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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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vier Wegen, Deutschlands Souveränität und seine äußere Sicherheit zu untergraben. Als erstes erhalten sich die Franzosen unter Verletzung ihrer Abrüstungspflichten für gut anderthalb Jahrzehnte eine vielfache Militärüberlegenheit gegenüber ihren deutschen Nachbarn. Hinzu kommt zweitens, daß die französischen Regierungen von 1927 bis 1933 die Genfer Abrüstungsverhandlungen mit Erfolg blockieren und so verhindern, daß Deutschland wieder selbstschutzfähig wird. Zum dritten nutzt Frankreich Deutschlands Schwäche mehrfach aus und läßt seine Truppen trotz des geschlossenen Friedens in das Deutsche Reich marschieren. Und viertens errichtet Frankreich binnen weniger Jahre eine Mauer von antideutschen Militärverträgen rund ums Deutsche Reich.

    Frankreich gelingt es, mit dieser Mauer von Verträgen mit Polen, der Tschechoslowakei, Jugoslawien, Rumänien, der Sowjetunion und Belgien nicht nur Deutschland und Österreich einzukreisen 8 . Es fügt auch eine Allianz zusammen, die Deutschland 12fach in der Friedensstärke und etwa lOOfach im Kriege überlegen ist, so daß sich Hitler und die Reichswehr ab 1935 beim Aufbau einer neuen Wehrmacht daran orientieren müssen. Frankreich hat es versäumt, die Drohkulisse rund um Deutschland in den Jahren abzubauen, in denen Hitler angeboten hatte, die deutsche Rüstung zu begrenzen. Außerdem baut Frankreich seine Sicherheit auf Militärallianzen auf, ohne dabei einzurechnen, daß es dafür dereinst auch „Sicherheit zurückerstatten" muß. Und es klinkt sich damit in alle Händel seiner Alliierten ein. Frankreichs Sicherheitsanstrengungen nach dem Ersten Weltkrieg bestehen in summa daraus, Deutschland kleinzuhalten und nicht darin, sich mit den Deutschen zu vergleichen.

    Als Hitler den Rest der zerfallenden Tschechoslowakei gegen Völkerrecht und eigene Versprechen im März 1939 zum Protektorat erklärt, nutzt Frankreich die sich bietende Gelegenheit, um weitere Revisionen des Vertrages von Versailles zu

    Französische Verträge 1919 mit GB, 1920 mit B, 1921 mit P, 1924 mit der CSR, 1926 mit RUM, 1927 mit JUG und 1932 mit der SU
    verhindern. Polen steigt aus der Ächtung Englands wegen Teschen plötzlich zu dessen Bündnispartner auf und Frankreich findet damit einen neuen Partner, den es gegen Deutschland aktivieren kann. Die Franzosen, die den polnisch-deutschen Streit um Danzig in Versailles selber mit verursacht haben, nutzen ihren Bündniseinfluß auf die Polen nicht im geringsten dazu, eine Friedenslösung anzusteuern. Sie versuchen nicht einmal im Ansatz, zwischen beiden Kontrahenten zu vermitteln oder gar die Probleme selber anzufassen. Frankreich will Deutschland wegen seines Wiederaufstiegs und wegen der Tschechei-Besetzung in einem neuen Krieg besiegen. Es bestärkt die polnische Regierung deshalb, den deutschen Forderungen gegenüber hart zu bleiben und notfalls einen Krieg um Danzig zu riskieren, und das zu einer Zeit, da die deutsche Reichsregierung immer noch versucht, eine kriegerische Auseinandersetzung mit den Polen zu umgehen.

    Im Mai 1939 verspricht der französische Oberbefehlshaber General Gamelin dem polnischen Kriegsminister Kasprzycki, daß Frankreich gemeinsam mit Polen in einen Feldzug gegen Deutschland ziehen werde. Der französische Premierminister Daladier und sein Außenminister Bonnet wissen, daß Gamelin dies Versprechen gegeben hat und nicht beabsichtigt, es auch notfalls einzulösen. Sie lassen die Polen in dem falschen Glauben, daß sie mit Frankreich gemeinsam gegen Deutschland siegen können. Im Mai 1939 sind die Verhandlungsvorschläge der deutschen Reichsregierung in Bezug auf Danzig und die Transitwege noch so bescheiden, daß Polen ohne eigene Territorialverluste hätte Frieden haben können. Es ist Frankreich, das der polnischen Regierung an dieser Wegegabel im Mai 39 nicht zur Normalisierung, nicht zu Verhandlungen und nicht zum Frieden zu einem bislang noch minimalen Preis rät, sondern das Polen mit falschen Versprechungen verlockt, den Weg zum Kriege einzuschlagen.

    Das französische Versprechen, im Falle einer Danzig-Auseinandersetzung Deutschland anzugreifen, wiegt deshalb schwerer als die Garantie der Briten, weil 1939 nur die Franzosen über ein Heer verfügen, das in der Lage wäre, Deutschland direkt und unverzüglich anzugreifen. Die Briten mit Flotte und mit Luftstreitkräften – das wissen auch die Polen – könnten nur mittelbar und in einem Krieg von langer Dauer helfen. Polen aber kann einen Krieg nur
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