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Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Titel: Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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gezogen und abgeschraubt, bis die Bürste wieder zum Vorschein kam.
    Sneed, der mittlerweile recht betrunken war, nuschelte: »Fertig. Pack ein.«
    ›Klar mach ich das‹, dachte Swinburne. ›Nach der ganzen Arbeit, die du geleistet hast, musst du sehr erschöpft sein!‹
    Er legte die Stangen und die Bürste zurück in die Tasche und rollte die Sackleinenstücke einzeln zusammen, wobei er den Ruß sorgfältig darin einschloss. Als er fertig war, lag trotzdem auf jedem Fleckchen des Raumes eine Schicht schwarzen Staubs, den er mit Kehrbesen, -schaufel und einem feuchten Lappen beseitigen musste.
    Als er gerade fertig war, steckte eine Kehrkatze den Kopf durch den Türrahmen, begutachtete den Raum und leckte sich die Lippen.
    »Gerade rechtzeitig. Hau rein!«, rief Swinburne, als die Katze hineinschlich und anfing, den Raum der Länge nach abzuschreiten. Ihre langen, statisch aufgeladenen Haare würden die letzten Rußpartikel anziehen, und wenn jeder Zentimeter des Bodens saubergefegt war, würde sich die Kehrkatze sauberlecken und den Staub verdauen.
    Es war nach sieben, als sie den Wagen aus der Hanbury Street lenkten. In Sneeds Tasche klimperten Münzen. Bald würde er sie in Bier verwandeln, auch wenn er ein paar Schilling auf die hohe Kante legen musste, um die Vereinigung der Kaminkehrer zu bezahlen und so einem Besuch der berüchtigten ›Folterer‹ der Organisation zu entgehen.
    Wäre Swinburne ein echtes Mitglied der Vereinigung gewesen, hätte er am Ende der Woche von ihr seinen Lohn erhalten, einen festen Betrag, ganz gleich, wie viele Aufträge er erledigt hatte. Für die Jungen war es ein gutes System, denn sie hatten ein sicheres Einkommen, während sie vor den schlimmsten Grausamkeiten der Meisterkehrer beschützt wurden, die selbst bis zum Alter von vierzehn Jahren Mitglieder der Vereinigung gewesen waren.
    Einmal ausgeschieden und nicht länger unter dem Schutz des Käfers, fielen die ehemaligen Mitglieder meist schnell dem Elend des East Ends zum Opfer, denn kaum einer konnte es sich leisten, anderswo zu leben. Sie hatten ihre eigene Gewerkschaft – die Bruderschaft der Meisterkehrer –, doch ohne die eiserne Hand des Käfers sorgte der verderbliche Einfluss der Armut, des Verbrechens und des Alkohols schnell dafür, dass aus kleinen Jungen wie Charlie und Ned sadistische Trunkenbolde wie Vincent Sneed wurden. Im Kessel war dies die natürliche Ordnung, und selbst Charles Darwin hätte Schwierigkeiten gehabt, hier irgendein Anzeichen von Evolution zu entdecken.
    Algernon Swinburne hielt den Wagen vor dem Geflügelhändler an und reichte dem Zinken die Fahrleinen. Er sprang hinunter und nahm einen Sack vom Rücksitz. Darin lag die tote Gans, der Sneed nach der Tortur im Kaminschacht den Hals umgedreht hatte.
    »Kannst die Sachen morgen früh saubermachen«, verkündete Sneed in einem untypischen Anfall von Großzügigkeit. Er schnalzte mit der Zunge, ruckte an den Fahrleinen und das Pferd trottete davon. Swinburne würde später allein nachkommen müssen. Erst hatte er noch einen Job zu erledigen.
    »’n Abend, Mr Jambory«, grüßte er den großen fetten Besitzer mit dem dreifachen Doppelkinn fröhlich.
    »Hey, Kleiner. Hab doch gesagt, die Gans flattert! Du bist schwarz wie die Nacht!«
    »Das hat sie in der Tat, Sir. Äußerst effizient! Wirklich äußerst effizient!«
    »Na prima. Dann nimm sie mit nach hinten und rupf sie.«
    Swinburne nickte und trug den Sack in den kleinen Hof hinter dem Laden. Er setzte sich auf einen kleinen Hocker, zog den Vogel hervor und begann, ihm die rußgeschwärzten Federn auszureißen.
    Der Regen fiel ihm sanft in den Nacken. Er verwandelte die Federn und den Dreck zu seinen Füßen in grauen Schlamm. DieHälfte seines Bewusstseins schien sich zurückzuziehen, und er döste ein, während die andere Hälfte seine Finger über den Körper der Gans fahren ließ. Er zitterte vor Kälte und Erschöpfung.
    Eine knappe Stunde später präsentierte Swinburne Mr Jambory den rosafarbenen Kadaver.
    »Guter Junge!«, rief der fette Mann aus. »Hast du Hunger?«
    »Ich kipp gleich aus den Latschen«, gab Swinburne zu.
    »Wie wäre es mit einem Glas Milch und einem Stück Brot mit Bratfett?«
    Für den Dichter, der in Londons besten Restaurants gespeist hatte, klang das wie der Speiseplan der Götter.
    »Oh ja, bitte!«, keuchte er.
    Einige Zeit später lief Swinburne, ausgeruht und mit angenehm vollem Magen, durch die sich langsam verlaufende Menschenmenge auf der

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