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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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genug für einen Tag.«

16. Geschliffen
     
    Es war kurz vor der ersten Glocke, als wir endlich unser Quartier erreichten. Das ließ mir gerade noch drei Kerzenlängen Zeit für Schlaf. Ich verabschiedete mich von Zokora und Varosch und auch von Serafine, die jetzt, da Sieglinde gegangen war, das Quartier allein bewohnte, und klopfte dann an Leandras Tür. Sie öffnete nicht, und einer der Wachsoldaten teilte mir mit, sie sei von ihrer Unternehmung noch nicht zurückgekehrt.
    Ich stand dort und fragte mich, was ich jetzt tun sollte. Mir kam ein Gedanke, und ich ging hinunter zu den Federn und dann zum Archivar.
    »Was Ihr sucht, ist bei uns nicht zu finden«, teilte mir der Mann mit. »Es ruht in den Archiven der Eulen. Aber wenn Ihr es wünscht, kann ich anfragen, ob die Eule uns das Bild heraussuchen wird, wir können es dann für Euch kopieren.«
    »Das wäre wünschenswert«, sagte ich. »Es hat eine gewisse Eile, könntet Ihr der Eule das ausrichten?«
    »Gern, aber sie hat sehr viel zu tun, es kann länger dauern.«
    Damit musste ich mich zufriedengeben. Jetzt gab es nichts mehr zu tun, also ging ich endlich schlafen.
     
    Diesmal war der Albtraum deutlich. Ich ging durch eine Stadt, und um mich herum zerfielen prunkvolle Bauten zu Staub, erstarrten die Menschen und liefen schwarz an, zerbrachen dann mit gequälten Schreien in tausend Stücke, während ein Schatten mir folgte, der Tod und Pestilenz verbreitete. Ich wunderte mich zwar, dass die soeben zerbrochenen schwarzen Toten nochmals an Pest erkranken konnten, aber es half mir nicht viel.
    Leandras Stimme zeigte mir den Weg aus diesem Traum. Schlaftrunken zwang ich ein Auge auf und glaubte sie neben meinem Bett stehen zu sehen, in Weiß gekleidet und kostbar geschmückt, ihr schönes Gesicht ernst und traurig, doch es fiel mir schwer, mich aus dem Schlaf zu lösen. Als es mir endlich gelang, hörte ich die Tür gehen, und ein Geruch von ihrem Parfüm lag noch in der Luft.
    Schweißgebadet wie ich war, zog ich ein Bad dem Schlaf vor. Auch das Bad wurde unterbrochen, als es klopfte. Ich war im heißen Wasser eingeschlafen, der Schreck ließ mich untertauchen. Wasser spuckend und fluchend, hielt ich mir ein Tuch vor und eilte nass und tropfend zur Tür.
    »Ach, du bist es nur«, begrüßte ich Serafine. »Komm rein.«
    Ich wandte mich ab und griff mir eine Hose, die sich auf feuchter Haut störrisch anstellte. Als ich dann doch gewonnen hatte und mich umdrehte, bemerkte ich, dass Serafine gequält dreinschaute.
    »Ist etwas?« fragte ich.
    »Nein.« Sie lächelte mühsam und fuhr sich über die Augen. »Nichts. Ich wollte mit dir in die Messe zum Frühstück. Wenn es dir recht ist.«
    Ich blieb vor ihr stehen und tropfte auf den Boden. »Was ist?«, fragte ich erneut.
    »Ich sagte, es ist nichts«, beharrte sie.
    »Und warum schläfst du nicht? Du musst keinen Dienst antreten. Hast du auch schlecht geschlafen?«
    »Möglich«, meinte sie. »Ich wollte nur sicherstellen, dass du nicht verschläfst.«
    »Das wäre nicht nötig gewesen«, sagte ich.
    Sie nickte. »Das weiß ich, aber ich will es so.«
    Ich sah sie fragend an, aber mehr kam nicht von ihr.
    Tatsächlich war ich für ihre Hilfe dankbar. Es war zwar möglich, die Rüstung allein anzulegen, aber es hätte weit mehr Verrenkungen bedeutet.
     
    Ich hatte die große Messe in der Zitadelle bisher noch nicht betreten und war beeindruckt von der weitläufigen Halle, in der tausend Mann auf einmal ihre Mahlzeit zu sich nehmen konnten. Gut zwei Dutzend Köche schwitzten hinter den großen Tischen und gaben die Mahlzeiten aus, vier Dutzend zum Küchendienst eingeteilte Soldaten eilten herum, räumten Tische ab und wischten sie sauber, sammelten Geschirr und schrubbten die Teller in großen Bottichen, als ob ihr Leben davon abhing, während an einer Wand ein großes mechanisches Zeitwerk laut tickend auf einer markierten Stange die Kerzen des neuen Tags anzeigte, groß genug, um auch vom entferntesten Tisch erkannt zu werden.
    Große Fenster, die zum Innenhof führten, ließen Licht herein, das zudem noch mit Spiegeln im Raum verteilt wurde. Neben jedem zweiten Spiegel fanden sich eiserne Körbe an der Decke, in denen die leuchtenden Globen ruhten. Je mehr Licht der frühe Morgen brachte, desto mehr verdunkelten sich die magischen Lampen.
    »Das ist ohne Zweifel ein Wunderwerk«, meinte ich zu Serafine und wies zu dem Zeitwerk, als ich mir einen Kanten graues Brot abbrach. »Aber es missfällt mir

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