Der Krieg der Zwerge
und sie davon abzuhalten, seinen Hals aufzuschlitzen. Sie rammte ihm den Ellbogen gegen den Helm, dann setzte sie ihr gesamtes Gewicht ein, um die Waffe in seinen Leib zu versenken. Beide zitterten, holten die letzten Reserven aus sich heraus, und es schien, als besäße die Albin mehr davon. Die Schneide ritzte seinen Hals. Ondori schnaufte sieges gewiss. »Nichts wird dir helfen, dein unnützes Leben zu bewahren. Stirb endlich!« Der neue strahlende Stern über den Dächern der Stadt saugte sich voll und voller, gierig verschlang er die rohe Magie, bis der Strahl zu flackern begann und erlosch. Dann explodierte das Gestirn in einem einzigen, hellen Ton, klarer als das Klirren eines Hammers auf einem Amboss, lauter als grollender Donner und durchdringender als der Schrei eines kleinen Kindes. Es überschüttete Porista mit seinem Schimmer und badete die Menschen, Zwerge und Albae in seinem Licht. Ondoris schwarze Augen wandelten sich, sie wurden zu reiner Helligkeit, während sich ihre Züge vor Grauen verzerrten. »Tion, ich flehe …« Ein silbrig weißes Schimmern drang aus jeder einzelnen Pore.
Tungdil konnte den Blick nicht von dem Schauspiel wenden, das darin gipfelte, dass sich schwarzer Dunst aus der Albin löste und nach oben schwebte. Von ihr ging plötzlich eine immense Hitze aus, sie öffnete den Mund zu einem tierhaften Schrei und zerfiel mit allem, was sie an sich trug und in den Händen hielt, zu Asche, die vom Winterwind davongewirbelt wurde. Nun gewahrte Tungdil Narmora. Sie stand schwankend und kreischte gellend, während das Leuchten aus ihrem Brustkorb austrat. Bleiche Flammen schlugen daraus her vor, als bestünde sie in ihrem Innern aus Stroh. Sie verstummte und stürzte auf den Boden der Balustrade, während sie weiterbrannte.
Der Zwerg wandte erschüttert die Augen ab, ihr war mit irdischen Kräften nicht mehr zu helfen. Von den Unaus löschlichen und ihren Rüstungen entdeckte er nichts mehr. Hat der Eoîl die Wahrheit gesagt? Er zog sich an der Brüstung auf die Beine und lehnte sich auf die Begrenzung, um zu sehen, was in Porista geschah. Aus den Energien des Sterns hatte sich unmittelbar nach der Detonation eine strahlenden Halbkugel geformt, die sich wie eine Glocke um die Palastanlage stülpte, sich gleichmäßig nach allen Seiten ausdehnte und dabei immer mehr Geschwindigkeit aufnahm. Sie durchdrang alles, wanderte durch Häuser und Tempel; Stein war ihr dabei ebenso wenig ein Hindernis wie Holz oder die Körper der Kreaturen.
Die Kämpfe in den Gassen und an den Toren hatten aufgehört. Alle Augen richteten sich auf die heran schießende Wand aus Licht. Die ersten Albae wurden von ihr erfasst, durchdrungen und aufgelöst wie Ondori. Immer mehr von dem schwarzen Hauch stieg auf und sammelte sich um den Fahnenmast, wo der Eoîl den Stein in der kristallenen Fassung in die Höhe gezogen hatte. Die Schwaden kreisten anmutig um sich selbst, bildeten Schlieren und formten Nebelgespinste. Die Albae, die sich noch vor den Toren der Stadt befanden, machten auf der Stelle kehrt und rannten in Todesangst davon; andere gaben ihren Nachtmahren die Sporen, um dem gnadenlosen Licht zu entkommen. Doch nichts diente ihnen mehr als Schutz. Tungdil sah, dass jeder Einzelne in der Reinheit verging und sich das Böse aus ihm löste, während die leuchtende Glocke sich weiter ausdehnte, bis ihre äußeren Ränder zu einem schwachen Schimmern am Horizont geworden waren. Von allen Seiten waberte schwarzer Dunst auf Porista zu, um sich über seinem Kopf zu sammeln. Dann spürte er die Schläge, die durch den Turm liefen. Die Erde schüttelte sich erneut.
Der Zwerg richtete seine Aufmerksamkeit auf die Balustrade. Er sah Narmora zur Hälfte verkohlt auf dem Stein liegen, vor ihrem ausgebranntem Brustkorb lag ein grüner Edelstein. Also doch! »Magie sollte verboten werden.« Rodario kam nach seinem Zusammenprall mit der Mauer und dem harten Boden wieder zu sich. Als er sich aufrichtete, entdeckte er Narmoras Leichnam und erschrak. »Bei Palandiell! Er … hat sie getötet!«
»Nein, das Böse in ihr hat sie getötet.« Der Eoîl stand neben der Turmwand, seine Linke ließ den Drahtstummel los, der aus dem Mauerwerk ragte. Das Leuchten um das Wesen herum hatte aufgehört. Nun offenbarte sich ihnen eine hoch gewachsene Frau mit langen, blonden Haaren, deren Gesicht zu schmal und zu hübsch für einen Menschen war. Sie hatte den schlanken Leib in eine weiße, makellose Robe gehüllt, ihre Linke hielt ein Schwert,
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