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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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lange nachzuhallen und ließ mich frösteln, als ich die Hand aus der flammenden Kugel zog.
    »Ich würde sagen, Roderic von Thurgau, dass Seine Worte deutlich sind«, flüsterte der Hohepriester. »Deutlich genug, auch wenn es Passagen gibt, die wir nicht verstehen.« Im Widerschein des göttlichen Lichts schienen auch seine Augen mit diesem Feuer zu lodern. »Seid Ihr der, von dem Er spricht?«
    Ich schluckte und räusperte mich. »Ja«, sagte ich mit rauer Stimme. »Es scheint so.«
    Neben mir gab Serafine einen erstickten Laut von sich, Tränen benetzten ihr Gesicht und leuchteten in dem Licht wie eine Spur von Sternen.
    Priester Jon führte uns schweigend in sein Amtszimmer zurück und verschloss die Tür, um sich dann gegen sie zu lehnen und uns anzusehen, sein Gesicht voller Gram und Verzweiflung. »Ich bin fast neunzig Jahre alt«, flüsterte er. »Lange wird mich der Gott nicht mehr in diesem Leben wandeln lassen. Ich habe darum gebetet, es nicht mehr zu erleben, dass dieses Schwert eingefordert wird.«
    »Befragt mich dazu«, meinte ich bitter. »Als ich es an mich nahm, wusste ich nicht, was meine Bestimmung sein würde. Ich habe versucht, mich ihr zu entziehen, aber das ist nicht möglich.«
    »O doch«, meinte der Priester und ging müde zu einem kleinen Schrank an der linken Seite, um ihn zu öffnen und drei reich verzierte Becher und eine Flasche herauszunehmen. »Wenn Ihr sterben solltet, bevor Ihr vor diesem dunklen Gott stehen könnt, um ihn zu bekämpfen. Denn wenn Ihr Er seid – wahrlich der seid, der sein Schwert führt –, bedeutet es nicht, dass Ihr unsterblich wärt oder unbezwingbar. Das Schwert kann Euch helfen, aber es ist nicht genug. Allein könnt Ihr nicht bestehen, Ihr braucht andere an Eurer Seite. Sie werden alle sterben, bis nur Ihr noch steht. Aber es braucht dieses Opfer, damit die Hoffnung weiterlebt.«
    »Es ist nicht gerecht«, flüsterte Serafine. »Es ist ganz und gar nicht gerecht.« Sie blickte zu mir, ihre Augen waren noch immer feucht, und zum ersten Mal, seit ich sie kannte, schien sie ihre Fassung nur mit Mühe zu bewahren. »Du hast mir versprochen, dass alles gut sein wird! Du hast es versprochen, Jerbil!«
    »Es gibt Dinge, die kann ein Mensch nicht versprechen, mein Kind«, sagte Jon und hielt uns die Becher hin.
    »Ihr versteht nicht«, begehrte Serafine auf. »Er vermochte es, mich nach meinem Tod zurückzurufen. Er besiegte den Tod! Wenn er etwas verspricht, dann hält er es, und nicht einmal die Götter selbst können es verhindern!«
    »Nur Soltar herrscht über das Leben und den Tod«, mahnte der Priester. »Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht, aber selbst wenn er der Engel ist, ist er nur Diener, nicht der Herr.«
    »Du hast es versprochen!«, sagte sie erneut, jetzt an mich gewandt, und hielt mir ihre Hände entgegen. »Du hast es versprochen, als das Feuer starb und die Kälte kam. Und du hältst immer dein Wort!«
    Ich nahm ihre Hände in meine, fühlte, wie sie zitterte, und zog sie an mich.
    Eines wusste ich mit Sicherheit: Jerbil Konai hatte jedes Wort ernst gemeint. Wie weit reichte der Wille eines Menschen? War er stark genug, den Göttern selbst zu trotzen? Zumindest konnte man nicht sagen, dass es Jerbil nicht versucht hätte. Wahrscheinlich war er genauso stur gewesen wie ich.
    »Wenn es möglich ist«, versprach ich ihr leise, »dann werde ich sein Versprechen halten.«
    Ich schaute über ihre Schulter hinweg zu dem Priester, der an seinen Schreibtisch gelehnt an seinem Becher nippte. Er wirkte niedergeschlagen und zeigte die Last seines Alters nun deutlich.
    »Wenn ich es bin, was dann? Gibt es weitere Weissagungen, einen Weg, den Ihr mir nennen könnt?«
    »Ich wünschte, es wäre so. Aber nein. Es ist notwendig, dass diese Schlacht geschlagen wird, damit die Hoffnung überlebt. Wie das gehen soll, was geschehen soll, welche Schritte im Einzelnen notwendig sind, das könnt nur Ihr wissen, in dem Moment, da sie getan werden. Ich kann Euch nur sagen, dass, obwohl dem Gott, den Ihr bekämpfen sollt, in der gleichen Prophezeiung sein Sieg verkündet wird, er Euch dennoch fürchtet.« Er zuckte leicht mit den Schultern. »Vielleicht weiß er mehr als wir oder versteht die Worte des Gottes besser. Wir wissen nicht einmal, welcher Gott es sein soll, der zu erschlagen ist. Ich dachte lange, es wäre der Namenlose selbst, doch zu vieles passt nicht.«
    »Das kann ich Euch sagen«, meinte ich. »Sein Name ist Kolaron Malorbian, und er trachtet nach dem

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