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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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rechteckigen Grundriss besaß, erinnerte es mich sehr an unser Haus in Gasalabad, zu dem ich jetzt überraschendes Heimweh verspürte.
    Vorsichtig gingen wir weiter, hier und da schreckten wir kleine Tiere auf, und als wir an eine Stelle kamen, an der über uns der Boden des nächsten Stockwerks eingebrochen war, wies Serafine nach oben. Dort, hoch über uns, hingen kopfüber gut drei Dutzend Fledermäuse und schliefen.
    »Ich mag die Biester nicht«, sagte sie. Ich hingegen war froh, dass es keine Spinnen waren.
    Mit etwas Mühe war der Gang im Erdgeschoss noch passierbar und führte uns wieder zum Durchgang am Eingang zurück, diesmal von der anderen Seite. Hier waren die Plünderungen nicht so deutlich, man musste über Schutt und Balken steigen, um hierher zu gelangen, und als ich die letzte Tür auf dieser Seite aufzog, fand ich dahinter einen eleganten Salon, der von Feuer und Plünderungen weitestgehend verschont geblieben war. Eine leichte Rußschicht lag über allem.
    Ein Spinett stand an einer Seite, hohe Regale enthielten Bücher, die verrußt und zum Teil aufgequollen waren – ein Anblick, der mir in der Seele wehtat. Zuerst fiel mir nichts weiter auf, und ich wollte den Raum schon verlassen, als ich etwas bemerkte, das mich stutzen ließ.
    »Helis?«, rief ich leise, trat näher an den Kamin heran und sah hoch zu dem Gemälde, das an der Wand darüber hing.
    »Ist das etwa Desina?«, fragte Serafine, als sie neben mich trat.
    »Es scheint so, nicht wahr?« Ich blickte mich suchend um: Dort stand ein schwerer Sessel, der mir einigermaßen stabil erschien. Ich zog ihn heran und stieg vorsichtig darauf, um mit der Hand sorgsam das gemalte Gesicht vom Ruß zu befreien. Es zeigte eine junge Frau, reich gekleidet, die lachend einem stolzen Hengst einen Apfel gab. Es war eine friedliche Szene, im Hintergrund erstreckten sich Wiese, Wald und bestellte Landschaft, vorn im Gras lag eine Decke mit einem Korb darauf sowie Geschirr, Wein, Brot und Käse. Neben dem Korb auf einem Stein standen zwei Gläser, die auf vertraute Zweisamkeit hinwiesen.
    Die Ähnlichkeit mit Desina war sehr deutlich, die Augen, die Lippen und das Kinn konnten glattweg die ihren sein.
    »Was macht Ihr da?«, fragte eine harte Stimme von der Tür. Ich war so vertieft in den Anblick gewesen, dass ich sie nicht hatte kommen hören. Beinahe wäre ich vom Sessel gefallen.
    Irgendwie überraschte es mich nicht, dass es die Prima selbst war, die dort im Türrahmen stand, die Haare offen, mit einem zornigen Ausdruck auf dem Gesicht, ein schlankes Schwert in ihrer Hand.
    »Oh«, sagte sie, als sie uns erkannte, und ließ das Schwert sinken. Dennoch schien sie wenig erfreut, uns hier zu sehen.
    »Eine Frau kam zu uns und sagte, dass hier ein Weg für uns liegen würde«, erklärte ich ihr. »Wir waren nur neugierig. War dies Euer Heim, Prima? Außer diesem Sessel haben wir nichts angefasst.«
    Doch sie hörte gar nicht zu. Wie gebannt schaute sie zu dem Bild auf. Sie hob die Hand zu einer Geste, sprach leise ein Wort, und etwas regte sich …
    Sie seufzte. »Verflucht! Ich hasse es, wenn ich es vergesse.« Sie meinte wohl ihre Magie, aber die Trauer in ihrer Stimme hatte damit wenig zu tun. Langsam trat sie an das Gemälde heran, und Serafine machte ihr Platz.
    »Es war mein Heim, aber nicht sehr lange. Ich erinnere mich nicht daran«, informierte sie uns mit belegter Stimme. »Meine Familie wurde hier von Meister Rolkar ermordet, mich versuchte er im Hafenbecken zu ertränken, als ich kaum drei Jahre alt war.« Noch immer schaute sie zu dem Gemälde auf. »Ich habe Bilder meiner Mutter gesehen, doch keines kommt diesem hier nahe.« Sie trat näher an das Bildnis heran und fuhr mit dem Finger über den Ruß. Darunter kamen prächtige Farben zum Vorschein.
    »Es ist etwas an diesem Bild«, meinte sie. »Kann es sein, dass …« Sie klopfte hart gegen den schweren Rahmen, und der größte Teil des Rußes fiel herab, wirbelte um mich herum und drang mir in Nase und Augen. Hustend und niesend sprang ich vom Sessel und blinzelte verzweifelt.
    Serafine reichte mir ihren Wasserbeutel, sodass ich mir die Augen auswaschen konnte, und als ich wieder sehen konnte, erkannte ich, dass dieser eine Schlag Desinas fast den gesamten Ruß vom Bild hatte fallen lassen.
    »Es ist völlig unbeschädigt«, stellte Desina überrascht fest. »Jemand hat es durch Magie geschützt, ich kann es deutlich fühlen!«
    »Eine glückliche Fügung«, stellte ich fest. »So bleibt

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