Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
Vom Netzwerk:
abklopfte. Serafine griff schmunzelnd unter ihren Umhang und legte Pfeife und Tabakdose vor mir auf den Tisch. Sie hatte daran gedacht, beides aus der alten Jacke zu nehmen.
    »Arendsteiner Bergwacht ist ein guter«, meinte Santer.
    »Dann den«, teilte ich der Magd mit, die eifrig nickte.
    »Sagt, gibt es noch den Elfentropfen?«, fragte Serafine sie mit einem Blitzen in den Augen, und als die Magd auch dazu nickte, strahlte Serafine übers ganze Gesicht. »Dann den für mich!«
    Santer pfiff leise durch die Zähne. »Ihr pflegt einen erlesenen Geschmack«, befand er. »Eine Flasche würde mich einen Monatssold kosten.«
    »Das ist mir einerlei. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie lange es her ist, dass ich ihn das letzte Mal getrunken habe.«
    »Darf ich raten?«, fragte Desina schelmisch. »Könnten es siebenhundert Jahre sein?«
    »In etwa.«
    »Könnt Ihr Euch vorstellen, dass der Kommandant mir das Wissen um Euch vorenthielt, bis er mir vor drei Tagen reinen Wein einschenkte?«, fragte die junge Frau in gespieltem Zorn. »Ich habe mich tüchtig beschwert, doch er lachte nur und sagte, dass ich auch nicht alles wissen müsse. Und dabei dachte ich immer, genau das wäre mein Auftrag.«
    »Er kann lachen?«, entfuhr es mir.
    Santer stutzte und lächelte dann, auch Desina war erheitert.
    »Schwer zu glauben, nicht wahr?«, sagte sie. »Aber seid versichert, er kann. Unter seiner harten Schale ist er ein liebenswerter Mann.«
    Das konnte ich kaum glauben.
    »Desina kam als Kind zum Turm«, erklärte Santer. »Orikes und der Kommandant sind so etwas wie Ziehväter für sie.«
    Desina seufzte. »Davon gibt es noch einen. Drei Väter sind manchmal doch zu viel. Mir schaudert bei dem Gedanken, was geschieht, wenn ich mir jemals einen Mann suchen sollte. Der arme Kerl tut mir jetzt schon leid.«
    Die Maestra hatte eine erfrischend offene Art, die mir auf Anhieb gefiel. Sie lachte oft und gern, und mit Santer schien sie sich sehr gut zu verstehen. Eben, bei ihrem letzten Satz, hatte sie lange zu ihm hinübergesehen. Ich lehnte mich zurück, nahm Flasche und Becher von der Bedienung entgegen, die in diesem Moment zurückgekommen war, und fragte mich, ob Santer wusste, dass er der arme Kerl war, von dem sie sprach.
    »Wie war Eure erste Begegnung mit dem alten Mann?«, fragte Santer. »Dem Kommandanten.«
    »Kurz. Er ließ sich von der Maestra berichten, dann warf … dann war die Audienz auch schon beendet.« Ich zog den Korken mit meinen Zähnen und schenkte mir ein. Neben mir setzte Serafine ihren Becher bereits an, nippte ein ganz klein wenig und gab ein Geräusch von sich, das mich an eine schnurrende Katze erinnerte, die den Sahnetopf gefunden hat.
    »Götter«, meinte sie genüsslich. »Wie kann es sein, dass ein Tropfen Wein so herrlich schmecken kann?«
    »Ein Geschenk der Götter, ohne Zweifel.« Santer schmunzelte.
    »Wenn es einen Gott des Weins gibt, dann ist dieser Wein seine Wahl«, meinte sie und nahm noch einen kleinen Schluck, den sie sich mit dem Ausdruck puren Verzückens auf der Zunge zergehen ließ. Ich schluckte und schaute weg; sie so zu sehen, erschien mir unschicklich.
    »Was den Kommandanten angeht«, fuhr ich an Santer gewandt fort, »so scheint er sich nun sicher zu sein, dass wir nichts mit dem Ausbruch des Vulkans zu tun haben. Das ist eine Erleichterung.«
    »Gut, das zu hören«, meinte Desina in ernstem Tonfall. »Der Untergang der Feuerinseln war die größte Katastrophe seit Jahrhunderten und brachte überall Elend, Tod und Verwüstung. Selbst hier in unserem Hafen kam noch eine Welle an, die gut und gern sechs Schritt hoch war!«
    Ich musterte die junge Frau nun etwas genauer. Aus irgendeinem Grund hatte ich erwartet, dass sie Leandra ähnlich wäre, doch das war nicht der Fall. Leandras Magie war immer irgendwie präsent; in letzter Zeit konnte es sogar vorkommen, dass Blitze entstanden, ohne dass sie es merkte. Selbst im Schlaf erhellte sie mit ihren blauen Funken manchmal den Raum. Wenn ich dann nicht aufpasste und sie berührte, hüllten die Blitze auch mich ein. Sie taten mir nichts, lösten aber meist einen heftigen Kopfschmerz aus, der mir das Schlafen erschwerte. Desina hingegen wirkte auf den ersten Blick wie eine fröhliche junge Frau, vielleicht gerade zwanzig Jahre alt, mit einem aufmerksamen Blick, der immer wieder zu uns zurückkehrte und doch alles und jeden hier im Schankraum wahrnahm.
    »Seid Ihr enttäuscht von dem, was Ihr seht?«, fragte sie mit einem Lächeln.

Weitere Kostenlose Bücher