Der Kronrat (German Edition)
beiden sie an, doch sie warf sie in den Tempel. Kaum, dass sie den Boden berührten, fingen sie an zu schreien … den Rest habt Ihr selbst gesehen.«
»Wie hat sie diese beiden geworfen?«, fragte ich und sah zum Eingang hin, von dort bis zu den Stufen waren es gut und gerne zwanzig Schritt.
»Das sah ich nicht, es ging zu schnell … sie flogen in hohem Bogen. Verzeiht, aber mehr kann ich nicht sagen.«
Ich hätte die beiden nicht so weit werfen können … ich sah mich suchend um, doch ich sah keine Frau, die mir auffiel.
»Eine Sera?«, fragte Serafine. »Gebräunte Haut, pechschwarze Haare, in Schönheit von Astarte gesegnet?«
»Ja. Kennt Ihr sie?«, fragte der Priester.
»Vielleicht …«, lächelte Serafine. Sie sah zu mir hoch. »Gibt es noch etwas, das uns hier hält?«
Ich schaute zu dem Gott, dann zu dem Hohepriester und schüttelte den Kopf. »Für den Moment wohl nicht«, sagte ich.
»Doch … vielleicht«, widersprach der Hohepriester, der sich noch immer fassungslos die Aschehaufen besah. »Dort draußen auf den Treppen werdet Ihr einen Priesterschüler mit Namen Gerlon finden. Er … er ist sehr neugierig und forschend, und er hat etwas gefunden, das ihm seinen Frieden nimmt. Er irrt in dem, was er vermutet, doch vielleicht ist es besser, wenn Ihr mit ihm sprecht. Geht zu ihm, denn er war es, der in der Zitadelle nach Euch fragte.«
»Ich will wissen, was hier geschieht«, mischte sich der Priester ein, der uns am Anfang empfangen hatte und uns hatte hindern wollen, das Allerheiligste zu betreten. »Wie kommt es, dass die Verfluchten es schon wagen, unseren Tempel zu betreten?«
»Das ist Bruder Mircha«, stellte der Hohepriester uns den Mann vor. »Er wird mein Nachfolger sein. Bald.« Er warf Mircha einen mahnenden Blick zu. »Aber solange er noch nicht meine Robe trägt, wird er sich fügen müssen. Noch bin ich es, der die Worte unseres Gottes auslegt.« Er wandte sich nun direkt an Mircha. »Bis dahin forderst du nichts und lernst, bis du selbst fordern und lehren darfst. Bedenke, es ist Sein Tempel und nicht der unsere. Er war es, der diese Verfluchten bestrafte und Er wird seine Gründe haben, warum es so geschah.« Er wies auf die Reste der beiden Nekromanten. »Lasse ihre Reste entfernen und kümmere dich darum, dass in Seinem Haus wieder Frieden einkehrt.«
»Wie Ihr wünscht«, sagte der Preister und verbeugte sich tief vor Bruder Jon, doch es war leicht zu erkennen, wie schwer es ihm fiel.
Serafine und ich wechselten einen Blick und verbeugten uns hastig, um unseren Abschied zu nehmen, während Mircha mit geballten Fäusten dastand und mich mit einem Blick ansah, der mir diese Demütigung zur Last legte.
Diesmal hielt uns niemand auf, als wir uns zum Gehen wandten. Ich warf einen letzten Blick zurück zu meinem Gott, der still dastand. Ich fühlte seine Bürde auf mir lasten.
»Ich schwöre«, gelobte ich, als wir durch die Tempeltüren schritten, »dass ich mich nie wieder über zu viel Muße beschweren werde!« Ich sah mich um, doch niemand sonst schien uns aufzulauern. Nur der Priesterschüler, der mir diese Robe gegeben hatte, stand mit seinem Besen nicht weit von uns entfernt und tat so, als würde er uns nicht beachten, während er beständig die gleiche Stelle fegte. Ich wollte zu ihm gehen, doch Serafine griff mich am Ärmel und zog mich zur Seite.
»Havald«, sagte sie leise und eindringlich, während auch ihre Augen in den Schatten spähten, wo die beiden gelauert hatten. »Ich verstehe dich nicht, wie kannst du nur so ruhig sein! Wir haben eben erfahren, dass wir alle sterben werden!«
»Vielleicht.« Ich lächelte. »Es gibt Hoffnung, das hast du selbst gehört.«
»Havald!«, rief sie empört, und viel fehlte nicht, und sie hätte mit dem Fuß aufgestampft. »Ich meine es ernst! Erklär mir, wie du so ruhig bleiben kannst!«
»Ich bin es nicht. Aber nach dem ersten Schreck erkannte ich, dass wir nichts Neues erfahren haben. Wir wussten bereits, dass Kolaron Malorbian zum Gott werden will und nach dem Mantel Omagors trachtet. Wir wussten, dass wir gegen ihn ziehen werden, und dass die Wahrscheinlichkeit, gegen ihn zu bestehen, gering ist. Beachte, was wir über unseren Feind wissen, wie stark er ist, welche Macht und Fähigkeiten er besitzt. Muss ich dir wahrhaftig erklären, dass wir wenig Hoffnung auf einen Sieg haben können? Tatsächlich haben mir die Worte des Gottes Hoffnung gegeben. Der Nekromantenkaiser wird fallen. Die Tochter des Drachen wird ihn
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