Der Krieg der Zwerge
an dessen Kopf ein unterarm langer Sporn angebracht war. Die Spitze ragte aus Myrs Brustkorb, sie hatte sich durch die Robe gebohrt und berührte beinahe Tungdils Kettenhemd. »Ich hätte dir nie mehr …«, seufzte sie, ihre Finger gruben sich in seine Schultern. »Denke nicht zu schlecht von mir.« Ihr zierlicher Leib erschlaffte. Myr starb in Tungdils Armen und trug trotz der Qual noch ein letztes Lächeln für ihn auf dem Gesicht. Salfalur zog das Eisen behutsam zurück. Die Spitze glitt mit einem leisen Schmatzen aus ihrem Rücken. »Hat es dir nicht gereicht?« Tungdil legte sie sanft auf den Stein und hob seine Axt. »Du hast mir nicht nur meine Eltern genommen, sondern nun auch noch mein Weib?« » Dein Weib?« Salfalur starrte auf Myr, er schien eingefroren zu sein. »Nein. Nicht dein Weib.« Seine Linke streckte sich, er berührte das Blut, das an dem Sporn hinablief, und zerrieb es zwischen den Fingern. » Meines. Wegen dir habe ich meine Gemahlin getötet«, entgegnete er kalt. »Dafür wirst du tausend Tode sterben, Tungdil Gold hand.«
»Deine …« Erschüttert machte er einen Schritt zurück, fing sich dann aber wieder. »Dann sollten wir das Ende nicht warten lassen«, schlug er düster vor und machte sich kampfbereit. Sie umkreisten sich, jeder wartete darauf, dass der andere begann. Salfalur eröffnete das Duell, hob seinen Hammer, als wäre er so leicht wie ein Besenstiel – und fing den Schlag noch in der Luft ab. Das Hornsignal seines Königs rief ihn zum überraschenden Rückzug, Königin Xamtys war mit einem Teil ihrer Soldaten dem eigentlichen Zug der Heim kehrer vorausgeeilt und zeigte sich auf den Zinnen. Tungdil sah, dass Salfalur mit sich rang, den begonnenen Kampf zu Ende zu bringen, doch als Kriegsmeister trug er die Verantwortung für die Truppen. Schließlich senkte der Zwerg die Waffe, in den braunen Augen stand das Ver sprechen, den Zweikampf zu beenden. Nicht hier und nicht an diesem Tag. Tungdil nickte.
* Und noch eine Zwergin sollte diesen Tag nicht überleben. Sanda Feuermut wartete in den Armen von Gemmil auf den Tod, der Blutverlust war zu groß. Boïndil stand daneben und wusste nicht, was er tun sollte.
»Es ist gut«, versicherte sie mit stockender Stimme. »Ich kenne deinen Fluch, Boïndil Zweiklinge, du konntest nicht anders.«
Er sank neben ihr auf die Knie. »Ich …«
»Nein, gräme dich nicht. Ich verzeihe dir.« Sie hob die Hand, ihre blutverschmierten Finger öffneten sich. Ingrimmsch stand die Reue im Gesicht. Er umfasste wortlos die Hand, und bald darauf wich das Leben aus Sanda. »Vraccas muss mich hassen, dass er mich das tun ließ, ohne mir mein Leben zu nehmen«, sagte er leise mit versteinerter Miene. Die Tränen in seinen Augen zeigten, was in ihm vorging. »Ich hätte sie ebenso gut nieder schlagen können, doch mein heißes Blut ließ mich eine weitere Zwergin im Kampfrausch töten. Zuerst Smeralda, nun Sanda.«
Gemmil stand auf und winkte ein paar Zwerge der Freien herbei, die ihre tote Königin behutsam aufhoben und in die Festung trugen. »Es ist, wie sie gesagt hat: Du kannst nichts dafür, Boïndil. Du bist Myrs Arglist aufgesessen, und gegen deine Natur, deinen Ingrimm kannst du nicht an kommen.« Er legte ihm die Hand auf die Schulter zum Zeichen, dass auch er ihm nichts nachtrug, und ging davon. Es ist kein guter Tag. Tungdil betrachtete den Leib der Chirurga und das blutgetränkte Kleid, dann nahm er sie auf die Arme, überquerte den mit Toten und Verletzten über säten Hof und folgte den Dritten, die sich zurückfallen ließen.
»Lorimbas!«, rief er laut. »Ich bringe dir deine tote Tochter, erstochen von der Hand Salfalurs.« Er legte sie zu seinen Füßen nieder. »Hier ist sie. Wenn du sie bestatten möchtest, hol sie dir.« Lorimbas erschien, umringt von zwanzig seiner Krieger. Ohne Salfalur. »Es liegt ein Fluch auf dir, Tungdil Gold hand.« Ohne ihn anzuschauen, ging er neben Myr in die Knie und streichelte ihr weißes Haar. »Du tötest alles, was mir lieb und teuer ist. Zuerst Romo, nun Myr.« Er hob sie zärtlich auf. »Es wird keinen Frieden geben zwischen uns, Tungdil. Dein Vater war ebenso wie du. Mit ihm begann alles, und mit deinem Tod wird es enden.«
»Lorimbas Stahlherz!« Xamtys näherte sich ihnen. »Hier bringe ich dir deine restlichen Leute.« Sie deutete auf eine Hand voll Zwerge. »Das sind alle, die von deinem zweiten Heer, das WestEisenwart angreifen sollte, übrig geblieben sind.«
»Dann sind die Ersten wohl doch
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