Der Kronrat (German Edition)
dich aus?«
»Ein alter Mann mit einem freundlichen Gesicht in einer Robe in türkiser Farbe.«
»Varosch?«
»Ein Mann in den besten Jahren, in einer schweren Rüstung, mit einem Hammer und einem Schild.«
»Ein Mann in einer Robe, mit dem Wesen eines Gelehrten«, meinte Asela leise, ohne dass ich sie gefragt hätte. »Und Ihr?«, fragte sie jetzt mich.
»Einen Mann, zugleich Elf und Biest, mit geschuppter Haut, gut doppelt so groß wie ein Mann, gütig und weise.«
»Einen Drachen mit türkisen Schuppen, die mit anderen Farben zu verfließen scheinen«, erklärte Zokora und sah die Priester fragend an.
»Ich habe ihn schon immer so ähnlich gesehen, wie Ser Roderic ihn beschreibt«, antwortete der Hohepriester, während Gerlon und Mircha ebenfalls einen Mann in einer Robe beschrieben.
»Dann sieht ihn jeder anders«, stellte Zokora fest. »Ich glaube, kein Bild ist weniger wahr als das andere. Er ist all das … und mehr für den, der die Ehre hat, ihn zu erblicken. Warum sind die Tore geschlossen? Warum gibt es keinen Dienst zu seinen Ehren?«
»Er hat es selbst so verfügt«, erklärte Bruder Jon. »Vielleicht weil er keiner weiteren Verehrung bedarf oder es von unseren Göttern ablenken würde, von denen Er ja wollte, dass sie seine Nachfolge antraten.«
»Warum ist er hier zu finden?«
»Er ist nicht nur hier. Es gibt auf der Welt verstreut noch andere Tempel. Er steht in allen«, sagte der alte Mann. »Jeden dieser Tempel hat Er selbst verschließen lassen. Aber ich bezweifle sehr, dass Er darin gefangen ist.«
Am Tempel meines Herrn angelangt, nahmen die Priester ihren Abschied. »Es ist genug für mich«, meinte Bruder Jon. Er nahm das Schwert von Asela entgegen und wog es in seiner Hand. »Ich denke, wir werden uns wiedersehen.«
Wir wünschten ihm eine gute Nacht.
»Daran hege ich Zweifel«, sagte er und lächelte flüchtig, um dann die Hand zu erheben. »Seid gesegnet im Namen meines Herrn.«
Wir dankten ihm dafür und schauten ihm nach, wie er die Stufen des Tempels erklomm, mit den beiden anderen Priestern an seiner Seite, die sich bereithielten, sollte er straucheln, doch das geschah nicht.
Zokora und Varosch nahmen ebenfalls ihren Abschied, sie hatten noch etwas im Tempel des Boron zu besprechen. Übrig blieben Serafine, Asela und ich.
Ich griff unter die Robe und suchte Pfeife und Tabak. Die Pfeife fand ich, doch mein Beutel war schon wieder leer. Seufzend steckte ich ihn zurück.
»Wollt Ihr uns zur Zitadelle begleiten?«, fragte ich Asela, doch sie schüttelte den Kopf.
»Es war ein denkwürdiger Tag«, meinte sie. »Wir werden uns wiederbegegnen, dessen bin ich mir sicher. Denkt daran, es gibt einen weiteren Verfluchten, sucht und richtet ihn. Seelenreißer soll zuverlässig sein in dieser Hinsicht. Der Götter Segen …«
Sie wollte sich abwenden, doch Serafine hielt sie mit einer leichten Berührung zurück.
»Sag, Asela, du besitzt das Wissen und die Kunst der Eulen. Warum hilfst du nicht Desina und lehrst sie, was sie wissen muss? Du warst doch schon immer gut im Unterrichten.«
»Das wäre einleuchtend, nicht wahr?«, meinte Asela. »Aber ich kann es nicht, zu vieles steht im Weg. Ich kann ihr nicht gegenübertreten, jetzt noch nicht. Aber ich suche nach anderen Wegen, ihr zu helfen.« Sie zögerte. »Ich weiß nicht, ob ich es verlangen darf, aber ich habe mich Euch früher offenbart, als ich es wollte. Ich kann Euch nur darum bitten, dass Ihr der Prima nichts von mir erzählt.«
»Sie hält Euch noch immer für den Feind«, erinnerte ich sie.
»Das tut Ihr doch auch. Ich stand vor Eurem Gott und ließ mich richten, und doch seht Ihr Euch nicht imstande, mir zu vertrauen. Aber Ihr habt sicher recht. Ich diene nicht mehr dem Kaiser der Nekromanten, doch zu einem Freund macht mich das noch nicht.« Sie schluckte und nickte Serafine zu. »Dir, Finna, schulde ich weitaus mehr, als ich gestehen kann. Du wirst die Antwort auf deine Fragen finden, aber jetzt ist es noch nicht an der Zeit.«
»Ich …«, begann Serafine, um dann leise zu fluchen, als Asela wie Rauch zerfaserte und nicht mehr zu sehen war. »Götter«, rief sie erzürnt. »Ich vergaß, wie sehr es mich verärgert, wenn sie mitten im Satz verschwinden. Balthasar war darin ein Meister und trieb mich damit oft zur Weißglut!«
»Verständlich«, meinte ich. »Spricht noch irgendetwas dagegen, dass wir uns jetzt zur Ruhe betten können?«
»Nein«, sagte sie. »Wohl nicht. Bruder Jon hat recht, es ist
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