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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Es verdoppelt seinen Wehretat für Rüstung, führt die „Sofortreserve" für die Flotte 5 und einen „Freiwilligen Nationalen Dienst für die Verteidigung Englands" ein und drängt der Sowjetunion Kredite für deren Waffenkäufe auf.

    Im März 1939 läßt der Diktator Hitler die Tschechei besetzen, und Ungarn annektiert zur gleichen Zeit die Karpato-Ukraine. Nun hätte England einen Grund gehabt, die Freiheit der Tschechen und Ruthenen zu verteidigen und mit dem Deutschen Reich und Ungarn Krieg zu führen. Doch beides unterbleibt. Damit herrscht wieder Friedenspflicht zwischen Großbritannien und Deutschland, es sei

    Diese Regelung erlaubt die Einberufung von Reservisten vor der offiziellen Mobilmachung.
    denn, England hätte später noch versucht, die Tschechen und Ruthenen zu befreien. Eine solche Absicht hat es nie gegeben.

    Englands politische Elite ist es allerdings inzwischen leid, daß die neue deutsche Reichsregierung die Folgen von Versailles Stück für Stück beseitigt, ohne daß die englische Regierung dabei noch wesentlichen Einfluß nehmen kann. Mit der Annexion der Rest-Tschechei ist Hitler dann zu weit gegangen. In London ist man nun nicht mehr bereit, weiteren deutschen Wünschen, und seien sie berechtigt, nachzugeben. Vielmehr soll der nächste Wunsch den Anlaß bieten, dem deutschen Machtzuwachs ein Ende zu bereiten. Kurz nach dem deutschen Einmarsch in die Rest-Tschechei fängt England an, den nächsten Weltkrieg einzufädeln.

    Da Hitler in Verträgen gegenüber Frankreich und Italien auf Elsaß-Lothringen und Südtirol verzichtet hat, bleiben als die letzten Altlasten von Versailles nur Danzig, die Korridorpassage, das Los der deutschen Minderheit in Polen und die Kolonien übrig. So schreibt Botschafter Phipps in seinem Schlußbericht, ehe er
    1937 von der Botschaft in Berlin nach London heimkehrt: „Hitler will Österreich, dann die Sudeten, dann Memel, den Korridor, 6 Danzig und zum Schluß die verlorenen Kolonien."
    Sein Nachfolger in Berlin, Henderson, teilt diese Sicht der Dinge. Zu oft hat Hitler bei Chamberlain, bei Halifax und bei ihm selbst die koloniale Frage angeschnitten. So ist es für London wichtig, daß die Revisionen der in Versailles geschaffenen Fakten unterbunden werden, ehe Englands Kriegsgewinne an der Reihe sind. Und vor den späteren Verhandlungen um die früheren deutschen Kolonien steht nur noch Danzig auf der Tagesordnung.

    Mit der Tschechei-Eroberung ist es Hitler selbst, der den Briten die Bremse in die Hand gibt, mit der sie ihn zum Stehen bringen können. Und England zieht die Bremse.

    Die britische Regierung baut eine Logik auf, die jedermann versteht, und die den Blick vom Kolonialproblem in eine andere Richtung lenkt. England klagt Deutschland an, statt der Angliederung der 1919 abgetrennten Reichsgebiete ein Weltreich in Osteuropa anzustreben. Das ist insofern wahr, als dies die noch geheime Absicht Hitlers ist. Das ist insofern nicht wahr, als das dem deutschen Volk und seiner Wehrmacht fern liegt. Doch der Tschechei-Einmarsch, der deutsche Wirtschaftseinfluß in Südost-Europa und die deutsch-polnischen Verhandlungen um Danzig und den Korridor weisen allesamt in Richtung Osten.

    England nutzt die so entstandene Lage, um Deutschland am Danziger Problem ein Hindernis zu bauen, an dem es halten oder springen muß. Die englische Regierung bietet der polnischen eine Garantie gegen Deutschland an, obwohl Deutschland Polen da noch nicht bedroht und obgleich England außerstande ist, Polen in einem Ernstfall zu beschützen. Zu der Zeit verhandelt die deutsche

    Henderson, Seite 129
    Reichsregierung mit der polnischen Staatsführung um die Rückkehr Danzigs und den Bau von exterritorialen Verkehrsverbindungen zwischen Ostpreußen und dem Reich. Sie bietet dafür die Anerkennung der polnischen Gebietsgewinne von 1919 in Westpreußen und in Posen und die Erhaltung der polnischen Wirtschafts- und Hafenprivilegien in Danzig. Polen, das seit zwei Jahrzehnten um die Anerkennung der Gebietsgewinne ringt, hätte durchaus auch mit Deutschland handelseinig werden können. Doch mit den zwei Garantien und Hilfsversprechen vom 31. März 1939 und vom 25. August hat London Warschau so gut wie jeden Grund genommen, positiv auf die Berliner Wünsche einzugehen.

    Somit bleibt Hitler zum Schluß nicht mehr die Wahl zwischen Verhandlungslösung oder Krieg, sondern nur noch die fatale zwischen Verzichten und dem Krieg. Außerdem hat das englische Versprechen „unverzüglich

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