Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
Muster war nichts herausgebrochen, Spuren von abgeglittenen Hämmern oder abgerutschten Meißeln fand er nicht. Auch wenn er es niemals laut sagen würde, er wünschte sich, die Stadt, oder was immer an diesem Ort gestanden hatte, früher gesehen zu haben.
Tungdil war mit den anderen am Ufer angelangt; er drehte sich zu dem Zweiten um, sah ihn aber nirgends. »Bigor?«
»Er wird noch eine Säule gefunden haben, die er sich ansieht«, schätzte Ingrimmsch.
»Oder er ist in die Hocke gegangen«, gluckste ein anderer. »Man würde ihn in dem Nebel nicht mehr sehen.«
Tungdil stellte sich an das Ufer des Weihers, in den die kläglichen Überbleibsel eines Stegs ragten. Zu seiner Linken befanden sich die Reste eines SitaliaHeiligtums, wie er an den Zeichen erkannte; steinerne Treppen reichten bis an die Wasserkante.
    Sehen wir mal, was geschieht. Er bückte sich, zog einen Handschuh aus und hielt den Finger nach kurzem Zögern in das flüssige Schwarz. Eisig kalt umspielte es ihn, doch mehr geschah nicht. »Er macht einen ungefährlichen Eindruck«, sagte er über seine Schulter hinweg. »Über den Steg gelangen wir fast bis zur Mitte. Mit etwas Anlauf …«
»Ho, Gelehrter«, unterbrach ihn Boïndil. »Ich habe dir bislang immer vertraut, denn du hast mehr als einmal bewiesen, dass du gute Einfälle in deinem Kopf herumträgst …«
Tungdil blieb eine Möglichkeit, den Zwilling dazu zu bewegen, ihm in die Fluten zu folgen, auch wenn es nicht unbedingt hochanständig war. »Höre ich da Angst, Ingrimmsch?« Er fuhr mit der Hand in das Wasser und bespritzte ihn kräftig. »Und, was sagst du nun? Trachtet es nach deinem Leben und versucht, dich zu würgen? Denkst du, dass du es fürchten musst?«
Sein Plan ging auf. Ingrimmsch richtete sich auf, seine angekratzte Ehre besiegte die Vorbehalte. »Ich werde mich kopfüber in den Tümpel werfen, damit ihr alle seht, dass ich weder Schweineschnauzen noch den Fluch einer Göttin fürchte.« Schon machte er Anstalten, auf den Steg zu treten, als ihn Tungdil zurückhielt.
»Warte. Erst müssen wir Bigor finden.« Laut rief er den Namen des verschwundenen Steinmetzen, ohne eine Antwort zu erhalten. »Wir schwärmen aus und suchen ihn«, befahl er.
Boïndil zog seine Beile. »Ich wusste es. Der Wald hat ihn sich genommen. Elbenbäume hassen Zwerge.«
»Du hast ihnen gedroht, was erwartest du von ihnen?«, erinnerte ihn einer der Zwerge an sein Verhalten auf dem Waldweg.
»Dass sie sich benehmen.« Boïndil stapfte durch das hohe Gras und hieb nach den Halmen, um seinen Unmut daran auszulassen.
In einer lang gezogenen Linie liefen sie nebeneinander her, riefen nach Bigor und hielten Ausschau nach dem Verschollenen.
Neben einer Säule, wo das Gras die Höhe eines ausgewachsenen Menschen erreichte, fanden sie ihn. Oder besser gesagt seine sterblichen Überreste.
Rasch bildeten sie einen Kreis zur besseren Verteidigung, während Tungdil ihn sich näher besah.
Das Kettenhemd war Bigor halb über den Kopf gezogen worden, scharfe Zähne hatten das darunter liegende Lederwams zerfet zt und sich durch das Fleisch gewühlt; große Stücke des Zwerges fehlten samt der Rippen. »Ohne Zweifel ist er einem Raubtier zum Opfer gefallen.« Um den Toten herum war das Gras niedergetrampelt und blutbesudelt.
Ingrimmsch schaute wütend auf die wogende Wand aus Halmen, die einen Schutz vor ihren Blicken bildete. »Eine verdammte Falle«, knurrte er. »Dieser Bramdal war ein Dritter und hat uns absichtlich hierher geschickt, damit wir einen netten Happen für dieses Vieh abgeben.« Er stemmte sich gegen den Boden. »Aber nicht mit mir. Es wird in keinen von uns mehr seine gierigen Zähne schlagen.«
Tungdil entdeckte eine breite Lücke im Gras. Ihn beunruhigte, dass dieses Tier trotz seiner Größe in der Lage war, sich so lautlos zu bewegen, dass sie nicht gehörten hatten, wie es über Bigor hergefallen war. Anhand des Zustands der Leiche schätzte er, dass sie es bei seinem Mahl gestört hatten. Es lauerte gewiss irgendwo in dem Gras und wartete. Worauf? Dass wir gehen oder auf eine Gelegenheit, den Nächsten zu reißen?
Der Wind frischte auf. Raschelnd rieben die Gräser aneinander und übertönten das leise Sirren, mit dem sich ein Pfeil üblicherweise ankündigte.
So brachte das Geschoss dem Zwerg zu Ingrimmschs Rechten so schnell und unverhofft den Tod, dass sein Verstand es zunächst gar nicht gewahrte. Durch die Kraft des Einschlags machte er einen halben Schritt nach hinten, fasste ungläubig

Weitere Kostenlose Bücher