Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Titel: Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
Vom Netzwerk:
Beschönigung fasste Burton den Angriff der letzten Nacht zusammen. Palmerston hörte aufmerksam zu und verharrte so bewegungslos, dass er sich tatsächlich in eine der Wachsfiguren hätte verwandelt haben können, denen er so ähnlich sah.
    Als Burton fertig war, bat ihn der Premierminister, den Stelzenmann näher zu beschreiben.
    »Er war groß und ausgezehrt, mit langen dünnen, aber starken,drahtigen Gliedmaßen. Sein Kopf steckte in einem großen schwarz glänzendem, kugelförmigen Helm, eingehüllt in blaue Flammen. Aus der Kopfbedeckung heraus starrten mich rote, wahnsinnige Augen an. Das Gesicht glich einem Totenschädel: die Wangen eingefallen, die Nase messerscharf, der Mund nur ein Schlitz. Er trug ein hautenges weißes Kostüm, dessen Stoff in der Beschaffenheit den Schuppen eines Fisches glich. Über den Schultern hatte er einen langen schwarzen Umhang mit weißem Innenfutter, und auf der Brust war ein kreisrundes, lampenähnliches Gebilde angebracht, das rötlich leuchtete und Funken sprühte. Seine Hände waren knochig und klauenartig. Füße und Unterschenkel steckten in engen Stiefeln, aus denen ein sprungfederähnlicher Mechanismus hervorstand, der an sechzig Zentimeter hohen Stelzen befestigt war.«
    Burton hielt inne.
    »Als ich auf Pilgerreise war«, fuhr er leise fort«, gab es viel Gerede über böse Dschan …«
    »Dschan?«, fragte Palmerston dazwischen.
    »Entschuldigen Sie. Das ist der Plural von ›Dschinn‹, den bösen Geistern, die angeblich die Wüsten heimsuchen. Ich halte mich für einen halbwegs intelligenten Mann, also habe ich das Gerede selbstverständlich als reinen Aberglauben abgetan. Aber wenn Sie mir jetzt erzählen würden, dass ich letzte Nacht einer solchen Kreatur gegenüberstand, wäre ich unter Umständen bereit, Ihnen zu glauben.«
    »Vielleicht war es so«, entgegnete Palmerston. Er blickte kurz nach unten, als das Instrument auf seinem Schreibtisch erzitterte und eine Rauchwolke ausstieß.
    »Haben Sie jemals von Spring Heeled Jack gehört?«
    Burton sah überrascht aus.
    »Wie bitte?«
    Burton hatte natürlich davon gehört. Sprungfeder-Jack war eine Schreckensgestalt, ein Märchengespenst, mit dem Mütter ihren unartigen Kindern drohten: ›Benimm dich! Oder Spring Heeled Jack kommt dich holen!‹
    »Also ein Spion im Kostüm einer Spukgestalt?«, dachte Burton laut. »Aber warum? Und warum sollte er mich angreifen? Was interessiert ihn an Lord Russels Vorschlag, dass Sie mich zum Konsul berufen?«
    »Vielleicht ist er mehr als ein Spion«, bemerkte Palmerston. »Captain Burton, ich möchte, dass Sie mit Detective Inspector William Trounce vom Scotland Yard sprechen. Er war 1840 beim Attentat dabei, als er noch Constable war. Er behauptete damals, die Schauergestalt Spring Heeled Jack am Tatort gesehen zu haben und hält, trotz des Widerstands seiner Vorgesetzten, noch heute daran fest, dass die Kreatur wirklich existiert und nicht nur als eine durch Panik oder Hysterie hervorgerufene Illusion in seinem Hirn entstanden ist, wie andere es ihm ständig versichern. Es hätte ihn beinahe seine Karriere gekostet. Zehn Jahre lang war er die Lachnummer des Yards und hat seine derzeitige Position nur durch beharrliche Entschlossenheit und harte Arbeit erreicht. Sie tragen Ihr Päckchen, Burton, Spring Heeled Jack ist das seine.«
    Der Entdecker breitete achselzuckend die Arme aus.
    »Zu welchem Zweck soll ich denn mit ihm sprechen?«
    »Als Einstieg in Ihren zweiten Auftrag. Ich habe von einer Anstellung gesprochen. Unser Monarch möchte Sie als – wir haben keine bessere Bezeichnung – ›Agenten‹ in Seinen Dienst stellen. Die Position ist einzigartig, Sie werden Angelegenheiten untersuchen, die möglicherweise außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Polizei liegen oder aufgrund ihrer Natur eine etwas außergewöhnlichere Herangehensweise erfordern, als der Scotland Yard bieten kann. Sie werden dem Buckingham Palace und mir unterstellt sein und die Polizeikräfte befehligen können, wenn es nötig ist. Wir leben in unruhigen Zeiten, Mr Burton. Die Technokraten rütteln an den Grenzen der Ethik, die Libertins an denen der Moral. Beide Gruppierungen verfügen über zu viel Macht, und in beiden gibt es extremistische Lager. Das Königshaus sorgt sich, dass die Wissenschaft unsere Kultur zu stark und zu schnell verändert, und das ohne die nötige Zeit für Beratung und Besinnung.Für das Wohl des Empires brauchen wir jemanden, der Geheimnisse enthüllen und

Weitere Kostenlose Bücher