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Der kuerzeste Tag des Jahres

Der kuerzeste Tag des Jahres

Titel: Der kuerzeste Tag des Jahres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Dubosarsky
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Jahres
    Mittwoch, der einundzwanzigste Juni, Wintersonnwende, kürzester Tag des Jahres und der Geburtstag von Samuel und Elias. Die Sonne sollte um 16.55 Uhr untergehen. Aber es war ein warmer, luftiger blauer Tag, warm genug, um keine Jacke zu tragen.
    Elkanah, Hannah und Theodora weckten Samuel mit seinen Geschenken und mit einer Orangentorte, auf der zwölf Kerzen steckten.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, murmelte Hannah, als sie ihm einen Kuss gab. Wie furchtbar blass er aussieht, dachte sie, und legte ihm eine Hand auf die Stirn. Aber er fühlte sich nicht heiß an – wenn überhaupt, dann eher zu kalt.
    »Mein Geschenk kriegst du nach der Schule«, sagte Theodora, die ihn ebenfalls küsste. »Es ist was Besonderes, ich musste es extra im Zeitungsladen bestellen.«
    Samuel lächelte schwach. Er fühlte sich nicht wohl. Hannah hatte schon gestern Abend seine Temperatur gemessen und ihm eine Vitamintablette gegeben, aber er hatte gespürt, dass sie dabei in Gedanken woanders gewesen war.
    »Glückwunsch zum zwölften Geburtstag!«, rief Elkanah theatralisch und verpasste ihm zwei ebenso theatralische Küsse, einen auf jede Wange. »Hier ist unser Geschenk für dich!«
    Samuel nahm das Päckchen entgegen, das in mit goldbeschwingten Engeln bedrucktes Papier gewickelt war, und riss es auf. Es war ein Nintendo, der jeden Sieg des Spielers mit mordsmäßigem Lärm untermalte.
    »Danke!«, sagte er grinsend und fühlte sich schon ein wenig wacher. Hannah schnitt ihm ein über und über mit Zuckerguss bedecktes Stück Torte ab und hielt es ihm hin.
    »Habt ihr auch an den Kuchen für Zaide gedacht, für heute Abend?«, fragte er, denn sie hatten beschlossen, heute Abend, nach dem Geburtstagsessen in der Pizzeria um die Ecke, noch eine Schokoladentorte zu essen. Unter dem Bett lag sein Geschenk für Elias: Ein Sortiment Blumenzwiebeln in Packpapier, mit dem er die Kübel auf seinem Balkon bepflanzen konnte.
    »Ach, Schatz!« Hannah schaute ihn betroffen an. »Es tut mir so leid. Ich hab dir das noch gar nicht gesagt.«
    »Was denn?« Samuel verspürte einen plötzlichen panischen Stich.
    »Zaide wird heute Abend nicht bei uns sein, Schatz. Er hat mich gestern angerufen. Er muss heute zu einer Konferenz nach Brisbane.«
    Samuel gab keine Antwort. Er zerknüllte das Packpapier zwischen seinen Fäusten.
    »Musste er unbedingt heute da hin?« Elkanah hob irritiert die Hände. »Gott, der Mann ist wirklich schwierig!«
    »Es ist sehr wichtig«, presste Hannah zwischen ihren Zähnen hervor. »Sonst wäre er nicht gefahren, das weißt du doch. Es geht um Tollwut.«
    »Ach, na dann, wenn es um Tollwut geht«, murrte Elkanah. »Das ist natürlich was anders, nicht wahr?«
    Hannah schoss einen ihrer wütendsten Blicke auf ihn ab. In Wahrheit war sie genauso sauer auf Elias. Elias nahm öfter an Konferenzen teil, wo es um die eine oder andere seltene Krankheit ging, aber er hätte sich keine schlechtere Gelegenheit dafür aussuchen können, zumal er wusste, wie viel Samuel an ihrem gemeinsamen Geburtstag lag. Besonders jetzt, wo sie nach Amerika ziehen würden. Schließlich mochte das, auf lange Zeit, der letzte Geburtstag sein, den sie miteinander verbrachten. Sie hatte versucht, das ihrem Vater klarzumachen, aber er war ein dickköpfiger, halsstarriger alter Mann.
    Samuel schluckte sein Stück Torte hinunter, Tränen in den Augen. Er versuchte sie zurückzuhalten, um Hannah nicht aufzuregen, die sich doch so viel Mühe gab. Aber er war zutiefst verletzt, wie ein Apfel, den ein kaltes Messer unerwartet in zwei Hälften zerteilt hatte.
    Normalerweise gingen Samuel und Theodora zu Fuß zur Schule, aber an diesem Morgen wurden sie von Hannah gefahren. Sie nahm den Wagen, weil der in einer Werkstatt nahe dem Krankenhaus repariert werden sollte. Elkanah fuhr auch mit – sie würde ihn in der Innenstadt absetzen, weil er Lust hatte, sich ein paar Geschäfte anzusehen.
    »Heute Abend Pizza?«, rief Hannah aus dem Wagenfenster, als sie ihnen zum Abschied zuwinkte.
    Samuel nickte und hob eine Hand. Theodora stürmte, ohne sich noch einmal umzudrehen, durch das Schultor – sie liebte Schule.
    »Armer kleiner Kerl«, sagte Hannah, während sie den ersten Gang einlegte. »Wie zwölf sieht er nicht aus, oder?«
    »Er ist genauso groß wie Theodora«, bemerkte Elkanah.
    »Sicher, das weiß ich«, gab Hannah zurück. »Ich meine eher sein Gesicht, glaube ich. Seine Augen.«
    Sie zuckte zusammen, als der Wagen mit einem

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