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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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neuen Rüstungsprogramme für die See- und Luftrüstung angelaufen. Erst wenn diese Programme beendet sind, 106 kann England einem neuen Krieg ins Auge sehen."
    Doch die englische Regierung teilt der französischen und auch der deutschen Reichsregierung mehrfach mit, daß sie im Falle eines Krieges, in den Frankreich eingreift, auf der Seite Frankreichs stehen werde 107
    . So hat England nach Auffassung der dort amtierenden Regierung ein Interesse, daß der Konflikt der vielen Völker innerhalb der Tschechoslowakei keine Kettenreaktion in Gang setzt, bei der erst die Tschechen die Franzosen und dann die Franzosen die Briten in einen Krieg mit Deutschland ziehen. Lediglich eine Gruppe von Oppositionspolitikern um Winston Churchill vertritt jetzt in England schon die Auffassung, daß Großbritannien sogleich eine „Große Allianz" mit Frankreich und der Sowjetunion zum Kriege gegen Deutschland schließen müsse. Und Frankreich hört nicht auf, die Tschechen und Slowaken in Illusionen einzuwickeln. Ministerpräsident Daladier wiederholt das französische Truppenversprechen gegenüber der Regierung der Tschechoslowakei vom vergangenen März noch einmal wider besseres Wissen und erklärt am 12. Juni 1938:
    „Frankreichs Verpflichtungen gegenüber der Tschechoslowakei sind
    108
    heilig und können nicht umgangen werden."

    Chamberlains erster Vermittlungsversuch und Benešs Vorschlag
    zur Aussiedlung der Sudetendeutschen

    Chamberlain sieht realistisch, daß die Ereignisse nun auf einen Krieg zutreiben, der die Briten gegen ihren Willen auf die Seite der Tschechen zwingen würde. Die Sudetendeutschen fordern ja inzwischen offen ihren Anschluß an das Reich. Die Wehrmacht steht „Gewehr bei Fuß", um bei den Tschechen einzugreifen. Neue Zusammenstöße nehmen scharfe Formen an. Die tschechische Regierung verhängt daraufhin das Standrecht über 13 sudetendeutsche Kreise. In dieser Lage versucht Premierminister Chamberlain zu retten, was zu retten ist.

    106
    Benoist-Méchin, Band 6, Seite 185
    107
    Henderson, Seite 132
    108
    Churchill Memoiren, Seite 355. Der franz. Botschafter François-Poncet datiert ein solches Versprechen auf den 12. Juli 1938, siehe François-Poncet, Seite 370
    In der Nacht vom 13. auf den 14. September schreibt Chamberlain Hitler einen Brief und bietet an, sofort nach Deutschland zu kommen, um gemeinsam mit ihm eine friedliche Lösung der anstehenden Probleme in der Tschechoslowakei zu suchen. Chamberlain wagt diesen Schritt, ohne sich vorher mit seinem Außenminister oder gar dem ganzen Kabinett darüber abzusprechen. Hitler stimmt dem sofort zu und lädt den englischen Premierminister zum Tag danach nach Berchtesgaden ein. Er überlegt sogar, selbst nach England zu fliegen, um dem fast 70jährigen Chamberlain die Beschwerden einer solchen Reise abzunehmen.

    Am 15. September stehen sich Chamberlain und Hitler erstmals persönlich gegenüber. Das Gespräch der beiden findet auf Hitlers Vorschlag hin unter nur vier Augen statt. Außenminister von Ribbentrop und Wilson, der außenpolitische Berater Chamberlains, werden nicht hinzugezogen. Allein ein Dolmetscher ist zugegen. So wird dies erste Gespräch der beiden ein Ringen allein zwischen Chamberlain und Hitler. Der beklagt die Unfähigkeit des Völkerbunds, die Minderheitenprobleme der Deutschen im Ausland zu beheben, und er verlangt das Selbstbestimmungsrecht der Völker auch für die Sudetendeutschen. Hitler fordert in dem Gespräch nicht weniger und nicht mehr als die von einer deutschen Mehrheit bewohnten Grenzgebiete für das Reich und für umstrittene Bezirke eine Volksabstimmung. Die Abstimmung soll nach seiner Meinung klären, ob weitere Gebiete von der Tschechoslowakei an Deutschland abzutreten sind. Der deutsche Kanzler kündigt an, er werde die Probleme der Sudetendeutschen in Bälde „so oder so aus eigener Initiative lösen". Chamberlain versteht die Drohung dieser Worte. „So oder so" heißt in Hitlers Art, sich auszudrücken: Einlenken der Gegenseite oder Einmarsch der Wehrmacht in die Tschechoslowakei. Chamberlain sagt Hitler zu, die Frage des Selbstbestimmungsrechts für die Sudetendeutschen sofort mit seinem Kabinett in London zu beraten und dann baldmöglichst zu einem zweiten Gespräch nach Deutschland zu kommen. Er ringt Hitler dafür das Versprechen ab, bis dahin von einer Intervention in der Tschechoslowakei abzusehen 109
    .

    Inzwischen teilt der französische Außenminister Bonnet der englischen Regierung mit, daß die

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