Der Krieg der Zauberer, Band 3: Die Rückkehr nach Arthilien (German Edition)
nicht auf ihrem Posten waren ...“
„Was soll das heißen?“, brauste Fredi auf. Er lief ganz rot an, ballte die kleinen Fäuste und sah aus, als würde er dem schlaksigen Menschen jeden Augenblick an die Kehle gehen. „Wenn du das warst, den ich im Dunkeln gesehen habe, dann hast du mich wegen deiner dämlichen Blase weggelockt! Und weiß ich, ob das nicht vielleicht sogar Absicht war? Auf jeden Fall lass ich mir von einem eitlen Gockel wie dir keine Vorwürfe machen!“
„Ist ja schon gut! Also wirklich, ich muss schon sagen ...“, stotterte der Graf und hob beschwichtigend die Hände.
„Was mich beschäftigt, ist Folgendes“, beschied Piruk und hob seine Stimme, um sich einer ungeteilten Aufmerksamkeit zu versichern. „Ganz gleich, wer der Mörder war und was dieGründe für seine Tat waren – ist es nicht äußerst ungewöhnlich, dass ihn weder Neimo noch Fredi oder Pandialo gesehen haben? Wenigstens einem der drei hätte er über die Füße laufen müssen! Entweder also hatte der Angreifer Flügel oder ... also ich habe da einen Verdacht, der allerdings so schrecklich ist, dass ich ihn kaum aussprechen will, ehe wir nicht weitere Beweise finden.“
„Jetzt lass dich nicht lange bitten, Piruk, wir sind alle ohnehin schon erschrocken genug!“, drängte Alva.
„Also gut“, meinte der Ork und atmete zuerst einmal tief durch. Dass diesem unerschrockenen Kämpen angesichts der Gedanken, die ihm durch den grünen Schädel schossen, der Schweiß über die Stirn rann, konnte ohne Zweifel nichts Gutes bedeuten. „Bei meinem Volk erzählt man sich die Geschichte einer höchst seltenen Kreatur mit gelben Augen, die genau in diesem besonders wüsten Teil Dantar-Mars ihr Unwesen treiben soll und die man seit Gedenken Cho-Ronzon nennt. Der Name stammt, glaube ich, aus der Sprache der Istari und heißt so viel wie Gestaltenwandler , was die Sache sozusagen auf den Kopf trifft.“
„Gestaltenwandler? Also so etwas ähnliches wie ein Chamäleon?“, fragte Fredi, der völlig verwirrt war. Was allerdings nicht nur auf ihn zutraf.
„Das Tier, das du meinst“, fuhr der Takskall fort, „kann nur seine Farbe ändern, die Kreatur, von der ich Rede, kann jedoch die komplette Gestalt eines jeden Wesens annehmen, das heißt sie kann ihr Aussehen beliebig verändern. Hinzu kommt, dass die Cho-Ronzon sehr klug und gelehrig sind und es perfekt verstehen, die Person, die sie sich für ihre Maskerade ausgesucht haben, nachzuahmen. Abgesehen von meinem Volk – aus irgendeinem Grund haben sie es nie geschafft, sich einem waschechten Ork anzugleichen. Allein schon unsere grüne Hautfarbe bekommen sie nicht richtig hin.
Davon abgesehen trägt das Attentat auf Naíb unübersehbar die Spuren eines dieser Wesen: die Cho-Ronzon leben in dieser Gegend, sie sind perfekte Jäger, die alle Eindringlinge in ihr Territorium verabscheuen und zu ihrer Beute erklären, was ihnen angeblich einen gehörigen Spaß und Reiz vermittelt. Und sie verfügen in ihrer wahren Gestalt über gefährliche Krallenhände, mit denen sie im Fleisch ihrer Opfer exakt solche Wunden reißen, wie wir sie in der Leiche unseres Gefährten sehen können.“
„Damit versuchst du zu sagen“, schlussfolgerte Faramon mit bedächtiger Stimme, „dass einer von uns nicht mehr derjenige ist, der er vorgibt zu sein, sondern in Wahrheit schon längst einem Gestaltenwandler zum Opfer gefallen ist. Und dieses blutrünstige Wesen gedenkt von nun an, einen nach dem anderen von uns zu meucheln und zwischenzeitlich in aller Seelenruhe dabei zuzusehen, wie wir uns gegenseitig verdächtigen.“
„Leider erscheint mir das die wahrscheinlichste Lösung dieses Rätsels zu sein“, nickte Piruk. „Neimo, Fredi und Pandialo haben niemanden flüchten gesehen, weil der Mörder gar nicht geflüchtet ist, sondern sich in diesem Moment noch unter uns befindet, getarnt als einer, den wir sehr gut zu kennen glauben.“
Man hätte ein Staubkorn fallen hören können, so leise wurde es mit einem Schlag. Unwillkürlich huschten die abschätzigen Blicke von Sigurd, Alva, Pandialo, Faramon, Piruk, Neimo, Fredi und Hermeline von einem ihrer Begleiter und vermeintlichen Freunde zum nächsten, und je länger dies geschah, desto mehr wurden sie gewahr, dass der Ork mit seiner bitteren Vermutung Recht hatte.
Fünfzehntes Kapitel: Die Goblas
Es dauerte noch eine ganze Weile, bis die Sonne ihr Licht über die Ebene goss. Als es dann so weit war, dass sie über den noch fernen Andoluín
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