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Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)

Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)

Titel: Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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Wald im Norden Lemurias erschallte davon, als Cherumon seine Kreaturen in die Welt entließ.
    *
    Die schwieligen Hände Hwoldors hielten das Mundstück eines Schlauches, der zu einer Wasserpfeife führte, von der dünne, weiße Rauchschwaden in die Höhe stoben. Der Piratenkönig, wie manche seiner kriecherischen, um seine Gunst heischenden Untertanen ihn gerne titulierten, saß auf einem thronartigen Holzstuhl mit einer hohen, verzierten Lehne und einem weichen Samtkissen, während er nach wie vor so tat, als würden ihn die beiden Besucher in seinem Haus nicht weiter beunruhigen, da solcherlei für ihn das normalste auf der Welt sei. Dabei waren es nicht gerade gewöhnliche Gäste, die mitten in der Nacht in seiner neuen Stadt an der Pforte Arthiliens erschienen waren. Ganz und gar keine gewöhnlichen Gäste.
    Die Schattenkönige standen in der Mitte des Raumes, die Kapuzen über ihre zernarbten, geisterhaft fahlen Köpfe gebreitet und ihre schwarzen Gewänder vorne gerafft, sodass nur die Ausbeulungen an ihren Hüften erahnen ließen, dass sie darunter Schwerter trugen. Ihre verschorften, dürren Hände waren ähnlich unmenschlich und abstoßend wie das wenige, was von ihren Gesichtern zu erkennen war. Jedoch war dies nichts gegen die schreckliche, erstickende Aura, die sie allein mit ihrer Nähe verströmten und die einen sich fühlen ließ, als sei man lebendig begraben in einem Sarkophag unter einem steinernen Deckel, der einem schwer gegen die Brust drückte und einem jedes verzweifelte, letzte Atmen zur Qual werden ließ.
    Entsprechend war den paar Wachen, die in ihren abgerissenen, wahllos zusammengeklaubten Kleidern links und rechts an den Wänden standen, ihr Unwohlsein mehr als anzusehen. Tatsächlich blickten sie allesamt nervös in dem großen Raum umher oder stierten beständig zu ihren Schuhspitzen hinab, um ja niemanden versehentlich herauszufordern, und einigen schlotterten gar sichtlich die Knie. Der einzige, auf den das nicht zutraf, war der riesenhafte Barbar, der sich in seiner ganzen Größe links neben dem Thron aufgebaut hatte und streng und unerbittlich wie eine steinerne Kriegerstatue dreinblickte.
    „Unser Herr ist nicht ganz zufrieden damit, wie Ihr mit den Rhodrim umgesprungen seid, Hwoldor“, sagte die etwas größere der beiden dunklen Gestalten, diejenige, die einmal vor langer Zeit der Schwarze Thorold gewesen war. „Ihr hat ihr Heer besiegt und sie von der Pforte Arthiliens verdrängt, und auch ihren Fürsten, diesen Dummkopf, habt Ihr gemeuchelt, doch habt Ihr es versäumt, den Pferdeherren nachzusetzen und sie entscheidend zu vernichten. So habt Ihr mit Eurem halbherzigen Vorgehen den Interessen der Händlergilde vielleicht sogar mehr geschadet denn Nutzen gebracht, denn das Fürstentum ist nun abgeschottet und wird strenger bewacht denn je zuvor. Und zu allem Überfluss ahnen die Rhodrim von den Verwicklungen der Gilde in diesen Plan, sodass sie deren Angehörigen nun den freien Zutritt zu ihrem Land verwehren.“
    Der Schattenkönig sprach dies mit einer dünnen, kalten Stimme, die dem, dem sie galt, allzu leicht dem Atem stocken und das Herz zu einem leblosen Klumpen gefrieren lassen konnte.Kein einziger Funke an Milde oder Nachsicht war von einer Kreatur seiner Art zu erwarten, denn das einzige, was ihn erfüllte und antrieb, war der Gehorsam gegenüber seinem Herrn, unter dessen Wille er kraft des magischen Banns, unter dem er stand, gezwungen war. So erinnerten letztlich nur noch die Konturen seines halbzerfallenen Leibes daran, dass er einmal ein großer, ehrbarer Mensch gewesen war. Und doch – und dies mochte das schlimmste an seinem Leiden sein – gab es Momente, in denen verschüttete Erinnerungen an seine Vergangenheit, an sein wahres Selbst in ihm aufstiegen wie Rauchfahnen aus einem Schlot, die sogleich vom Wind zerfleddert wurden. Denn sie waren zwar tief in seinem Innern gefangen und durch mächtige Zauber gebannt, doch im Grunde unversehrt, so wie ein uraltes Insekt, das in Bernstein eingeschlossen war.
    „Zunächst einmal“, begann der schwarzbärtige Pirat und rückte sich seinen großen Hut auf dem Schädel zurecht, „finde ich, dass unser gemeinsamer Plan ganz gut aufgegangen ist. Man hat als Pirat nicht alle Tage das Vergnügen, einen rhodrimischen Fürsten zu erschlagen, und diese Pferdeknechte werden es so bald nicht wieder wagen, uns an diesem Ort zu behelligen, erst recht nicht, wenn meine Festung ihre volle Verteidigungsstärke erreicht hat.

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