Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
Vom Netzwerk:
Wirklichkeit., wurde glaubhaft. Ich empfand keine Angst, nur ein wildes, zitterndes Jubelgefühl, als ich den Hügel aufwärts auf das regungslose Ungetüm zu stürmte. Aus seiner Haube hingen dünne braune Lappen herab, an denen die hungrigen Vögel pickten und zerrten.
    Im nächsten Augenblick hatte ich die Erdschanze erklettert und stand auf dem Kamm des Hügels, das Innere des Lagers tief unter mir. Es war ein mächtiger Raum, da und dort standen riesige Maschinen, ungeheure Lager von Werkzeugen und seltsame Schutzvorrichtungen. Und überall zerstreut, einige in den umgestürzten Kriegsmaschinen, einige in den jetzt ruhigen Greifmaschinen, und ein Dutzend steif und still, in einer Reihe hingestreckt, lagen die Marsleute - tot! - erwürgt von fäulnis- und krankheitserregenden Bakterien, gegen die ihre körperliche Beschaffenheit widerstandslos war; erwürgt, wie das rote Gewächs erwürgt worden war; erwürgt, nachdem alle Anschläge der Menschen fehlgeschlagen hatten, von den niedrigsten Wesen die Gott in seiner Weisheit ins Leben gerufen hat.
    Und so war gekommen, was ich und viele andere Leute hätten vorhersehen können, hätten nicht Schrecken und Unglück unsern Verstand verblendet. Diese Krankheitskeime haben seit Anbeginn der Dinge ihren Zoll von der Menschheit gefordert - schon von unsern vormenschlichen Ahnen, seitdem Leben auf unserm Stern bestand. Aber durch die natürliche Auslese unserer Gattung haben wir die Widerstandskraft gegen sie entwickelt; wir unterliegen keinem dieser Keime ohne Kampf, und gegen viele - zum Beispiel jene, welche in toten Körpern Fäulnis hervorrufen - sind unsere Körper überhaupt gefeit. Aber auf dem Mars gibt es keine Bakterien, und von dem Augenblick an, als jene Eindringlinge auf der Erde anlangten, als sie aßen und tranken, machten unsere mikroskopischen Verbündeten sich ans Werk, sie zu vernichten. Schon damals, als ich sie beobachtete, waren sie unwiderruflich dem Tode verfallen, starben und siechten sie hin, während sie noch hin- und hergingen. Es war unvermeidlich. Durch das Opfer Millionen Toter hat der Mensch sich sein Erstgeburtsrecht auf der Erde erkauft, und trotz aller fremden Eindringlinge ist sie sein; sie ist sein, und wären die Marsleute auch zehnmal so mächtig, als sie sind. Denn die Menschen leben weder, noch sterben sie vergeblich.
    Hier und dort lagen sie verstreut, fast fünfzig Marsleute zusammen in der großen Schlucht, die sie sich gegraben hatten, überwältigt von einem Tod, der ihnen so unfaßbar gekommen sein muß, wie es ein Tod nur sein kann. Auch mir schien dieser Tod damals noch unfaßbar. Alles, was ich wußte, war, daß diese Wesen, die lebend ein solcher Schrecken für die Menschheit waren, nun tot waren., Einen Augenblick lang glaubte ich, daß das Gericht des Sennacherib sich wiederholt hätte, daß Gott bereut und seinen Todesengel ausgesandt hätte, der sie in der Nacht erschlug. Ich stand da und starrte in die Grube, und mein Herz empfand eine beseligende Erleichterung, gerade als die aufgehende Sonne mit ihren Strahlen die Welt um mich in Glanz tauchte. In der Grube herrschte noch Finsternis; die riesigen Maschinen, so groß und wunderbar in ihrer Kraft und Vollendung, so unirdisch in ihren gewundenen Formen, ragten unheimlich und verschwommen und abenteuerlich aus dem Schatten in das Licht auf. Ein Rudel Hunde hörte ich tief unter mir sich um die Leichen balgen. Jenseits der Grube, an ihrem fernsten Rande, lag flach und riesenhaft und seltsam die große Flugmaschine, mit der die Marsleute in unseren dichteren Luftschichten Versuche angestellt hatten, bevor Verfall und Tod ihnen Einhalt geboten. Der Tod war nicht einen Tag zu früh gekommen. Ein Krächzen über mir ließ mich nach oben blicken auf die ungeheure Kriegsmaschine, die nun niemals wieder kämpfen würde, auf die zerfetzten roten Fleischlappen, die auf die umgestürzten Bänke auf der Spitze des Primrose Hill niederfielen.
    Ich wandte mich um und sah den abschüssigen Hügel hinab, wo, von einem Schwarm Vögel eingehüllt, jene anderen beiden Marsleute standen, die ich in der vorigen Nacht gesehen hatte, gerade als der Tod sie ereilte. Der eine war verendet, als er eben nach seinen Gefährten geschrien hatte; vielleicht war er zuletzt gestorben und hatte seine Stimme unaufhörlich erschallen lassen, bis die Kraft seines Lebens erschöpft war Die Maschinen schimmerten nun, harmlose dreifüßige Türme leuchtenden Metalls, im Glanz der aufsteigenden Sonne.
    Und

Weitere Kostenlose Bücher