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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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Erhebung. Noch während wir sie anstarrten, schienen diese hügelartigen Körper sich zu senken und auszubreiten.
    Von einem plötzlichen Gedanken bewegt, blickte ich nach Norden und sah, daß dort ein dritter dieser wolkigen schwarzen Kegel aufgetaucht war.
    Alles war mit einem Male ganz still geworden. Fern im Südosten hörten wir die eulenartigen Schreie der Marsleute, durch die sie sich miteinander verständigten und diese unheimliche Stille nur noch mehr zum Bewußtsein brachten. Dann wieder erbebte die Luft unter dem Donner ihrer Geschütze; aber keine irdische Artillerie gab Antwort.
    Zu jener Zeit konnten wir alle diese Vorgänge nicht begreifen; später aber sollte ich die Bedeutung dieser unheimlichen Hügel, die sich in der Dämmerung bildeten, noch verstehen. Jeder einzelne der Marsleute, die sich in jener halbmondartigen Linie aufgestellt hatten, hatte auf ein unbekanntes Zeichen hin vermittels jenes geschützartigen Rohres, das er trug, einen ungeheuren Behälter überall dorthin abgefeuert, wo ein Hügel, eine Anhöhe, eine Häusergruppe oder irgendeine Schutzwehr, hinter der er eine Batterie vermuten konnte, ihm ein Ziel geboten hatten. Manche feuerten nur eine jener Büchsen ab, manche, wie in dem Fall, den wir gesehen hatten, auch zwei; der Marsmann vor Ripley soll nicht weniger als fünf Schüsse nacheinander abgegeben haben. Diese Büchsen barsten, wenn sie zur Erde fielen, explodierten aber nicht. Unverzüglich aber strömte aus ihnen eine ungeheure Menge schweren, tintenschwarzen Dampfes, der hochstieg und sich zu einer riesigen, ebenholzschwarzen, geballten Wolke verdichtete; zu einem gasförmigen Hügel, der sich hob und senkte und sich langsam über die ihn umgebende Bodenfläche hin ausbreitete. Und die Berührung dieses Dampfes, das Einatmen des geringsten seiner beißenden Teilchen, bedeutete für alles, das atmete, den Tod.
    Er war schwer, dieser Dampf, schwerer als der dichteste Rauch. So kam es, daß nach dem ersten heftigen Ausströmen und Aufschießen, das dem Bersten der Büchse folgte, er wieder zu sinken begann und sich, mehr in der Art eines flüssigen als eines gasförmigen Körpers, über das Erdreich ergoß. Er verließ die Hügel und strömte in die Täler und Gräben und Wasserrinnen, ähnlich wie es bei der Kohlensäure, die aus vulkanischen Klüften hervorströmt, der Fall sein soll. Und wo er das Wasser berührte, trat ein seltsamer chemischer Vorgang ein: die Oberfläche bedeckte sich sofort mit einem pulverartigen Schaum, der langsam sank und weiteren Raum schuf. Dieser Schaum war gänzlich unauflöslich, und es war eine sonderbare Erscheinung, verglichen mit der augenblicklichen Wirkung des Gases, daß man das Wasser, wenn jener Schaum durch Siebe entfernt wurde, ohne Schaden trinken konnte. Der Dampf verteilte sich nicht wie echtes Gas. Er hing klumpenweise zusammen, ergoß sich klebrig über abschüssiges Erdreich, ließ sich zögernd vom Winde treiben, vermengte sich nur allmählich mit dem Nebel und der Feuchtigkeit der Luft und fiel in der Gestalt von Staub zur Erde. Wir können nur schließen, daß bei diesem Dampf ein uns unbekanntes Element wirksam sein muß, das im Blau der Spektralanalyse eine Gruppe von vier Linien hervorruft. In allem übrigen tappen wir in bezug auf die Art seiner Zusammensetzung völlig im dunkeln. Jetzt, da der heftige Schwall nach der Detonation vorüber war, haftete der schwarze Rauch so fest auf dem Boden, daß es noch vor seinem Abfließen, in einer Höhe von fünfzig Fuß in der Luft, auf Dächern und oberen Stockwerken hoher Häuser und auf großen Bäumen, eine Möglichkeit gab, sich seiner giftigen Wirkung völlig zu entziehen; das bewährte sich noch in jener Nacht in Street Cobham und Ditton.
    Ein Mann, der an jenem Ort dem Tode entrann, überliefert einen merkwürdigen Bericht von diesen Vorgängen: wie er das seltsame, schlangenartige Verteilen des Rauches beobachtet hätte, wie er vom Kirchturm aus heruntergeblickt und die Häuser des Dorfes wie Geister aus dem pechschwarzen Nichts sich erheben gesehen habe. Einen Tag und einen halben blieb er oben, erschöpft, halbverhungert und von der Sonne versengt; die Erde hob sich unter dem blauen Himmel und vor dem Bilde der fernen Hügel wie eine schwarzsamtene, weite Fläche ab; allmählich tauchten dann die roten Dächer, die grünen Bäume und später schwarzumschleierte Büsche und Zäune, Tennen, Hütten und Mauern hier und dort wieder zum Sonnenlicht empor.
    Aber das geschah

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