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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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ungemein.«
    »Warum?«, fragte sie erstaunt.
    Ich tunkte den Kanten in mein aufgeschlagenes Ei. »Dieses Zeitwerk zwingt mich hinzusehen und treibt mich an. Es scheint mir, dass es mir die Zeit schon stehlen will, bevor sie verflogen ist. Nicht ich entscheide, wann es an der Zeit ist, sondern diese Stange mit ihren goldenen Markierungen herrscht über mich.«
    »Dann sieh nicht hin«, schlug sie mit einem leisen Lächeln vor, doch ihr Blick erforschte mich. Ich wusste nicht, wonach sie suchte.
    »Du hast gut reden«, brummte ich. »Du sitzt mit dem Rücken zu dem Ding.«
    Serafine schmunzelte nur, und ich sah mich weiter um.
    »Das Essen und diese Messe sind ebenfalls wunderbar.« Ich wies auf meinen Teller. »Ich erhielt ein halbes graues Brot, ein halb gekochtes Ei, wobei ich die Wahl hatte, wie lange gekocht es sein sollte, dazu noch zwei Schinkenstücke, eine Zwiebelwurst und drei Stück Käse, außerdem einen Tiegel frische Butter. Jeder hier hat das Gleiche bekommen. Wo bei allen Höllen sind die Hundertschaften an Hühnern, die die ganzen Eier legen?« Mit einer Geste zeigte ich auf die gut sechshundert Soldaten, die mit uns hier speisten. »Vor meinen Augen sehe ich hier Schweine hereinfliegen, die in der Luft zu Schinken werden und dann geschnitten auf den Tellern landen. Woher wissen die Köche, wie viele hier essen, was es dazu braucht, und wie haben sie die Zeit, all das einzusammeln und zuzubereiten?«
    Sie schüttelte den Kopf und lachte, aber nur verhalten, als ob etwas sie noch immer bedrückte. »Also siehst du schon Schweine fliegen, Havald, das ist nicht gut!« Ihr Lächeln schwand. »Es ist eine Kunst«, meinte sie dann ernsthaft. »Es war meine Aufgabe, die Legion zu versorgen, zu planen, was es braucht, um sie ins Feld zu führen, und ich weiß, wovon ich spreche. Koch zu sein, oder Zeugwart, ist eine Ehre. Ein guter Koch lässt eine Legion länger leben und hält sie munter, ein schlechter Koch hingegen untergräbt die beste Moral.«
    »Das gilt auch für einen Zeugwart?«, fragte ich.
    »Was meinst denn du? Stiefel kann man nicht essen, aber wie weit läuft ein Soldat in zu engem Schuhwerk, bevor er den Zeugwart erschlagen will? Zudem, er ist es, der einkauft, was die Köche dann verarbeiten. Zudem schützt ein Zeugwart die Legionen auch noch auf andere Art.«
    Serafine griff sich meinen Helm, der neben uns auf dem Tisch lag, drehte ihn in ihren Händen, zog das Leder zur Seite und zeigte mir einen Prägestempel in dem Stahl. »Siehst du diese Markierung?«, fragte sie, ich nickte kauend. Sie drehte den Helm herum und suchte an der Oberfläche, drehte und wendete ihn gegen das Licht. »Und dort den Kantenabdruck auf der Oberfläche?«
    Ich nickte erneut.
    »Kommt ein solcher Helm frisch aus der Schmiede, wird er in ein Gestell eingespannt, in dem ein schwerer Dorn auf einer Schiene aus fünf Schritt Höhe fällt und den Helm hier trifft. Geschieht nicht viel, bekommt der Helm dann diese Marke, um zu zeigen, dass der Stahl gut und sauber verarbeitet ist. Durchschlägt der Dorn den Stahl, wird der Helm eingeschmolzen, und jemand in der Schmiede wird sich verantworten müssen.« Sie legte den Helm zur Seite. »Der Brustpanzer ist das Wichtigste an einer Rüstung, selbst ein schwerer Bolzen soll ihn nicht durchschlagen. Dafür hat er diese gewölbte Kante an der Brust, sodass der Bolzen nicht senkrecht trifft, sondern abgleiten wird, dafür dass er dann nicht die Achsel trifft, gibt es diesen Schutz am Armloch. Man zieht das Bruststück einer Puppe mit festen Maßen über, schaut, ob es passen und nirgends drücken wird. Fünfmal wird der Panzer beschossen, dann wird man an den Laschen und den Riemen ziehen, schauen, ob die Kanten glatt sind, und der Stahl an allen Stellen die gleiche Stärke hat. Erst dann bekommt ihn ein Soldat.«
    »Ein ungeheurer Aufwand«, stellte ich fest, und Serafine nickte.
    »Es gibt genug Gefahren im Kampf, da braucht es nicht noch schlechtes Essen und mangelhaften Rüstschutz.«
    Es brauchte auch das Zeitwerk nicht; war eben noch die Halle ruhig, nur vom Murmeln der leisen Gespräche gefüllt, schepperte und klang es jetzt überall, als sich schwer gerüstete Soldaten von den Bänken erhoben, das Zeitwerk zeigte noch ein Zehntel einer Kerze vor der vollen Glocke an, doch ich musste jetzt schon gehen. Ich schob ihr Seelenreißer über den Tisch, nahm das andere Schwert und erhob mich von der Bank.
    »Wir sehen uns nach deinem Dienst«, sagte Serafine und lächelte,

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