Der Krieg der Zwerge
Reste der Kadaver, die nicht auf den großen Scheiterhaufen verbrannt worden waren, hatten wilden Tieren als Nahrung gedient. Zurück blieben die Gebeine, die irgendwann unter der Sonne, dem Regen und dem Schnee zu Staub zerfallen würden. Bis dahin umgaben sie den Berg wie ein abschreckendes Mahnmal, eine Warnung an jeden Wanderer, sich nicht zu lange in diesem Gebiet aufzuhalten.
Balendilín ritt als König der Zweiten neben ihm, auch er schaute zu den Berghängen. Er hatte dem Großkönig seine Begleitung und seinen Ratschlag angeboten, und Gandogar nahm beides gern an. »Ein seltsames Gefühl. Es ist eine Stätte des Todes und des glorreichen Triumphes der drei Völker des Geborgenen Landes zugleich«, sagte er nachdenklich. »Ist es nicht großartig? Wir haben die Heerscharen von Bestien in ihre Schranken verwiesen. Wir Zwerge sind vorausgegangen und haben die anderen Völker angespornt.«
»Ja. Es könnte ewig so bleiben«, wünschte sich Gandogar. »Ich hoffe sehr, dass diese Einigkeit, die vor nicht allzu langer Zeit beschworen wurde, anhält und nicht durch die Ränke der Dritten zerstört wird.« Der einarmige Zwerg seufzte, seine Augen richteten sich auf das flatternde Banner. »Ich nehme an, der Berg hat sich gewundert, dass die alten Herren wieder in seinem Inneren Einzug hielten.«
»König Bruron konnte nicht anders, wurde mir von seinem Boten versichert«, sagte Gandogar. »Ihn traf das Vermächtnis seiner Vorgänger.«
»Du klingst zu nachsichtig«, meinte Balendilín unzufrieden. »Was hätte der König verloren, wenn er Lorimburs Nachfahren das Recht verwehrt hätte? Er steht nicht in ihrer Schuld oder benötigt ihre Dienste wie Prinz Mallen. Ich würde meinen rechten Arm verwetten, wenn ich ihn denn noch hätte, dass sie ihn bestochen haben, damit er ihnen das Schwarzjoch überlässt.«
Gandogar lenkte sein Pony um einen Ogerschädel herum, der ihnen den Weg versperrte; noch immer steckten Pfeile und abgebrochene Lanzenspitzen in dem fleischlosen Kopf. Einige Vögel hatten sich auf der höchsten Stelle niedergelassen und hielten nach Pferdeäpfeln Ausschau.
»Du würdest vermutlich gewinnen«, schätzte der Großkönig der Zwergenstämme. »Umso wichtiger erachte ich es, dass wir uns mit ihrem König treffen, damit wir eine Aussprache erreichen. Je eher wir die Fehde zu einem halbwegs vernünftigen Ende bringen, desto schneller kann Friede im Geborgenen Land einkehren.« Er schaute den König der Zweiten an. »Ist es nicht deine Aufgabe, mir zur Besonnenheit zu raten? Du klingst allerdings so, als wolltest du Lorimbas Stahlherz umbringen.«
»Um offen zu sprechen, Großkönig, ich habe es in der Tat in Erwägung gezogen, sah mich aber schon über der Esse der Ewigen Schmiede für meine Gedanken schmoren und betete so lange, bis ich mir sicher war, die Schuld von mir genommen zu haben«, erwiderte er lachend. »Nein, ich will ihn nicht töten«, sagte er ernsthafter. »Ich bin kein Dritter. Ich ärgere mich einfach darüber, dass Lorimbas die Einigkeit, die auf dem Schwarzjoch beschworen wurde, mit seinen Bestechungen und Intrigen gefährdet. Doch nur zum Spaß: Nenne mir ein Mittel gegen ihn, und damit meine ich nicht Mord«, forderte Balendilín von dem Zwerg. »Du siehst, dass es nichts nützt, ihn mit Verachtung zu strafen oder ihn zu meiden.«
»Deswegen sind wir hier, auch wenn du anderer Meinung bist«, hielt Gandogar dagegen. »Ich bin mir sicher, mich mit Lorimbas Stahlherz einigen zu können.« Er deutete nach vorn, wo hinter den zahlreichen Baumstümpfen ein Tor am Fuß des Berges sichtbar wurde.
Einst erhoben sich hier Tannen von fünfzig Schritt Höhe und mehr, doch sie waren unter den Äxten der Orks und anderen Bestien gefallen, die Belagerungstürme und Rampen daraus errichtet hatten. Danach hatten sie den Siegern als Brennholz für die gewaltigsten Scheiterhaufen gedient, die jemals im Geborgenen Land gebrannt hatten.
Gandogar schenkte seinem Berater einen beruhigenden Blick. »Ich will und werde keine Freundschaft mit ihm schließen, doch soll die Feindschaft wenigstens beendet werden und gegenseitiger Achtung weichen.«
Balendilín schnalzte mit der Zunge, um seine Vorbehalte ohne weitere Worte deutlich zu machen. »Vraccas möge uns beistehen und dem Dritten notfalls Verstand einhämmern.«
Sie hielten auf den Eingang im Schwarzjoch zu, in dessen Schatten zwanzig Zwerge als Wachposten abgestellt worden waren. Sie trugen lange Piken, deren spitze Enden sie den Reitern
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