Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
Vom Netzwerk:
auch wenn mir ihr Lächeln mühsam erschien.
    Leandra hatte mich traurig angesehen, jetzt tat es auch Serafine. Hatte ich etwas zu ihr gesagt? Vorhin noch hatte sie gelächelt, erst später hatte diese Traurigkeit in ihre Augen Einzug gehalten. Hatte ich ihr einen guten Morgen gewünscht, oder doch anderes gesagt? Ich wusste es nicht mehr, aber was hätte ich schon sagen können, um Serafine so zu bedrücken?
     
    »Gut«, begrüßte mich Rellin. Ihr Lächeln gefiel mir nicht. »Wir werden heute üben, was einen Bullen ausmacht: den Marsch. Ich hoffe nur, Ihr seid gut ausgeruht, denn Ihr werdet alle Kraft brauchen.«
    Wie gut sie mich in der Folge schliff, erkannte ich an dem Grad des Hasses, den ich ihr gegenüber verspürte. Sie lief neben mir her, lästerte und machte Witze, zwang mich, einen schweren Balken zu stemmen und dabei falsch und laut ein dummes Lied zu singen, ließ mich wie einen Käfer auf dem Rücken in einem Schlammloch liegen und aufspringen – und das alles wiederholen, bis der Schlamm durch jede Ritze in mein Unterzeug gelangt war. Dann ließ sie mich durch einen Waffenmeister mit einer Hellebarde verdreschen, zwischen taumelnden Baumstämmen hindurchrennen und so lange in den Liegestütz gehen, bis nicht einmal der Namenlose selbst mich dazu hätte bewegen können, mich noch mal in die Höhe zu zwingen.
    Und bei jeder dieser Übungen griff sie sich einen anderen Bullen, meist deutlich schmächtiger als ich, und wies ihn an, es mir vorzuführen. Und jedes Mal wurde ich beschämt. Wenn mir nach dreißig Liegestützen die Kräfte schwanden, vollführte eine junge Sera in schwerer Rüstung hundert von ihnen und lachte noch dabei. Immer waren andere Bullen in der Nähe und sahen mir mit einem Lächeln zu, wie ich bei dem versagte, was sie selbst mit Leichtigkeit vollbrachten.
    Ganz zum Schluss zog Rellin selbst eine Rüstung an, trat mir mit Schwert und Schild entgegen und ließ meine Rüstung klingen. Nie war mein Schild schnell genug, nie war meine Klinge dort, wo sie sein sollte. Rellins Schläge prasselten auf meinen Stahl wie Hagelsteine, und sie selbst hätte keinen Schild benötigt, denn sie war nie dort, wo ich hinschlug. Götter, wie langsam diese Rüstung mich machte!
    Gut, es war nicht meine Art zu kämpfen, aber wenigstens einmal hätte ich sie doch treffen können!
    Zum Abschluss gab sie mir ein Übungsschwert und stellte mir vier lachende Seeschlangen gegenüber, die nur Dolche aus Holz trugen. Ich sollte mich so lange gegen sie halten, bis Rellin laut bis dreißig gezählt hatte. Das, dachte ich, müsste wohl zu schaffen sein, doch weit gefehlt. Die Seeschlangen stoben auseinander und auf mich zu, ich sah ein gespanntes Seil, dann waren sie heran und zogen mir mit dem Seil die Füße weg. Laut scheppernd fiel die Eiche, ich lag mit dem Helm voran im tiefen Dreck, während sich eine der Seeschlangen den Spaß erlaubte, mich mit der Spitze eines Dolchs zwischen den Rüstungsschalen zu kitzeln und zu pieksen, und ein anderer mir den Helm von der Rüstung löste und mir lachend eine Kopfnuss verpasste.
    »Du bist tot, Rekrut«, grinste er und half mir auf. Ich wäre lieber liegen geblieben.
    »Hier liegt die Lehre«, meinte Rellin schmunzelnd, die nur bis drei hatte zählen müssen. »Darin, was es zu vermeiden gilt!«
     
    Als ich am Abend mein Quartier erreichte, hatte ich jede Stufe der breiten Treppe gezählt; jede Faser meiner Muskeln brannte, und ich fühlte mich einer toten Schnecke gleich. Diesmal war Serafine nicht zugegen, ich musste mich selbst aus der Rüstung befreien und erblickte mich dann im Spiegel. Ich war voller blauer Flecke, obwohl die Rüstung jeden Schlag abgewehrt hatte. Rellin hatte mir Putzzeug mitgegeben und die Aufgabe, die Rüstung bis zum Morgen so sehr zu polieren, bis sie, wie sie es sagte, darin jede ihrer Warzen sehen konnte. Da es ihr jedoch an Warzen mangelte, schien mir die Aufgabe nur schwer zu lösen.
     
    Ich sollte besser bald damit beginnen, denn die Rüstung war völlig verdreckt, aber ich drehte mich auf dem Fuß um und fiel wie ein gefällter Baum auf mein Lager. Auf dem Nachtschrank sah ich die drei Dienstbücher liegen, die ich zusätzlich noch studieren sollte. Ich drehte mich zur anderen Seite und beschloss, dass, wenn die letzte Schlacht der Götter heute sein sollte, sie ohne mich beginnen musste.
    Serafine kam später, weckte mich und zeigte mir, wie man die Rüstung am besten reinigte, tatsächlich tat sie mehr daran als ich, nur blieb

Weitere Kostenlose Bücher