Der Kronrat (German Edition)
Entweder hatte sie meinen nachdenklichen Blick bemerkt, oder sie konnte Gedanken lesen, vielleicht beides, auszuschließen war das bei einer Eule sicher nicht.
»Nein«, gab ich ihr ehrlich Antwort. »Ich weiß nicht, was ich erwartet habe.«
»Um ihn zu beeindrucken, könntet Ihr um drei Schritt wachsen und Blitz und Feuer um Euch hüllen«, schlug Serafine vor und schüttelte dann den Kopf. »Es ist mir unbegreiflich, wie diese Legenden entstehen konnten. Alle Eulen, die ich je gekannt habe, verhielten sich zurückhaltend. Ihre Roben waren schon auffällig genug. Ist das der Grund, warum Ihr Eure nicht tragt?«
»Auch«, meinte Desina und wurde überraschend ernst. »Ein anderer Grund ist, dass ich sie zwar tragen, aber nicht mehr nutzen kann.«
Santer legte ihr die Hand auf den Arm und schüttelte leicht den Kopf. Er wollte offenbar nicht, dass sie weitersprach.
»Es ist schon gut«, sagte sie zu ihm. »Es ist schon lange auf den Straßen ein Gerücht, und wenn wir gegen den Feind bestehen wollen, sollten sie wissen, dass sie wenig Hoffnung in mich setzen können.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte Serafine überrascht.
Desina sah sich um, ob jemand in Hörweite war, und sprach dann leise weiter. »Als der Feind uns angriff, kam es zu einem magischen Duell zwischen mir und einem Nekromanten namens Rolkar. Er versuchte ein Tor zu erschaffen, durch das die Truppen des Gegners unmittelbar in das Herz unserer Stadt gelangt wären. Er verlor, und es kam zu einer mächtigen Entladung, die ihn vernichtete … und mir das Talent zur Magie ausbrannte.« Sie verzog traurig das Gesicht. »Ich hatte mich gerade erst daran gewöhnt, das eine oder andere tun zu können, und es fällt mir schwer, es zu akzeptieren. Aber so ist es, und deshalb bin ich so erfreut zu hören, dass Eure Freundin Leandra eine Maestra ist. Wir werden ihre Fähigkeiten brauchen.«
»Denn es ist noch nicht ausgestanden«, ergänzte Santer ebenso leise. »Es gibt noch einen Nekromanten in der Stadt, eine feindliche Agentin von großer Macht, die sich uns entziehen konnte. Sie heißt Asela und ist eine Meisterin der Tarnung, eine kalte Viper, deren Gift uns arg zu schaffen macht. Sie … was ist, Sera?«
Serafine hatte sich an ihrem Wein verschluckt und sah den großen Mann nun ungläubig an. »Wie war der Name dieser Frau doch gleich?«, fragte sie atemlos.
»Asela. Eine kalte, bleiche Schönheit mit rabenschwarzem Haar und einem Herzen wie eine Löwengrube«, erklärte Desina mit verschlossenem Gesicht. »Nicht nur, dass sie eine Nekromantin ist, sie beherrscht auch die Magie in einem Maß, das mich erschreckt.« Sie schauderte. »Ihre Macht ist unbeschreiblich. Es war pures Glück, dass ich unser Zusammentreffen überlebt habe.«
»Götter«, hauchte Serafine, die nun bleich geworden war. »War ein anderer Mann an ihrer Seite? Jemand, der auch die Macht der Eulen beherrschte?«
»Ja. Aber ich habe ihn ohne große Probleme erschlagen«, erklärte Desina.
»Den, den ich meine, hättet Ihr nicht so einfach vernichten können«, widersprach Serafine. »Er ist groß, hat ebenfalls schwarzes Haar, und er ist nicht zu verwechseln: Seine Augen sind von unterschiedlicher Farbe, eines blau, das andere schwarz.«
»Ja«, meinte Santer grimmig. »Das ist Meister Rolkar. Er ist der Nekromant, den Desina in diesem Duell bezwang.«
»Sein wirklicher Name war Feltor«, sagte Serafine und betrachtete Desina mit neuem Respekt. »Verzeiht, Prima, aber wenn er der Mann ist, den ich meine, dann kann ich kaum glauben, dass Ihr ihn bezwungen habt.«
»Ich hatte Hilfe«, erklärte Desina bescheiden. »Wie kann es sein, dass Ihr von diesen Unheiligen wisst?«
»Ich kannte sie«, erklärte Serafine bedrückt. »Sie waren gute Freunde von mir, und ich hielt sie für verloren.« Sie wandte sich an mich. »Sie waren Eulen, mit einem mächtigen Eid an das Reich und den Kaiser gebunden. Es kommt mir unglaublich vor, dass sie diesen Eid verletzt haben sollen.«
Die Prima des Turms nickte. »Dieser Eid bindet auf eine Art und Weise, die Verrat undenkbar macht. Zumindest sagt man das.« Sie schaute zu Santer hinüber, als sie weitersprach. »Ich hatte schon die Vermutung, dass sie Eulen sein könnten, oder zumindest Maestros, die in der Art der Eulen ausgebildet waren. Wisst Ihr mehr über diese Leute, Sera Helis?«
»Wenn sie es tatsächlich sind, kenne ich sie sehr gut. Asela, Balthasar und Feltor waren unzertrennlich. Zwei Jahre vor meinem Tod sandte der Kaiser alle
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