Der Kuss der Sirene
Hand an den Wartenden vorbeiführen. Ich blicke kurz auf und stolpere fast über meine eigenen FüÃe.
Da sind Cole und Nicki! Sind die beiden jetzt etwa zusammen? Oder sind sie nur als Freunde hier? Ich meide ihren Blick. Kristi ist auch hier. Sie hat einen Jungen dabei, mit dem ich sie in der Schule habe reden sehen. Die machen doch wohl nicht auch ein Doppeldate?
Warum fühle ich mich auf einmal, als würde mein Innenleben mit einem Mixer durchgerührt? Das ist doch nur Nicki! Cole hat niemals ein Date mit ihr. So schnell kann er nicht über mich hinweggekommen sein.
Aber ich bin mit Erik hier. Cole muss denken, dass ich ziemlich schnell über ihn hinweg bin.
Erik hat wohl meinen verstörten Gesichtsausdruck bemerkt, spricht mich aber nicht darauf an. Er bemüht sich sogar, mich abzulenken. »Was magst du jetzt machen?«, fragt er. Wir gehen an einer der Spielbuden vorbei und eine schrille Glocke ertönt.
»Tanzen wir?«
»Ist das eine Frage?« Er schaut mich an.
»Nein, es ist eine Bitte.«
Er strahlt mich an. »Diese Bitte kann ich leicht erfüllen.«
Ich habe keine Ahnung, wo Sienna abgeblieben ist, aber ich kann mich auch nicht dazu aufraffen, nach ihr zu suchen. Wir schlängeln uns an Buden, Rummelbesuchern und weiteren Mitschülern vorbei, die zu vertieft in ihre Gespräche sind, um uns zu bemerken, bis wir die Tanzfläche erreichen. Sie ist von Strohballen umgeben und brechend voll â alte und junge Paare wirbeln herum.
Die Band ist von Country zu Swing übergegangen und alle flippen völlig aus.
»Ãh, weiÃt du, wie man Swing tanzt?«, frage ich und schneide Grimassen.
»Ja.«
»Im Ernst?«
»Klar. Und du?«
»Wir haben es letztes Jahr im Turnunterricht gelernt, aber ich hab nicht grade geglänzt«, antworte ich und werfe ihm einen entschuldigenden Blick zu. »Deine Zehen werden einiges ertragen müssen.«
»Das werden wir ja sehen.«
Er zieht mich ins Gedränge der Tänzer, dann wirbelt er mich so schnell herum, dass ich kaum Luft bekomme. Er legt seine Handflächen auf meine und unsere Finger verschlingen sich ineinander. »Du musst mir nur vertrauen, dann läuft alles wie geölt.«
Plötzlich zieht er mich ganz nah zu sich, ich sehe mich schon gegen seine Brust knallen und über seine FüÃe stolpern, aber im letzten Moment stöÃt er mich wieder weg. Um ein Haar verliere ich das Gleichgewicht, doch er dreht meinen Arm über meinen Kopf und ich bewege mich dadurch im Kreis. Für den Bruchteil einer Sekunde berührt mein Rücken seine Brust, doch schon wirbelt er mich wieder in die entgegengesetzte Richtung. SchlieÃlich greift er nach meiner freien Hand und ich ende in der Stellung, in der wir angefangen haben.
Ich muss herzhaft lachen, denn ich habe keine Ahnung, wie er das gemacht hat, und wir tanzen immer weiter. Im Nu habe ich mich seinem Rhythmus angepasst. Ab und zu verliere ich noch das Gleichgewicht, aber er hält mich jedes Mal. Wir fliegen förmlich über die Tanzfläche, drehen uns, biegen uns, wirbeln herum. Ein Stück geht in das nächste über, ich bin mir nicht mal mehr sicher, ob das noch Swing ist.
Ich verliere mein Zeitgefühl, obwohl das Verlangen nach dem Meer immer stärker wird. Ein solches Wunder ist nur mit Erik möglich. Ich weiÃ, dass er mich zurückhalten würde, deshalb kann ich mich entspannen und den Abend genieÃen.
SchlieÃlich geht der schnelle Rhythmus in eine getragene Melodie über â ein Liebeslied. Jetzt erst werde ich langsamer.
Erik lässt meine linke Hand los, damit er seinen Arm um meine Taille legen kann. Er zieht mich zu sich heran, sein Körper ist wärmer als die Nacht.
Kapitel 26
Eine Woche später fährt Siennas blaues Coupé hinter Nickis dunklem Mitsubishi Sedan auf einem besonders kurvenreichen Abschnitt der Route 101. Dunkle Gewitterwolken hängen am Himmel. Es ist eine besonders gefährliche Teilstrecke dieses Highways. Zu unserer Linken rahmen Klippen die StraÃe, in der Tiefe zu unserer Rechten leckt das Meer an den Felsen. Bald wird sich die StraÃe verengen. Obwohl es bis zum Sonnenuntergang noch gut eine Stunde hin ist, scheint es mir unnatürlich dunkel.
Erik und ich haben uns in den Rücksitz von Siennas Coupé gequetscht. Hip-Hop dröhnt aus den Lautsprechern und Eriks Hand ruht auf meinem Knie. Es ist zu laut zum
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