Der Krieg der Zauberer, Band 3: Die Rückkehr nach Arthilien (German Edition)
auf der anderen Seite des Dickichts, an der Südostseite der Senke, in der ihre Gefährten schliefen. Zu dumm. Aber schließlich konnte man in diesem gefährlichen Orkland gar nicht aufmerksam genug sein. Und wie wahr dieser Satz war, das sollte der Mucklin in Kürze bitter erfahren.
Plötzlich erhob sich ein gellender Schrei und zerriss die völlige Stille, die bis dahin geherrscht hatte, so jäh und laut und unerwartet, dass es ebenso schmerzte wie ein harter Faustschlag auf die Nasenspitze.
Neimo schnellte mit einem mächtigen Ruck mehr als einen Schritt in die Höhe, während sich seine Nackenhaare vor Schreck aufstellten und er sich für einen Moment erst einmal sammeln musste. Dann zückte er sein kleines Schwert und rannte los in Richtung der Schlafstätte der Gemeinschaft. Auf dem Weg dahin rief er lauthals nach Fredi und blickte nach rechts, in die Richtung, aus der er ihn erwartete. Weder jedoch erhielt er von seinem besten Freund eine Antwort, noch konnte er diesen erblicken, was zugegeben merkwürdig war.
Er gelangte zu der Schräge, die zu ihrem Nachtlager hinabführte, und spurtete hangabwärts. Auf halber Höhe hielt er dann abrupt an, als ihn die harten, im Fackellicht unheimlich glänzenden Gesichter seiner Gefährten anstarrten. Ebenso wie er hatten sie zu ihren Waffen gegriffen und hielten sie kampfbereit in Händen.
„Was ist –“, begann der braunhaarige Mucklin, ehe er stockte. Nun nämlich sah er, was geschehen war, und die Erkenntnis durchfuhr ihn wie eine eisige Klinge. Naíb, der junge Talúreg, der ihr Führer in diesem unbekannten Land gewesen war, lag reglos am Boden, die Gliedmaßen verdreht und von einem Todeskrampf festgehalten. Das Weiß war aus seinen schreckensweiten Augenhöhlen herausgetreten, und seine Brust war von mindestens einem Dutzend blutiger Striemen und Furchen gezeichnet, die bis tief in sein Fleisch reichten und ihm das Leben aus dem Leib gerissen hatten. Wer oder was kann so etwas tun? , fragte er sich bange.
Dann dachte er wieder klar, und sofort schweiften seine Gedanken zu Fredi hin. „Wo ist Fredi? Habt Ihr ihn gesehen?“, fragte er mit schnellen Worten, während er bemerkte, dass ihn eine immer größer werdende Angst überschwemmte.
„Nein“, antwortete Hermeline, die von dem schrecklichen Vorkommnis sichtlich gezeichnet war. „Sollte er nicht eigentlich bei dir sein?“
„Außerdem ist auch Pandialo verschwunden“, sagte Sigurd mit bitterer Stimme. „Ansonsten haben wir leider nichts erkennen können, denn als wir wegen des Schreis erwacht sind, war alles um uns herum dunkel und wir mussten erst unsere Fackeln anzünden.“
„Heh, was ist da unten los? Bei Aldu ...“ In diesem Augenblick erschien Fredi am Rand der Senke und blickte fassungslos nach unten.
„Wo warst du, als ich dich gerufen habe, verdammt noch eins?“, rief ihm Neimo entgegen. „Außerdem müsstest du den Mörder doch eigentlich gesehen haben, denn aus meiner Richtung ist er jedenfalls nicht gekommen!“
„Ich habe ja auch etwas gesehen! Ich war vorhin etwas auf und ab spazieren, und da dachte ich plötzlich, ich hätte einen Schatten gesehen, eine Gestalt, die von unserem Lager kam und sich um die Ecke schlich. Ich zog mein Schwert und wollte ihr gerade hinterher, da hab’ ich auch schon dein Schreien gehört und bin dann flugs hierher marschiert!“
Alle sahen den Mucklin an, und keiner schien zu wissen, ob sie ihm wirklich Glauben schenken sollten. Das, was gerade geschehen war, war so abscheulich, dass man ein bisschen Misstrauen wahrlich keinem verdenken konnte.
„Und wo bitte schön ist Pandialo? Irgendetwas stimmt an der Sache doch nicht ...“, meinte Alva gerade, als sie mit einem Mal jemanden ein Liedchen trällern hörten. Irgendeine ziemlich dämliche Weise mit einem Text wie: „Es gehört der frühe Mo-horgen dem ausgeschlafnen Adeligen – Von der So-honne wachgeküsst, ist er flinken Fußes unterwegs ...“ So einen Mist konnte natürlich nur einer verzapfen.
„Oh, die Herrschaften sind auch schon aufgewacht! Ich fühlte vorhin so einen leichten Druck auf meiner Blase, und da hab’ ich mich aufgemacht und –“
„Pandialo!“, unterbrach ihn die Prinzessin harsch. „Hier ist ein Verbrechen geschehen! Jemand hat den armen Naíb umgebracht, und keiner hat irgendetwas oder irgendjemanden gesehen! Fällt Euch dazu vielleicht etwas ein?“
„Mir? Aber nein, weshalb denn ausgerechnet mir? Ich habe mich nur gewundert, warum die Herren Mucklins
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