Der Krieg der Zwerge
Strömung hat uns ans flache Ufer getragen.« Seine Miene verfinsterte sich. »Bist du außer mir der Einzige, der überlebt hat?« Tungdil nickte schwach. »Verfluchte Albae!«, machte Ingrimmsch seinem Hass Luft und schlug gegen den Stein. »Vraccas soll sie mir noch einmal vor die Klingen schicken, damit ich die feigen Mörder strafe.« Er hob den Kopf. »Hinter dir stehen diejenigen, die wir gesucht haben. Sie haben schon nach Hilfe geschickt.« Er besah sich Tungdils Wunden. »Das war knapp. Hoffen wir, dass sie kein Gift verwendet haben.«
»Ja, hoffen wir es«, erwiderte Tungdil und bemühte sich, zuversichtlich zu klingen. Die Höhle drehte sich um ihn, er schob es auf den Blutverlust und die Strapazen, die sein Körper durchgemacht hatte. Kein Gift, bitte kein Gift. Seine Hand hob sich und betastete die Brust, er senkte den Kopf, um nach dem Waffengurt zu sehen.
»Er wird unterwegs abgerissen sein. Der Ablauf ist sehr eng, ich wäre um ein Haar stecken geblieben.« Boïndil stand auf und trat ans Ufer. »Wir werden nach der Feuerklinge tauchen müssen, wenn wir sie wieder haben möchten.«
»Sie ist weg«, stieß Tungdil mühsam hervor und sank auf den Rücken. Ein jäher Schwindel zwang ihn dazu.
»Was soll das bedeuten, weg?!« Ingrimmsch hatte eine Vermutung, wollte sie aber nicht wahr haben. »Die Albae? Sag nicht, dass die Spitzohren Dsôn Balsurs unsere Feuerklinge haben?« Er trat neben den Freund und kniete sich hin, das Entsetzen stand ihm ins Gesicht gemeißelt. »Sag, dass du sie in dem Weiher verloren hast. Alles ist besser, als dass sie in die Hand unserer Feinde geriet.« Tungdil erklärte ihm, was geschehen war. »Das ist gar nicht gut«, murmelte Boïndil besorgt. »Dennoch könnte sie aus der Halterung gerutscht und in den Tümpel gefallen sein.«
»Wie sollen wir sie …«
»Die Träger sind mit der Liege angekommen«, sagte eine dunkle Stimme außerhalb von Tungdils Gesichtsfeld. »Wir bringen ihn zum nächsten Quartier, danach wird Gemmil entscheiden, was mit euch beiden geschieht.«
Mehrere sehr blasse Zwerge traten an ihn heran, hoben Tungdil vorsichtig auf und legten ihn auf eine Bahre.
Tungdil betrachtete die Gesichter genauer und entdeckte keinerlei Unterschiede zu den Zwergen, die er bislang kennen gelernt hatte. Sie fielen einzig durch ihre sehr helle Haut und die Augen auf, in denen er das bekannte warme Braun vermisste. Bei einem von ihnen fehlte sogar jegliche Farbe; weiß wie eine Leinwand und mit roten Augen kam er daher und lächelte Tungdil freundlich an.
Ingrimmsch legte seine Rechte unbewusst an den Stiel des Beils, er traute vor allem dem so ungewöhnlich aussehenden Zwerg nicht. »Ich werde denen das Hirn aus dem Schädel hauen, wenn sie eine Bosheit mit uns vorhaben«, raunte er seinem Freund zu und deutete versteckt auf den auffälligen Träger. »Er sieht aus wie ein Gespenst, wenn du mich fragst. Du bist doch ein Gelehrter. Wie erklärst du dir, dass unser Volk so etwas hervorbringen kann?«
Tungdil musste nicht lange überlegen. Er erinnerte sich an die Bücher über Tier und Pflanzenarten im Geborgenen Land, die er durchgeblättert hatte. »Ich habe von Fischen und Fröschen gelesen, die in Berghöhlen ohne Licht lebten«, erzählte er jetzt. »Sie sollen angeblich keine Augen gehabt haben und weiß von Kopf bis Fuß gewesen sein.«
»Mh …« Boïndil wrang das letzte Wasser aus seinem schwarzen Bart, danach kümmerte er sich um seinen Zopf; die Rinnsale hinterließen eine dunkle Spur auf dem Höhlenboden. »Aber die Clans meines Stammes leben doch auch in den Bergen …«
»Aber sie gehen gelegentlich nach draußen, sei es, um Vieh zu hüten, Handel zu trieben oder andere Dinge zu tun, die sie an die Sonne führen«, versuchte Tungdil sich an einer Erklärung. Er war kein Gelehrter im wahrsten Sinne des Wortes, vermutete aber, dass es etwas mit der Dauer des Aufenthalts abseits vom Licht zu tun hatte.
Währenddessen hatten sie die Grotte und den tosenden Wasserfall hinter sich gelassen und marschierten durch Gänge, die aussahen, als hätte das Wasser sie vor vielen Sonnenzyklen in den Fels gegraben. Schließlich passierten sie ein kleines, stählernes Tor und gelangten zu einem Quartier. Tungdils Liege wurde auf einen Tisch gehievt.
»Das sieht besser aus, als ich dachte«, sagte eine Stimme, heller und schöner als das Klingen von Hämmern auf einem Amboss. »Schneidet es auf, ich will mir die Wunden ansehen.«
Zwei Zwerge setzten eine gewalt ige Zange am Saum
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