meer und in Europa zur Konkurrenz und zur Gefahr entwickelt.

    Nachdem Frankreich 1898 durch Großbritannien als Rivale ausgeschaltet worden ist 1 , und Rußland 1905 durch Japan aus dem Feld geschlagen 2 , rückt nun das kaiserliche Deutschland mit seinem Wirtschaftswunder, mit dem Flottenbauprogramm und seinen ersten Kolonien in eine Position auf, die man in England für gefährlich hält. Obwohl Deutschland nichts von England fordert – weder Land noch Menschen – trägt ihm der eigene Aufstieg die Gegnerschaft der Briten ein. Vom Boykottvermerk des „Made in Germany" von 1887 über die Mobilmachung der englischen Flotte wegen eines einzigen kleinen deutschen Kriegsschiffs, das 1911 in Agadir auf Reede geht und „Flagge zeigt", bis hin zum Schulterschluß mit Frankreich gegen Deutschland, ist Englands präventive Abwehrhaltung konsequent. Doch 1914 verleitet diese präventive Haltung England, die Gelegenheit zum Krieg mit Deutschland zu ergreifen. Die deutsche Bitte an Großbritannien und Frankreich, bei einem Krieg im Osten zwischen Serben, Russen, Habsburgern und Deutschen im Westen Frieden zu bewahren, schlägt England ebenso wie Frankreich aus. Selbst das Angebot der Schonung Belgiens kann England nicht dazu bewegen, sich aus dem Krieg herauszuhalten.

    Der Erste Weltkrieg, der dem folgt, bringt England zunächst reiche Ernte. Es erwirbt die Herrschaft über Deutschlands Kolonien und die deutschen Erdölkonzessionen im Irak. Die deutsche Flotte wird zerschlagen. Das Deutsche Reich muß 92 Jahre lang Reparationen an die Siegerstaaten zahlen und Deutschlands Stärke ist für eine lange Zeit gebrochen.

    Die englische Begleitmusik ist für die Deutschen genauso bitter wie die Niederlage im Ersten Weltkrieg selbst. Großbritannien vertritt im Rat der Siegerstaaten wie alle seine Alliierten die Behauptung, Österreich und Deutschland hätten den vergangenen Krieg allein verursacht. Es wirft den Deutschen vor, unfähig zu sein, Kolonien zu verwalten. Es gibt vor, den Krieg für Demokratie, Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht der Völker geführt zu haben, und es setzt zusammen mit den anderen Siegern durch, daß Deutschland und Österreich ihre

    Im Juli 1898 droht England Frankreich mit Krieg und zwingt es, eine Militär- und Forschungsexpedition aus Faschoda im Sudan abzuziehen.
    1905 verliert Rußland mit der Seeschlacht von Tsushima einen Krieg gegen Japan.
    Monarchien abschaffen. Dies Paket von Anschuldigungen und Ansprüchen verfestigt das Klischee bei vielen Deutschen, die Briten seien perfide und verlogen. Schließlich, während 1919 britische Politiker den Deutschen Unfähigkeit zur Kolonialherrschaft vorwerfen, schießen britische Soldaten in Amritsar indische Demonstranten nieder. Diese besondere „Fähigkeit" der Engländer zur Kolonialherrschaft kostet 450 Indern an einem Tag ihr Leben 3 . Englands Anspruch, das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu vertreten, findet in Irland, Kenia, Ägypten, Indien, Burma und andernorts auf dieser Erde seine offenbare Widerlegung. Und Englands Erklärung, für die Demokratie zu kämpfen und seine Forderung, den deutschen Kaiser und die Fürsten abzusetzen, wirkt für ein Land, das das „gleiche" Wahlrecht knapp 50 Jahre nach dem Deutschen Reich einführt und das sich selbst von Fürsten, Herzögen und Königen regieren läßt, absurd. So werden „die Engländer" nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland nicht als fair, gerecht und friedensliebend

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