Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)
hustete leicht. »Bitte entschuldigen Sie«, sagte er. »Meine Bemerkung war unangemessen.«
»Laut diesem Bericht ist Unangemessenheit eine Ihrer Spezialitäten. Wer war Colonel Corsellis?«
» Ist , Sir, er lebt noch. Als ich ihn kennenlernte, war er stellvertretender Truppenbefehlshaber.«
Palmerston versuchte erfolglos, die Augenbrauen hochzuziehen, als er laut vorlas: »Hier liegt der Leichnam von Colonel Corsellis . Der Rest des Kameraden, so denk ich, in der Höll’ ist.«
Burtons Mundwinkel zuckten. Diesen jugendlich holprigen Vers hatte er vergessen.
»Er hatte mich gebeten, etwas über ihn zu schreiben. Das muss man gerechterweise anmerken.«
»Ich bin mir sicher, das Ergebnis hat ihn entzückt«, erwiderte Palmerston abfällig. Seine Finger klopften ungeduldig auf die Tischplatte. Er sah Burton nachdenklich an.
»Sie standen von ’42 bis ’49 im aktiven Dienst der 18. Bombay Native Infantry. Es scheinen sieben Jahre wiederholter Insubordination und regelmäßigen Genesungsurlaubs gewesen zu sein.«
»Alle Männer wurden krank, Sir. Indien war der Gesundheit zu dieser Zeit nicht gerade zuträglich. Was die Insubordination angeht: Ich war jung. Eine andere Entschuldigung habe ich nicht.«
Palmerston nickte. »Wir alle machen Fehler, wenn wir jungsind. Bei den meisten von uns werden sie vergeben und der Vergangenheit überlassen, der sie angehören. Ihnen jedoch haften Ihre Vergehen immer noch an. Ich beziehe mich selbstverständlich auf Ihre fehlgeleitete Untersuchung in Karachi und die Gerüchte, die damit in Verbindung stehen.«
»Sie meinen meinen Bericht über die Männerbordelle?«
»Ja.«
»General Napier war in Sorge, dass eine große Anzahl der britischen Truppenmitglieder jene Etablissements aufsuchen würde. Er bat mich herauszufinden, wie verderblich diese Orte und die Praktiken, die man dort ausübte, wirklich waren. Ich habe getan, was er verlangt hat. Ich habe es herausgefunden.«
»Laut Pringle sind Sie zu tief in die Sache eingedrungen.«
»Interessante Wortwahl.«
»Seine Worte, Burton, nicht die meinen.«
»Tatsächlich. Ich habe schon oft darüber nachgedacht, dass ein Mann, gibt er einem Wort Vorzug vor einem anderen, oft weit mehr über sich verrät, als er wollte.«
»Und was hat Pringle Ihrer Meinung nach verraten?«
»Dieser Mann hat böswillig meinen Namen in Verruf gebracht. Er beschuldigte mich, sich genau der Sittenlosigkeit hingegeben zu haben, die man mich zu untersuchen geschickt hatte. Seine Hetzjagd kulminierte letztlich in einer irrationalen Besessenheit, die, so glaube ich, nur einen Schluss zulässt.«
»Der da wäre?«
»Sein kläglich unterdrücktes Verlangen, eben jene Taten selbst zu begehen.«
»Das ist eine gewagte Anschuldigung.«
»Das ist keine Anschuldigung, sondern eine Vermutung, noch dazu in einem vertraulichen Gespräch geäußert. Vergleichen Sie das mit den tobenden Einwänden, die er öffentlich gegen mein zur Gänze erfundenes Verhalten vorgebracht hat. Seit jener Zeit behindern seine Anschuldigungen meine Karriere. Er hätte mich beinahe ruiniert.«
Palmerston nickte und blätterte eine Seite weiter.
»Sie wurden daraufhin bei der Vergabe der Position als oberster Übersetzer übergangen?«
»Zugunsten eines Mannes, der neben seiner eigenen eine einzige weitere Sprache beherrschte, ja.«
»Das erscheint mir recht absurd.«
»Es freut mich, dass endlich jemand diese Tatsache zur Kenntnis nimmt.«
»Sie klingen verbittert.«
Burton antwortete nicht.
»Sie haben also die Armee der East India Company aus gesundheitlichen Gründen verlassen?«
»Ich litt an Malaria, Ruhr und Ophthalmie.«
»Und Syphilis«, fügte Palmerston hinzu.
»Danke, dass Sie mich daran erinnern. Die Ärzte waren der Meinung, ich würde nicht überleben. Ich übrigens auch.«
»Und Ihr jetziger Gesundheitszustand?«
»Die Malaria macht sich hin und wieder bemerkbar. Eine Dosis Chinin unterdrückt sie für gewöhnlich.«
»Oder ein bis zwei Flaschen Gin?«
»Wenn nötig.«
Eine weitere eng beschriebene Seite voller Bemerkungen wurde umgedreht.
»1850 sind Sie aus gesundheitlichen Gründen nach England zurückgekehrt und haben sich daraufhin auf Ihre mittlerweile berühmte Pilgerreise nach Mekka und Medina vorbereitet.«
»Das ist richtig, Herr Premierminister. Darf ich fragen, warum wir meinen Lebenslauf besprechen?«
Lord Palmerston warf ihm einen unheilvollen Blick zu. »Alles zu seiner Zeit, Burton.«
Der alte Mann betrachtete die nächste
Weitere Kostenlose Bücher