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Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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schüttelte er langsam den Kopf, und seine Linke legte sich auf den Beilkopf. »Ich hoffe es sehr. Mein Glück habe ich mit eigener Hand erschlagen und finde es nur noch im Kampf«, raunte er abwesend, ins Feuer starrend. Der Schein beleuchtete seine zerfurchten Züge und machte seine Seelenqual deutlich. »Alles andere wird mir verwehrt bleiben.«
Nach längerem Schweigen stimmte er das Lied Bavragors an, in das die Zwerge nach und nach einfielen.
    Ein Sturm folgt dem nächsten,
einem Ork folgen zehn, so ist es immerdar,
die Gier treibt sie über die Grenzen,
und wir Zwerge erwarten sie gern, so ist es immerdar.
Die Axt tief in den grünen Wanst,
das Beil in Kopf und Bein, so ist es immerdar,
bis alle Orks erschlagen sind, so ist es immerdar.
    Vraccas zu Ehren und den Völkern zum Schutz,
kein Ruhen, kein Rasten, es ist unsere Pflicht,
so ist es immerdar,
und stirbt ein Zwerg im Kampf gegen sie,
vergießen wir Tränen und schließen die Lücke,
so ist es immerdar,
die Seele zieht in die Ewige Schmiede, so ist es immerdar,
sie wärmt sich an der Esse Glut, so ist es immerdar.
Wir wollen kein Lob, wir brauchen keinen Dank,
so ist es immerdar,
wir tun unsere Pflicht, wir tun sie gern,
so ist es immerdar,
die Äxte sind scharf, die Rüstungen schimmern,
so ist es immerdar,
keine Bestie wird die Mauern durchdringen,
so ist es immerdar.
    Die Menschen verstummten in ihren Erzählungen und lauschten den dunklen, sonoren Stimmen, die von Ehre, Kameradschaft und der Pflicht gegenüber dem Geborgenen Land sangen. Auch wenn sie die Zeilen nicht verstanden, sie erhaschten dennoch einen kleinen Einblick in die Seele der Zwerge, in das, was es bedeutete, ein Kind des Schmieds zu sein.
Weithin schallte der mehrstimmige Chor durch das Land Gauragar, über die Hügel und Ebenen, bis hinauf zu den Sternen.
Der Gesang verfehlte seine Wirkung nicht. Aufgewühlt begab sich Tungdil zu seinem Lager. Er musste wieder an den Entseelten Wald denken. Was hat das zu bedeuten? Es soll wohl nicht sein, dass wir alle Sorgen los sind, Vraccas. Bevor ihm die Lider zufielen, nahm er sich fest vor, das Geheimnis der verfluchten Orte zu lüften, von denen der Soldat gesprochen hatte, sobald ihm die Zeit dazu gegeben war.
* Am nächsten Morgen trennten sich Zwerge und Menschen.
Während die einen zurück in den Tunnel stiegen, um geschwind zu den Zweiten zu fahren, machten sich die anderen zu Fuß, auf Wagen und Pferderücken auf den Weg nach Idoslân.
Die Zwerge ließen das Schlachtfeld hinter sich, über dem die Raben kreisten und sich eine Wolke aus widerlichem Gestank gebildet hatte, und begannen mit dem Abstieg in ihr unterirdisches Reich.
Boïndil überwand mit jeder Sprosse, die er nahm, etwas von seiner Niedergeschlagenheit des Vorabends; er freute sich auf die Reise und vor allem auf das lang ersehnte Wiedersehen mit seinem Zwillingsbruder Boëndal, der im Reich der Ersten von seinen schweren Verwundungen genas.
»Wir waren noch niemals so lange voneinander getrennt«, verriet er Tungdil, als sie den Grund des Tunnels erreicht hatten und zu den Loren gingen, in denen sie auf den Schienen Weiterreisen würden.
»Und? Wie geht es dir damit?«
Ingrimmsch zupfte sich am geflochtenen Bart, um ein loses Blatt zu entfernen, das sich irgendwie eingeschlichen hatte. »Es ist schrecklich«, gestand er seufzend. »Du bist außer ihm der Einzige, der mich halbwegs zur Vernunft bringen kann, wenn mich die Wut packt, aber er kann es eben noch besser.« Er dachte nach. »Es ist, als fehlten mir ein Arm und ein Bein. Ich kann ohne ihn leben, doch es ist furchtbar. Ich fühle mich unvollständig, es ist niemand da, der meine Gedanken teilt, ohne dass ich viel reden muss. Selbst das Kämpfen macht ohne ihn nur halb so viel Spaß.«
Er zögerte, was Tungdil bemerkte. »Gibt es noch etwas? Du klangst gestern Abend so, als würde dich mehr bedrücken.«
»Ich … kann es nicht beschreiben.« Er rang nach Worten. »Eine Unruhe. Ich fühle Kälte, schon seit geraumer Zeit. Dabei wird es um uns herum Frühling. Ich habe Angst, dass ihm ein Leid zugestoßen sein könnte.«
Sie bogen um die Ecke des Gangs und blieben stehen. Tungdil wollte auf Boïndils Worte eingehen, aber beim Anblick des Durcheinanders vergingen ihm die Worte. Ein gewaltiger Felseinbruch hinderte sie am Weiterkommen, die Brocken stapelten sich bis zur Decke, und was noch viel schlimmer wog: hier hatten einmal ihre Wagen gestanden!
Missmutig brummelnd ging Ingrimmsch in die Knie und zerrte an

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