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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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vermieteten. Hathall wurde ihr hörig, und sie ermordete Hathalls Frau. Sie ist nicht tot, Lovat, sie hat seitdem die ganze Zeit als Hathalls Geliebte in London gelebt… Wann war das, wann ist sie verschwunden?«
    »Soweit wir wissen im August oder September letzten Jahres, Sir«, sagte der Sergeant, und er brachte den Wagen auf dem Kies vor Hightrees Farm zum Stehen.
    Dem Ansehen von Mid-Sussex sei es höchst unzuträglich, wenn Hathall die Flucht gelänge. So lautete zu Wexfords Verblüffung die Meinung von Charles Griswold. Und er bemerkte denn auch, wie eine leichte Welle des Unbehagens das staatsmännische Gesicht rötete, als der Chief Constable sich gezwungen sah, diese Theorie für stichhaltig zu akzeptieren.
    »Dies ist ein wenig mehr als bloß ›Gefühle‹, meine ich, Reg«, sagte er, und dann rief er höchstpersönlich den Londoner Flughafen an.
    Wexford, Lovat und Hutton mußten lange warten, ehe er zurückkam. Als er schließlich erschien, berichtete er, daß Robert Hathall und eine Frau, die als Mrs. Hathall reiste, auf der Passagierliste der Maschine nach Rio stünden, die um zwölf Uhr fünfundvierzig startete. Die Flughafenpolizei würde angewiesen, beide wegen Verdachts auf arglistige Täuschung festzunehmen. Man müsse also umgehend einen Haftbefehl ausstellen.
    »Sie muß auf seinen Paß reisen.«
    »Oder auf Angelas«, sagte Wexford. »Den hat er noch. Ich erinnere mich, ich habe ihn gesehen, aber er blieb dann bei ihm in Bury Cottage zurück.«
    »Überhaupt kein Grund zur Verzweiflung, Reg. Besser spät als gar nicht.«
    »Darf ich darauf aufmerksam machen, Sir«, sagte Wexford betont höflich, wenn auch mit einer gewissen Schärfe in der Stimme, »daß es jetzt zwanzig vor zwölf ist. Ich kann nur hoffen, daß wir noch rechtzeitig kommen.«
    »Oh, der entwischt uns ja nicht mehr«, meinte Griswold leichthin und forsch. »Sie halten ihn doch auf dem Flugplatz fest, wohin Sie sich jetzt bitte umgehend begeben werden. Umgehend, Reg. Und morgen früh können Sie dann auf einen Weihnachtsdrink herüberkommen und mir alles berichten.«
    Sie fuhren nach Kingsmarkham zurück, um Burden mitzunehmen. Der Inspector stand in der Halle, blickte durch seine Brillengläser auf den Umschlag in seiner Hand, fuchtelte wütend damit dem verdutzten, diensthabenden Sergeant vor der Nase herum und fragte, wer sich die Frechheit erlaubt hätte, ihm Pornographie zuzuschicken.
    »Hathall?« sagte er, als Wexford berichtete. »Das kann doch nicht wahr sein. Sie machen einen Witz!«
    »Los, steigen Sie ein, Mike, ich erzähle Ihnen unterwegs alles. Nein, Sergeant Hutton wird es uns unterwegs erzählen. Was haben Sie denn da? Künstlerische Fotografie? Ach, jetzt verstehe ich, wozu Sie eine Brille brauchten.«
    Burden gab als Antwort ein wütendes Schnauben von sich und wollte sich lang und breit über seine Unschuld ergehen, aber Wexford schnitt ihm das Wort ab. Er hatte jetzt keine Ablenkung mehr nötig. Auf diesen Tag hatte er gewartet, auf diesen Moment – und das seit fünfzehn Monaten. Er hätte seinen Triumph in die prickelnde, blaue Luft, in die frühlingshafte Sonne hinausbrüllen mögen. Sie fuhren in zwei Wagen. In dem ersten saßen Lovat und sein Fahrer und Polly Davis, im zweiten Wexford, Burden und Sergeant Hutton mit ihrem Fahrer.
    »Ich möchte alles hören, was Sie mir über Morag Grey erzählen können.«
    »Sie war – ich meine ist – Schottin, Sir. Aus dem Nordwesten Schottlands, aus Ullapool. Aber dort oben gibt es nicht viel Arbeit, und so ging sie nach Süden und nahm eine Stellung an. Grey lernte sie vor sieben oder acht Jahren kennen. Sie heirateten und bekamen diesen Job in Maynnot Hall.«
    »Was, er machte den Garten, und sie putzte das Haus?«
    »Richtig. Ich verstehe zwar nicht ganz, warum, denn allem Anschein nach war so ein Job ziemlich unter ihrem Niveau. Laut Aussage ihrer Mutter und – was wohl stichhaltiger ist – ihres Arbeitgebers in Maynnot Hall hatte sie eine vernünftige Ausbildung und war recht intelligent. Ihre Mutter sagt, Grey habe sie heruntergezogen.«
    »Wie alt ist sie, und wie sieht sie aus?«
    »Sie dürfte jetzt zweiunddreißig sei, Sir. Dünn, dunkelhaarig, keine besonderen Merkmale. Sie erledigte die Hausarbeit in Maynnot Hall und hatte darüber hinaus auch noch außerhalb Putzstellen. Eine davon war bei Kidds, im März vor einem Jahr, aber da blieb sie nur zwei oder drei Wochen. Dann wurde Grey fristlos entlassen, weil er der Frau seines Arbeitgebers ein paar

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