Der Kristallstern
Krankenzimmer.
Er lag in einer Hängematte, die seine mächtige Gestalt einbettete. Ein Regenerationsverband bedeckte sein Bein. Leia hatte befürchtet, ihn eingetaucht in einen Baktatank vorzufinden, ohne Bewußtsein und nicht in der Lage, mit ihr zu sprechen.
Leia setzte sich auf einen nahen Stuhl und beobachtete ungeduldig seinen Schlaf. Sein Atem ging flach und schnell. Sie wollte, daß er aufwachte. Sie wollte mit ihm reden, wollte herausfinden, was er gesehen hatte, wollte erfahren, ob auch er zwei Stunden verloren hatte oder ob er beobachtet hatte, was passiert war, und ihren Verdacht hinsichtlich dieser Geschehnisse bestätigen konnte.
Und natürlich wollte sie ihn beruhigen, ihm sagen, daß sie ihn nicht verantwortlich machte…
Eine Welle des Zorns durchtobte sie, so machtvoll, daß sie keuchte.
Sie machte ihn verantwortlich! Sie war wütend auf ihn. Es gab in der ganzen Welt nichts, was sie zu ihm sagen konnte.
Leia stand auf und verließ das Zimmer. Sie schloß die Tür, drehte sich um und wäre beinahe mit Dr. Hyos zusammengestoßen.
»Oh! Ich habe gesehen, daß Sie schliefen, und wollte Sie nicht aufwecken.«
»Haben Sie mit Chewbacca gesprochen?«
»Nein, ich…« Wie konnte sie die Gefühle eingestehen, die sie dem ältesten Freund ihres Mannes entgegenbrachte? »Hat er kein Betäubungsmittel bekommen?«
»Natürlich. Er ist schwer verletzt.«
»Haben Sie schon einmal Wookiees behandelt?«
»Nein. Chewbacca ist der erste seiner Rasse, der unsere Welt besucht.«
»Wie konnten Sie dann wissen, wie Sie ihn behandeln mußten?«
»Es ist mein Job, das zu wissen. Ich habe auch noch nie einen Menschen behandelt, aber als Ihre Mission angekündigt wurde, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, einiges über die Leute zu lernen, die uns besuchen würden.«
»Er hat Glück«, sagte Leia. Er muß sich keine Sorgen machen, dachte sie, er kann vergessen. Wenn er geheilt ist und aufwacht, werde ich Bescheid wissen… Und ich werde jeden einzelnen höllischen Augenblick durchlebt haben.
»Er ist sehr schwer verletzt«, sagte Dr. Hyos. »Und er hat sehr viel Blut verloren. Wenn er Glück hätte, wäre er nicht verwundet worden.«
»Können Sie ihn aufwecken? Nur für einen Augenblick? Wenn er etwas gesehen hat, irgend etwas…«
»Die Kammerjungfrau hat nichts gesehen. Sie hat nichtsgehört. Ich bezweifele, daß es Chewbacca anders gegangen ist. Es wäre ein großes Risiko, ihn aufzuwecken.«
»Aber er könnte…«
»Ein unnötiges Risiko.«
Dr. Hyos dirigierte Leia in den vorderen Teil der Chirurgie, weg von Chewbaccas Zimmer.
»Sie haben einen langen, furchtbaren Tag hinter sich«, sagte die Ärztin. »Versuchen Sie, sich auszuruhen. Ein Entführungscoup ist nie eine leichte Sache. Aber morgen…«
Ein hoher, klagender Ton schnitt ihr das Wort ab. Sie eilte in ein nahe gelegenes Zimmer. Leia folgte ihr, sich nur zu gut bewußt, daß auch der Wyrwolf ihnen folgte. Seine Klauen klickten laut über den Fußboden.
Die Kammerjungfrau stand im Zentrum des Zimmers, noch immer mit dem weichen Krankenhaushemd bekleidet und aufrecht gehalten durch einen Stützgurt. Die Ärztin machte neben ihr halt, streichelte ihr weiches kurzes Haar, beschwichtigte sie. Die beiden unterhielten sich in ihrer eigenen Sprache, Pfeiftöne und Triller, die außerhalb des Bereichs von Leias Hörvermögen lagen. Bald döste die Kammerjungfrau wieder ein. Dr. Hyos ließ sie allein, mit besorgtem Gesichtsausdruck.
»Wird sie wieder in Ordnung kommen?«
»Sie sind noch immer hier?«
»Wird sie?«
»Die Bombe hat ihr Gehör beschädigt.«
»Aber Sie haben sich mit ihr unterhalten – sie hat Sie verstanden. Sie wird gesund werden, oder?«
»Ich fürchte, der höchste Aufnahmebereich wird sich nie wieder erholen. Und doch wird sie überleben.«
»Das freut mich«, sagte Leia.
»Tut es das?« rief Dr. Hyos aus.
»Daß sie es überlebt? Natürlich!«
»Unser Gehör ist sensibler als das Ihre – und viel empfindlicher. Unsere intimsten Unterhaltungen finden in den obersten Bereichen statt.« Dr. Hyos sprach ganz leise. »Stellen Sie sich vor, Ihr Körper sei taub. Stellen Sie sich vor, Ihre Sinne arbeiteten nur noch mit halber Kraft. Alle. Vielleicht könntet ihr Menschen ein solches Dasein ertragen, aber ihre Zukunft wird sehr… schwierig sein.«
»Oh«, sagte Leia, »das habe ich nicht gewußt. Es tut mir so leid.« Sie blickte mit verstärkter Sympathie zu der Kammerjungfrau hinüber. »Wäre es nicht bequemer für
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