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Der Küss des schwarzen Falken

Der Küss des schwarzen Falken

Titel: Der Küss des schwarzen Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara McCauley
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ihrer Eltern, nippte an ihrem Champagner und genoss den wundervollen Sommerabend. Hinter ihr im Haus war der Benefizabend für die Stiftung in vollem Gang. Grace wusste, dass es noch eine lange Nacht werden würde.
    Normalerweise war sie bei solchen Gelegenheiten in ihrem Element. Und auch der heutige Abend schien für die Stiftung und für ihre Pferde ein voller Erfolg zu werden. Aber eigentlich war nichts mehr normal, seitdem sie von ihrem Trip zum Black River Canyon und nach Wolf River zurückgekehrt war. Alles war anders, sie selbst war eine andere geworden.
    Seufzend blickte sie über die Terrasse hinweg auf den beleuchteten Swimmingpool. Sie empfand ein Gefühl der Leere.
    “Gracie.” Es war ihre Mutter. “Hier steckst du. Läuft nicht alles fabelhaft? Hey, was machst du für ein Gesicht?”
    Früher hatte ihre Mutter immer gesagt: ‘Wenn du so ein langes Gesicht machst, wirst du am Ende noch drauftreten.’ Der alberne Spruch hatte meist gereicht, um sie wieder zum Lachen zu bringen. Heute war ihr aber nicht nach Lachen zumute, ganz und gar nicht, obwohl sie sich den etwa hundertfünfzig Gästen zuliebe natürlich bemühte, ein Lächeln aufzusetzen und unbeschwert mit ihnen zu plaudern. Aber Roanna Sullivan, ihre Mutter, konnte sie damit nicht täuschen.
    “Du siehst wundervoll aus heute Abend, Mom”, sagte Grace, um von sich abzulenken.
    In der Tat war Roanna – oder Ronnie, wie sie von ihrer Familie und Freunden genannt wurde – mit ihren gut fünfzig Jahren noch immer eine blendende Erscheinung, nach der sich noch mancher Mann auf der Straße umdrehte.
    “Danke, Liebes”, antwortete sie. “Aber gegen dich kommt heute Abend keine Frau an. Wenn du nur mal ein bisschen lachen würdest. Seitdem du zurück bist, hast du nicht ein einziges Mal auch nur gelächelt.”
    Grace trank einen weiteren Schluck von ihrem Champagner. Es hätte von ihr aus auch Apfelsaft sein können. Im Augenblick hatte sie nur den Wunsch, das Thema zu wechseln. “Meinst du nicht, dass wir uns um die Pastete kümmern müssten, bevor sie uns ausgeht? Ich hatte vorhin das Gefühl, dass nicht mehr viel da ist.”
    Unter gewöhnlichen Umständen hätte allein der Gedanke an eine solche Möglichkeit gereicht, um Roanna, die als Tochter einer Upperclassfamilie in Georgia erzogen worden war und als Gastgeberin einen ausgeprägten Hang zur Perfektion hatte, in helle Aufregung zu versetzen. Heute aber schien etwas anderes sie mehr zu beschäftigen.
    “Grace”, begann sie ernst, “du bist jetzt seit fünf Tagen wieder hier. Willst du mir nicht endlich sagen, was mit dir los ist?”
    Erst fünf Tage? Du lieber Himmel, dachte Grace. Ihr kamen sie vor wie fünf Jahre! Sie wich dem Blick ihrer Mutter aus und ließ ihren Blick über die Gesellschaft schweifen, die in dem riesigen Salon des Hauses versammelt war. Aus diesem Meer aus Smokings, Abendkleidern und glitzerndem Schmuck summte es wie ein Bienenstock, kaum übertönt von einer kleinen Kapelle im hinteren Teil des Raums. Der Raum war mit großen Bouquets aus gelben und roten Rosen und weißen Lilien geschmückt, deren Duft sich überall verbreitete. Die Bedienung trug weiße Handschuhe. Auf silbernen Tabletts wurden Pilzpastetchen und Lachs auf Toast angeboten. Alles bot ein Bild von Eleganz und Wohlhabenheit, wie man es sich perfekter kaum vorstellen konnte.
    Und all das hätte Grace, ohne eine Sekunde zu überlegen, eingetauscht gegen weiße Bohnen in Tomaten aus der Dose, heiß gemacht über einem Lagerfeuer irgendwo in der Wildnis an der Seite von Rand Blackhawk.
    Trotzdem war es richtig gewesen, so auseinanderzugehen, wie sie es getan hatte: keine Tränen, keine Peinlichkeiten – so war es für beide Teile am einfachsten. Einfach? Grace hätte bei diesem Gedanken fast gelacht. Denn einfach war es nun bestimmt nicht. Es war so ziemlich das Härteste, was sie durchgemacht hatte. In Wolf River hatte sie sich einen Mietwagen mit Chauffeur genommen. Die Heimfahrt über hatte sie auf dem Rücksitz entweder geweint oder sich gut zugeredet: ‘Das Leben geht weiter …’ Und ähnliche schöne Spruchweisheiten. ‘Es ist besser, einmal geliebt zu haben, auch wenn es eine unglückliche Liebe war, als nie geliebt zu haben.’ Diese Weisheit war ihr am häufigsten eingefallen.
    Zu Hause hatte sie dann wie eine dumme Gans darauf gehofft, dass Rand anrief und ihr sagte, dass er sie vermisse, dass er sie fragte, wie es ihr gehe. Natürlich hatte er nicht angerufen. Doch was sie

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