Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)
Neimo, der sich geschickt duckte, nur knapp. Sofort darauf traf ihn die Spitze von Lotans Stab, der mit einer bemerkenswerten Kraft zustieß, genau vor den Mund, brach ihm die (wenigen noch vorhandenen) Schneidezähne entzwei und beförderte ihn ins Reich der Träume.
Abermals lenkte der Pirat an den Zügeln die drei Pferde, die unter seinem Joch standen, scharf nach links und ließ die beiden Karren, die mit schwindelerregender Geschwindigkeit durch die Dunkelheit schaukelten, an den Seiten zusammenprallen. Mit äußerster Mühe gelang es Sigurd, seinen nach links gestoßenen und heftig schlingernden Wagen wieder in die Spur zu bekommen. Im gleichen Augenblick stießen die Speere der Piraten herüber, drangen weit auf den Wagen ihrer Feinde vor und hätten wohl den ein oder anderen Leib zerschunden, währen ihre Spitzen nicht rechtzeitig abgelenkt worden oder wären ihre Ziele nicht hastig ausgewichen. Im Anschluss daran befanden sich die Angreifer jedoch in einer äußerst wackligen Position, da sie ihre Körper weit über die Seitenbrüstung ihrer Ladefläche gelehnt hatten, um an Reichweite zu gewinnen.
Und so sahen sie mit Erschrecken, wie ein riesiges, seitlich geschwungene Schwert auf sie zurauschte, dem ersten von ihnen den Kopf abhackte, seine Klinge tief in den Nacken des zweiten grub und diesen hart gegen den dritten und letzten der Bande warf. Cord hatte mit seinem Angriffsschwung, den er mit einem lauten Gebrüll begleitete, ganze Arbeit geleistet, denn alle drei ihre Widersacher wurden wie unnötiger Ballast von dem feindlichen Streitwagen geschleudert und von dessen hinteren Rädern donnernd überrollt.
Sigurd war das Erfolgerlebnis seiner Freunde nicht verborgen geblieben, doch hatte er keine Zeit, sich darüber groß in Freude zu wiegen. Sie steuerten in halsbrecherischem Tempo mitten in ein Mischwäldchen hinein, dessen Bäume in dem matten Licht der hoch am Horizont glimmenden Sterne wie schwarze Scherenschnitte aussahen – düster und ein wenig traurig, doch nichtminder bedrohlich. Erst recht nicht, wenn man mit einem klapprigen Fuhrwerk wie dem ihrem auf einer holprigen Buckelpiste wie dem hiesigen Boden auf sie zuraste.
„Pass auf, da ist ein großer Stamm! Das schaffen wir nie!“, kreischte Alva auf, und Sigurd hätte sie nun endgültig gerne gefesselt und geknebelt, wenn er denn Zeit dazu gehabt hätte.
Kaum fünf Schritt trennten die mit freigegebenen Zügeln vorneweg galoppierenden Pferde noch davor, sich den Schädel an der mächtigen Buche einzuschlagen, die sich plötzlich und so unüberwindlich wie ein grimmiger Passwächter vor ihnen erhob. Und dem Karren, den sie hinter sich her zogen, und dessen Insassen würde kaum ein besseres Schicksal beschieden sein. Noch vier Schritt, dann drei – gleich würde es fürchterlich Krachen ...
Ich kann nicht ausweichen
!, dachte Sigurd mit bebendem Pulsschlag.
Wir sind zu schnell! Das ist das Ende ...
Ein massives Geflecht von Wurzeln und in den Boden eingegrabenen Steinen ließ die rechten Räder des Wagens für einige, äußerst lang anmutende Momente die Haftung verlieren und sich in die Luft erheben, als der Sohn Arnhelms und Merians die Zügel zur Seite riss und Pferde und Fuhrwerk nach links schwenkten. Die neun Gefährten schrieen nun allesamt auf, wobei diejenigen, die sich auf der Ladefläche befanden, längst zu Fall gekommen waren und teilweise ineinander verkeilt dalagen, und alle waren sich ganz sicher, dass sie gleich umkippen würden. Wie schlimm würde der dann unvermeidliche Aufprall sein?
Dann setzte das Fahrgestell wieder auf, und der Ruck schleuderte alle nach rechts und ließ sie hart gegen das Begrenzungsbrett der Ladefläche schlagen. Alva hingegen wäre ohne Frage vom Bock des Wagens geschlittert und von den Rädern wie eine Fliege zermatscht worden, hätte nicht Sigurd den Braten gerochen und eilends die Hand ausgestreckt, um sie festzuhalten. Mit äußerster Kraftanstrengung zog er die Prinzessin am Arm auf die Sitzfläche zurück. Dabei hatte er beim Aufsetzens des Gefährts selbst ein ungutes Knacken der Halswirbel gespürt, was dazu führte, dass sich ein stechender Schmerz wie ein Dolch, den man in ihn hineingestochen hatte, in ihm ausbreitete.
„Nimm sofort deinen Fuß aus meiner Nase, Fredi!“, meckerte Neimo im hinteren Bereich des Karrens, worauf Fredi mit „’tschuldigung!“ antwortete, doch ging dies – ebenso wie das Stöhnen der anderen – in einem gewaltigen Krachen und Splittern unter. Dem
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