Der Krieg der Zauberer, Band 3: Die Rückkehr nach Arthilien (German Edition)
anschließend eine Mütze Schlaf zu genehmigen, wofür sie allesamt dankbar waren. Außerdem drängte es besonders Neimo und Alva danach, das Krankenlager von Lotan dem Heiler zu besuchen, dessen Zustand sich allerdings noch immer nicht gebessert hatte.
Als der Lemurier, der Nolori und der Takskall in Stildors Begleitung die Kammer von Otem betraten, erwartete sie dort bereits ein halbes Dutzend Männer. Einer davon war der Stammesälteste selbst, der so unbewegt (und außerdem unbequem erscheinend) wie eine gemeißelte Statue im Schneidersitz auf dem größten und schönsten Kissen saß, das auf dem Boden ausgebreitet war, und wie gehabt eine beinahe beklemmende Mischung aus Gelassenheit, Weisheit und eindringlicher Ernsthaftigkeit verströmte. Dieses Mal verzichtete er allerdings darauf, an seiner Wasserpfeife zu schmauchen, denn das bauchige, mit einem Mundschlauch versehene Gefäß stand in einer Raumecke unbenutzt vor einem gemusterten Wandbehang.
„Das letzte Mal habe ich Euch mit andáhab empfangen, mit unserem Wort für Vertrauen und Freundschaft, und ungeachtet der Bedrohung, der wir uns nun gegenüber sehen, habt Ihr Euch unseres Vertrauens als würdig erwiesen“, begann der Mueddin, nachdem sich alle Neuankömmlinge ein Plätzchen auf den lauschigen Kissen gesucht hatten. Dabei blieb seine Stimme ebenso freundlich wie fest, und sein von tiefen Falten zerfurchtes Gesicht verriet keinerlei Regung. „Ich hegte keine Zweifel darüber, dass Ihr Euch der Prüfungen, die zwischen Euch und dem Ihla-Al-Amúr lagen, als würdig erweisen würdet. Der Eine selbst hat Euch somit seinen Segen gegeben und damit die Bürde, die mit dem Hüten des Engelssteines verbunden ist, von uns genommen.
Leider haben sich die Dinge in der Zwischenzeit nicht zum Besten gewendet, sodass uns keine Zeit bleibt, Euren Erfolg in angemessener Weise zu würdigen. Seitdem das Wissen der Talúregs von einem Mueddin zum anderen weitergegeben wird, ist niemals die Rede davon gewesen, dass es ein Feind gewagt hat, unseren Stamm in unserer jahrtausendealten Heimat mit Krieg zu bedrohen. Doch niemand ist für alle Ewigkeit vor Ungemach gefeit, und so widerfährt es uns nun, dass Orks sich den Grenzen unseres Landes nähern und Waffen und Kriegsgerät mit sich führen. Aber über solche Umstände zu entscheiden und Wege aus der Bedrängnis zu ersinnen, ist in erster Linie die Sache des Muarebs, während der Mueddin ihm nur mit gutem Rat zur Seite stehen kann.“
Der Blick des steinalten Talúregs wechselte von den Gefährten zu Stildor hin, sodass dieser wusste, dass er nun mit seinen Schilderungen an der Reihe war. „Wie ich Euch allen bereits berichtet habe, brachte ein Späher während des Tages die Kunde, dass sich eine riesige orkische Horde, deren Zahl so groß ist, dass wir sie nicht einmal schätzen können, von Nordwesten her auf geradem Weg unseren Höhlen nähert. Angeführt wird sie offenbar von dem Clan der Vanarrwargs, dessen Häuptling Strom Gorkrai ein so berüchtigter Krieger und Eroberer ist, dass sein Ruf auch unseren Ohren nicht entgangen ist. Außerdem, so wird berichtet, soll er sich in Begleitung zweier unheimlicher, Angst einflößender Wesen befinden, die ihr Gesicht hinter schwarzen Kapuzen verbergen.“
„Die Ghuras!“, brachte Sigurd hervor. „Lotan hatte recht damit, dass sie sich nicht so einfach abschütteln lassen! Tatsächlich wissen wir von diesen Kerlen nicht viel mehr als Ihr, und das meiste davon hat uns unser derzeit verhinderter Anführer Lotan der Heiler erzählt. Demnach sind sie verfluchte Tote oder so etwas, die anscheinend einem üblen Zauberer gehorchen, der derzeit in Arthilien sein Unwesen treibt, und denen man besser nicht alleine über den Weg laufen sollte. Soweit wir wissen, verfolgen sie uns schon seit geraumer Zeit, und das höchstwahrscheinlich wegen dieser Zaubersteine, die sie uns unbedingt entreißen wollen.“
„Und wenn sie es waren, die die Orks auf unsere Spur geführt haben“, schlussfolgerte Faramon, „dann ist es unser Fehl, dass Euer Volk nun unverschuldet ebenfalls in diesen Konflikt gerät.“
„Unserem Verständnis nach ist es sinnlos, sich allzu viel über Recht und Unrecht, Schuld und Verschulden, Glück oder Unglück zu grämen. Der Eine setzte einst das Rad der Zeit in Gang, und das Schicksal nimmt seinen Lauf, behandelt jeden gleich und nimmt keine Rücksicht auf die Sorgen und Nöte von Menschen, Elben oder uns Talúregs. Wir müssen uns dem beugen und die
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