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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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benachbarten Feldern zerschellten.
    Man mag sich ferner ausmalen, wie die allgemeine Aufmerksamkeit plötzlich erregt wurde, als diese schwarze Masse in blitzschnellen Windungen und Aufblähungen nach vorwärts schoß, sich himmelwärts türmte und das Zwielicht in völlige Finsternis verwandelte; wie ein seltsamer und schrecklicher Gegner in der Gestalt eines Dampfes sich auf seine Opfer stürzte, wie Menschen und Pferde immer mehr in der Dunkelheit verschwanden, wie alles durcheinander flüchtete, wilde Rufe ausstieß und kopfüber niederstürzte; man mag sich die Schreie des Entsetzens ausmalen, vorstellen, wie die Geschütze im Stich gelassen wurden, wie die Menschen sich röchelnd am Boden wanden, wie der dichte Rauchkegel sich nach allen Seiten hin ausbreitete. Und dann Nacht und Vernichtung - nichts als die schweigende Masse undurchdringlichen Qualmes, der seine Toten umhüllte.
    Vor dem Morgengrauen ergoß sich der schwarze Rauch durch die Straßen Richmond, und der in Auflösung begriffene Organismus der Regierung raffte sich vor seinem Ende noch zu einer letzten Pflicht auf: die Bevölkerung Londons zur augenblicklichen Flucht aufzurufen.
     

16. Der Exodus aus London
     
    So begreift man wohl die brüllende Woge der Angst, die durch die größte Stadt der Welt jagte, gerade als der Montag andämmerte - der Strom der Flucht, der mit reißender Schnelligkeit zu einem wilden Gewässer anschwoll, in schäumender Wut um die Bahnhöfe brandete, sich bei den Schiffswerften der Themse zu einem entsetzlichen Wirbel aufbäumte und auf jedem möglichen Strombett, das nach Norden oder Osten führte, durchzubrechen suchte. Gegen zehn Uhr verlor die Organisation der Polizei, gegen Mittag selbst die Organisation der Eisenbahnbeamten jeden Zusammenhang, ohne innere Ordnung und Autorität verschmolzen sie erst zögernd, dann um so rascher mit der großen gleichartigen Masse des sozialen Körpers.
    Alle Eisenbahnlinien nördlich von der Themse und die Leute von der South-Eastern in der Cannon Street waren schon Sonntag Mitternacht von der drohenden Gefahr verständigt worden; und schon um zwei Uhr waren die Züge überfüllt; die Leute kämpften wie Wilde um Stehplätze in den Wagen. Gegen drei Uhr wurden selbst in der Bishopsgate Street Leute niedergetreten und erdrückt; etwa zweihundert oder mehr Yards von der Liverpool Street Station entfernt wurden schon Revolverschüsse abgegeben und Leute erstochen; und die Schutzleute, die hingeschickt wurden, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, zerschlugen erschöpft und wütend den Leuten die Köpfe, die sie beschützen sollten.
    Als der Tag vorschritt und die Zugführer und die Heizer sich weigerten, nach London zurückzukehren, da trieb der drückende Zwang der Flucht die Leute in immer dichteren Massen von den Bahnhöfen weg auf die Straßen, die nach Norden führten. Um die Mittagsstunde war ein Marsmann in Barnes gesehen worden, und eine Wolke mächtig sinkenden schwarzen Qualmes trieb die Themse entlang über die Ebene von Lambeth und schnitt in ihrem trägen Herannahen jede Möglichkeit der Flucht über die Brücken ab. Eine zweite Wolkenschicht trieb über Ealing hinweg und umzingelte eine kleine Insel von Überlebenden auf Castle Hill, die wohl ihr Leben fristen, aber auf keinen Ausweg hoffen konnten. Nach fruchtlosem Kampf, bei Chalk Farm in einen Zug der North-Western zu gelangen - die Maschinen der Züge, welche am Güterbahnhof Reisende aufgenommen hatten, pflügten förmlich durch einen schreienden Menschenhaufen hindurch, und ein Dutzend handfester Männer kämpfte, um die Menge daran zu hindern, den Zugführer gegen seinen Heizkessel zu schleudern -, schlug sich mein Bruder zur Chalk Farm Road durch, wand sich durch einen Schwarm dahineilender Fahrzeuge vorwärts und hatte das Glück, bei der Erstürmung eines Fahrradladens als erster anzukommen.
    Das Vorderrad der Maschine, die er an sich riß, wurde durchgeschnitten, als er sie durch das Fenster zerrte; gleichwohl saß er auf und fuhr mit keiner ernsteren Verletzung als einem Schnitt im Handgelenk ab. Der steile Anstieg des Haverstock Hill war einiger gestürzter Pferde wegen nicht passierbar, und mein Bruder lenkte in die Belsize Road ein.
    So entkam er schließlich der wütenden Panik; dem Saum der Edgware Road folgend, erreichte er, hungrig und erschöpft, doch der Menge weit voran, um sieben Uhr Edgware. Die ganze Straße entlang standen die Leute neugierig und staunend. Mein Bruder wurde von Radfahrern,

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