Der Kronrat (German Edition)
drei auf eine Mission gegen einen Nekromanten. Sie waren siegreich, doch der Preis war hoch: Asela und Feltor starben, und selbst Balthasar kehrte verändert und verbittert zurück.« Sie fuhr auf und krallte ihre Hand schmerzhaft in meinen Arm. »Wenn … Havald! Das ist es! Sie … sie müssen den Kampf verloren haben! Götter!«, hauchte sie mit geweiteten Augen. »Das könnte eine Erklärung sein! Balthasar hätte uns sonst nie verraten!«
»Balthasar?«, fragte Desina und räusperte sich. »Ihr meint den letzten Primus der Eulen? Den Balthasar?«
»Ja«, bestätigte Serafine. »Er ging mit uns und der Zweiten Legion nach Illian in den Neuen Reichen, um uns zu helfen, den Weltenstrom für Askirs Macht zu sichern und den Schamanen der Barbaren dort die Stirn zu bieten. Aber er beging einen grausamen Verrat und verschwand. Bis Havald ihn vor ein paar Wochen wiedertraf und ihn in einem Kampf in einem alten Tempel erschlug.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich war durch Sieglinde bei dem Kampf zugegen. Es war derselbe Mann, ganz ohne Zweifel, aber so verändert, dass ich es kaum glauben konnte.«
»Ich habe davon gehört«, sagte Desina. »Der Bericht sprach allerdings nur von einem Seelenreiter und erwähnte den Namen nicht. Aber genau da liegt der Haken: Eine Eule besitzt kein Talent zum Seelenreiten. Der Turm überprüft das auf magische Art, es kann also nicht sein.«
»Es gibt etwas, das Ihr nicht wisst«, teilte ich ihnen mit und berichtete von dem Ritual, mit dem Leandra dieses unheilige Talent beinahe übertragen worden wäre. Noch immer schauderte mir bei dem Gedanken, dass sie uns so leicht hätte verloren gehen können. Wenn man einmal von den Göttern verflucht war, gab es keine Möglichkeit mehr zurückzukommen.
»Oh«, stöhnte Desina betroffen. »Das sind schlimme Nachrichten! Also ist es doch möglich.« Sie blickte zu Santer hinüber, der aufmerksam gelauscht hatte. »Was meint Ihr, Santer, ob es Zufall war, dass im Bericht der Name nicht genannt wurde?«
»Orikes weiß um Eure Verehrung des letzten Primus«, antwortete er. »Es würde mich nicht wundern, wenn er den Namen entfernen ließ, um Euch die Enttäuschung zu ersparen. Das erklärt auch, warum Balthasars Geist keine Ruhe findet.«
»Dann werde ich ihm erklären müssen, dass es mir eher schadet, wenn er mich auf diese Weise schützen will«, entgegnete Desina aufgebracht.
»Langsam, es ist zu viel auf einmal!«, rief ich und hob die Hand. »Wieso sprecht Ihr von einem Geist?«
»Balthasars Geist spukt im Turm der Eulen«, erklärte Santer und schüttelte fassungslos den Kopf. »Er hat mich einmal fast zu Tode erschreckt. Aber er scheint harmlos und eher hilfsbereit zu sein.«
»Er ist es vielleicht auch«, sagte ich und konnte kaum glauben, dass ich so etwas aussprach. Für mich hatte in Balthasar der Ursprung allen Übels gelegen. Dennoch, ich hatte meine Erfahrungen mit dem Gegner machen müssen. »Leandra ist eine Maestra, ähnlich einer Eule, und besitzt einen starken Willen. Es ist gewiss nicht einfach, ihren Geist zu unterdrücken, doch genau das ist es, was ihr widerfahren ist. Kolaron kennt eine Möglichkeit, selbst seinen stärksten Feind glauben zu lassen, dass er in Wahrheit dem Nekromanten dient. Aber das müsste auch Euch bekannt sein, Maestra, denn Orikes warnte uns und erklärte, dass man einen Anschlag auf Euch verübt hätte.«
»Das stimmt«, brummte Santer. »Es war vor zwei Tagen. Wir kamen in die Zitadelle zurück, und einer der Wächter am Tor salutierte und dann, als wir weitergingen, schoss er hinterrücks mit seiner Armbrust auf Desina.«
Die Prima hob die Hand und schob ihre Haarpracht zurück, um uns dort eine kaum verheilte Schramme zu zeigen. »Ihr seht, wie knapp es war. Ich kenne Schwertsergeant Eldred von Kindesbeinen an, und er hatte immer ein liebes oder freundliches Wort für mich. Er hätte mir nichts Übles gewünscht, und als er verstand, was er getan hatte, konnten wir ihn gerade noch daran hindern, sich aus Verzweiflung darüber das Leben zu nehmen. Er erinnert sich an nichts, nur dass ich wie tot auf dem Boden lag. Es ist gut, dass ich noch rechtzeitig wieder zu mir kam, sonst hätten ihn seine Kameraden erschlagen.«
»Was geschah mit dem Mann?«, fragte ich.
»Er ist beurlaubt, und Orikes untersucht ihn. Sein Name ist Eldred, und er ist seit fast zwanzig Jahren bei der Fünften Legion. Jetzt ist sein Leben ein Aschehaufen, und er weiß nicht, wie es weitergehen soll«, erklärte Desina
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