Der Kronrat (German Edition)
passiert?«
»Ein Sturm aus Ruß und Staub kam auf«, sagte Serafine mit einem unbehaglichen Blick zu Desina. »Gleichzeitig hast du aufgestöhnt und fielst zu Boden. Es dauerte alles nur einen Lidschlag, aber du hast einige Zeit gebraucht, um zu erwachen.« Sie wandte sich an Desina. »Was ist eben geschehen?«
»Ich habe eine Vermutung«, meinte diese und schloss die Augen, gleichzeitig fühlte ich, wie der letzte Schmerz an meinen Schläfen verebbte.
»Was auch immer Ihr getan habt, danke«, sagte ich, während ich mich vorsichtig vom Boden erhob. Der Druck und das Pochen waren verschwunden, und kein Kopfschmerz plagte mich. Heute zumindest sollte mein Schädel nicht bersten.
»Dankt mir nicht«, sagte sie leise. Sie kniete immer noch neben mir auf dem Boden. »Ich hätte Euch beinahe umgebracht.«
»Das ist nicht so leicht«, meinte Serafine und half ihr auf. »Ich muss sagen, ich bin froh darum.«
»Also, was habt Ihr eben getan?«, fragte ich Desina und horchte in mich hinein. Der Kopfschmerz hatte mich nur selten ganz verlassen, und es fühlte sich seltsam an, ihn jetzt gar nicht mehr zu spüren.
»Sagt, General«, meinte Desina, »Ihr habt doch diesen Wolfstempel gefunden, in dem Ihr mit Balthasar gekämpft habt. Seid Ihr mit dem Weltenstrom in Berührung gekommen?«
Ich runzelte die Stirn. »Ich denke, ja. Als ich die Kugeln um die Kristalle schloss.« Ich erzählte ihr von diesem Kampf und schloss damit, wie Balthasar verging.
»Das könnte es sein, auch wenn es nicht alles erklärt. Ich kann Euch sagen, was mit Euch ist. Ihr tragt eine magische Kraft in Euch, die mir unerklärlich ist. Ich spreche nicht von dem Talent, ich spreche davon, dass Ihr Magie in Euch gebunden habt wie ein Kornspeicher das Korn. Wenn ein Maestro seine Magien wirkt, zieht er das, was er dazu benötigt, aus der Umgebung. Aus dem Weltenstrom, wenn Ihr so wollt. Doch wenn Ihr in der Nähe seid, bietet Ihr ein leichteres Ziel – und er nimmt es sich dann von Euch.«
Ich schaute sie verständnislos an, und sie seufzte.
»Ich kann es nicht leicht erklären, es ist auch mir neu, und ich habe darüber noch nichts gelesen. Seht Euch als Behältnis, in dem Magie aufbewahrt wird. Es hat Risse, und dadurch fließt die Magie aus Euch heraus, wenn ein Maestro danach greift. Was ich eben getan habe, war, diese Risse zu verschließen. Es scheint, als hätte es etwas genutzt.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wie kann das sein?«, fragte ich. »Ich …«
Doch Serafine unterbrach mich und legte mir die Hand auf den Arm. »Seelenreißer«, sagte sie leise. »Er nimmt das Leben anderer und gibt es dir. Leben ist nichts anderes als eine Art von Magie, und alles, was du je aufgenommen hast, trägst du noch immer in dir.«
Das ergab auf verquere Art und Weise einen Sinn.
»Diese Risse in meinem … Behältnis. Sie sind jetzt gekittet?«
»Ja«, sagte die Eule. »Es war nicht schwer. Ihr habt Euch selbst geschlossen gehalten, allerdings war die Hülle … Nun, sagen wir, es war Unordnung darin.«
»Wie ein Korb aus Weiden, der schlecht geflochten ist?«
Sie lachte. »Ja. So kann man es sehen. Ich habe ein paar Stellen neu geflochten. Was es im Ganzen für Euch bedeutet, weiß und verstehe ich nicht, aber es wird nicht mehr vorkommen, dass sich jemand ungefragt an Euch bedient.«
»Dann ist ja alles gut, und ich bin Euch doch zu Dank verpflichtet«, sagte ich und meinte es auch so. Gerade in Leandras Nähe war es oft unerträglich gewesen. Wenn es jetzt ein Ende hatte, war ich froh darum.
»Was ist mit Euch?«, fragte ich sie und musterte den von Ruß und Dreck befreiten Raum. »Es sieht so aus, als hätte Euer Wirken doch das gewünschte Ziel erreicht.«
»Ihr hattet recht. Es war, als wäre mir nur der Sinn eingeschlafen, so wie ein Bein einschläft und taub wird. Man muss es nur bewegen, damit das Gefühl wiederkommt.« Sie strahlte mich an. »Ich habe mir eingeredet, dass es nicht so schlimm ist, dass mir die Magie verloren ging, aber glaubt mir, ich bin erleichtert, dass es nicht so ist.«
»Ich verstehe nur nicht, warum es auf ihn eine solche Wirkung hatte«, sagte Serafine. »Leandra hat oft genug Magie eingesetzt, aber er ist dabei nicht umgefallen.«
Desina zuckte mit den Schultern. »Durch die verschiedenen Ereignisse kam ich nicht dazu, mich länger mit ihr zu unterhalten. Jetzt ist sie eine Königin, wie ich höre, und stellt sogar den Kommandanten vor ein Problem. Was ich aber weiß, ist, dass in Eurer Heimat der
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