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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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wurzelt das gewohnte Gefühl persönlicher Sicherheit so tief in der Seele des Londoners, und aufregende Zeitungsnachrichten sind eine so alltägliche Sache in London, daß die Leute ohne besondere Furcht Dinge wie diese lesen konnten. "Vorige Nacht kamen die Marsleute um sieben Uhr aus ihrem Zylinder heraus. Sie wagten sich in Harnischen aus Metallplatten hervor, zerstörten das Bahnhofsgebäude von Woking samt den umliegenden Häusern vollständig und vernichteten ein ganzes Bataillon des Cardigan-Regimentes. Einzelheiten sind nicht bekannt. Maximgeschütze erwiesen sich als völlig nutzlos gegen ihren Harnisch; Feldgeschütze wurden von ihnen zertrümmert. Fliehende Husaren sprengten nach Chertsey. Die Marsleute scheinen langsam nach Chertsey oder Windsor vorzurücken. In West Surrey herrscht große Angst, und Schanzen werden aufgeworfen, um einem Einrücken in London vorzubeugen." In dieser Weise drückte sich die "Sunday Sun" aus; und ein geschickter und mit bemerkenswerter Schnelligkeit geschriebener Fachaufsatz im "Referee" verglich die Sache mit einer plötzlich auf ein Dorf losgelassenen Manegerie. Niemand war in London über die Beschaffenheit der gepanzerten Marsleute genau unterrichtet, und noch immer herrschte die fixe Idee, daß diese Ungeheuer nur schwerfällig "krabbelten", "mühselig krochen". Solche Ausdrücke fanden sich fast in jedem der ersten Berichte. Keines jener Telegramme konnte von einem Augenzeugen herrühren. Die Sonntagsblätter druckten Sonderausgaben, als weitere Nachrichten bekannt wurden, und manche druckten sie auch ohne das. Aber es gab tatsächlich keine Neuigkeiten bis zum späten Nachmittag, als die Behörden den Presseagenturen bekanntgaben, was sie wußten. Es wurde die Mitteilung gemacht, daß die Bewohner von Walton und Weybridge, und überhaupt aus diesem ganzen Bezirk, auf den Straßen London zuströmten. Das war alles.
    Am Morgen ging mein Bruder in die Kirche des Foundling Hospital, immer noch ohne zu wissen, was sich am Abend vorher zugetragen hatte. Er hörte dort Anspielungen auf den Einfall der Marsbewohner und ein besonderes Gebet um Frieden. Nach dem Gottesdienst kaufte er eine Nummer des "Referee". Die darin enthaltenen Nachrichten machten ihn doch besorgt, und er begab sich neuerdings zur Waterloo Station, um dort ausfindig zu machen, ob die Verbindung schon hergestellt sei. Die Stellwagen, die Droschken, die Radfahrer und die zahllosen Leute, die in ihren besten Kleidern umherspazierten, schienen von den seltsamen Nachrichten, welche die Zeitungsjungen ausriefen, kaum berührt zu werden. Die Leute interessierten sich zwar, aber wenn sie besorgt waren, so nur wegen ihrer dort wohnenden Angehörigen. Auf dem Bahnhof hörte er zum erstenmal, daß die Linien nach Windsor und Chertsey schon unterbrochen waren. Die Träger erzählten ihm, daß am Morgen einige wichtige Telegramme von den Stationen Byfleet und Chertsey eingetroffen seien. Plötzlich aber wäre nichts mehr gekommen. Mein Bruder konnte keine genaueren Einzelheiten aus den Männern herausbekommen. "Der Kampf vor Weybridge geht weiter", darauf liefen alle ihre Mitteilungen hinaus.
    Der Bahndienst war jetzt in große Unordnung geraten. Eine erhebliche Menge Menschen, die aus den Ortschaften des südwestlichen Bahnnetzes Freunde erwartet hatten, stand unschlüssig herum. Ein grauköpfiger alter Herr kam an meinen Bruder heran und ließ sich in heftigen Worten über die South-Western Company aus. "Die sollte mal tüchtig hergenommen werden", sagte er. Ein paar Züge kamen an aus Richmond, Putney und Kingston. Sie brachten Leute, die ausgezogen waren, um einen Tagesausflug zu Wasser zu machen, aber sie hatten die Schleusen geschlossen gefunden und glaubten etwas wie ein Gefühl von Angst, das in der Luft lag, zu merken. Ein Mann in blauweiß gestreiftem Flanell wandte sich an meinen Bruder, um seine seltsamen Neuigkeiten an den Mann zu bringen:
    "Scharen von Leuten fahren auf Karren und Wagen und allen erdenklichen Fuhrwerken nach Kingston und schleppen dabei Koffer mit ihren Habseligkeiten mit", sagte er, "sie kommen aus Molesey und Weybridge und Walton und behaupten, in Chertsey ein heftiges Geschützfeuer gehört zu haben; berittene Soldaten sollen ihnen geraten haben, schleunigst die Flucht zu ergreifen, da die Marsleute kämen. Auch wir hörten Geschützfeuer an der Hampton Court Station, aber wir hielten es für Donner. Was zum Kuckuck soll denn das alles bedeuten? Die Marsleute können doch nicht aus

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