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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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ergreifen."
    Wunderlicher Lichtstrahl auf eine Zeit, die keine Geschichte je völlig beschreiben können wird! Dann kam der Art1erist, meine Fragen beantwortend, wieder auf seine großartigen Pläne. Er redete sich in eine wahre Begeisterung hinein. Er sprach mit solcher Beredsamkeit von der Möglichkeit, sich einer Kriegsmaschine zu bemächtigen, daß ein gut Teil meines Glaubens an ihn wieder zurückkehrte. Aber da ich jetzt anfing, etwas von dem Wesen des Mannes zu begreifen, erriet ich auch, warum er soviel Wert darauf legte, nichts überstürzt zu tun. Auch bemerkte ich, daß jetzt nicht mehr davon die Rede war, daß er persönlich sich der großen Kriegsmaschine bemächtigen werde.
    Nach einiger Zeit gingen wir wieder in den Keller hinab. Keiner von uns schien Lust zu haben, die Grabearbeit wieder aufzunehmen. Und als er vorschlug, eine Mahlzeit zu nehmen, hatte ich nichts dagegen. Er wurde plötzlich sehr freigebig, und als wir gegessen hatten, ging er hinaus und kehrte mit einigen vorzüglichen Zigarren wieder. Wir steckten sie an, und dabei glühte auch wieder seine hoffnungsvolle Stimmung. Er war geneigt, meine Ankunft als eine großartige Gelegenheit zu einem Fest anzusehen.
    "Im Keller gibt's auch etwas Champagner", sagte er.
    "Es ist vielleicht besser, wenn wir bei unserem Burgunder weitergraben", sagte ich.
    "Nein", meinte er; "heute bin ich der Wirt. Champagner! Großer Gott, die Aufgabe, die vor uns liegt, ist schwer genug. Ruhen wir aus und sammeln wir Kräfte, solange es Zeit ist. Sehen Sie doch diese schwieligen Hände!"
    Und da er an seiner Vorstellung, daß es ein Feiertag sei, festhielt, bestand er darauf, daß wir nach dem Essen Karten spielten. Er lehrte mich "Euchre", das amerikanische Whist, und da wir London schon zwischen uns verteilt hatten - ich nahm die nördliche, er die südliche Seite - spielten wir um Kirchspiele. So albern und närrisch das auch dem nüchternen Leser scheinen mag, so ist es doch durchaus wahr, und was noch bemerkenswerter ist, ich fand dieses Kartenspiel und noch einige andere, die wir spielten, äußerst anziehend.
    Wie seltsam ist doch der Mensch! Wir, deren Gattung am Rande der Vernichtung oder doch vor einer erschreckenden Entartung stand, mit keiner anderen Aussicht vor uns als der Möglichkeit eines grauenhaften Todes, wir konnten nun dasitzen und den Glückslaunen dieser bunten Karten folgen und mit lebhaftem Entzücken unsere Stiche zählen. Dann lehrte mich der Artillerist "Poker", und ich besiegte ihn in drei zähen Schachpartien. Als die Dunkelheit anbrach, waren wir in einem derartigen Eifer, daß wir uns entschlossen, es auf eine Entdeckung ankommen zu lassen und eine Lampe anzuzünden.
    Nach einer endlosen Reibe von Spielen nahmen wir unser Abendbrot ein, und der Artillerist trank den Champagner aus. Wir fuhren fort, Zigarren zu rauchen. Nun war er aber nicht mehr der tatkräftige Erneuerer unserer Gattung, den ich am Morgen in ihm gefunden hatte. Er war zwar immer noch ein Optimist, aber es war kein umstürzender, es war ein bedächtiger Optimismus. Ich erinnere mich, wie er schließlich mit mir anstieß und in einer Rede mit geringer Abwechslung ,und zahlreichen Pausen auf meine Gesundheit trank. Ich nahm mir eine Zigarre und stieg hinauf, um nach den Lichtern zu sehen, von denen er gesprochen hatte und die so grünlich längs den Hügeln von Highgate leuchten sollten.
    Zuerst starrte ich ziemlich geistesabwesend über das Tal von London. Die nördlichen Hügel waren in tiefes Dunkel gehüllt, die Feuer in der Nähe von Kensington schienen rötlich herüber, und hier und da zuckte eine orangefarbene Feuerzunge auf, um in der tiefblauen Nacht gleich wieder zu verschwinden. Das ganze übrige London war schwarz. Näher dem Hause bemerkte ich jetzt ein seltsames Licht, einen blassen, blauvioletten, schillernden Schein, der in der Nachtluft hin- und herzitterte. Lange Zeit konnte ich ihn mir nicht erklären, bis mir einfiel, daß es das rote Gewächs sein mußte, von dem dieser schwache Strahlenglanz ausging. Mit dieser Wahrnehmung erwachte auch wieder mein Gefühl des Staunens, meine Empfindung für das Verhältnis der Dinge. Ich blickte hinauf zum Mars, der rot und klar hoch im Westen glühte, und dann sah ich lange und nachdenklich in die Dunkelheit von Hampstead und Highgate.
    Ich blieb sehr lange auf dem Dach und staunte über die wunderlichen Wechselfälle des Tages. Ich erinnerte mich meiner geistigen Verfassung, von dem mitternächtlichen Gebet

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