Der Kuss der Sirene
»Wenn du nicht mehr schwimmen musst, wirst du wieder schlafen können.«
Ich kann mich kaum daran erinnern, wie es ist zu schlafen. Er beugt sich hinunter, um mich zu küssen und ich schlieÃe die Augen. Ich verliere mich in diesem Kuss und gebe mich den Träumen von einer wunderbaren Zukunft hin.
Kapitel 25
»Bist du sicher, dass das nicht billig aussieht?« Ich begutachte mich kritisch im Spiegel und zupfe an meinem Jeansminirock herum. Der schmale Stoffstreifen bedeckt kaum meine Oberschenkel.
»So ein Quatsch! Warum willst du nicht zeigen, was du hast?« Sienna spitzt die Lippen und trägt eine weitere Schicht kirschroten Lipgloss auf.
Ich verdrehe die Augen. »Im Ernst: Der ist ganz schön kurz.«
»Ich dachte, du wolltest Erik beeindrucken?«
Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe Siennas Spiegelbild an. Mehr als zwei Dutzend Outfits haben wir verworfen. Ein riesiger Haufen aus Jeans und Kaschmiroberteilen liegt auf ihrem Bett. »Natürlich will ich das. Ich bin wahrscheinlich nur nervös.«
»Das wäre ich an deiner Stelle auch.« Sie grinst und zwinkert mir zu. Dann wird sie sofort wieder ernst. »Kann ich dich was fragen?«
»Sicher.« Ich fummle an meinem Armkettchen herum.
»Ãhm, was ist eigentlich zwischen dir und Cole passiert?«
»Wir haben nicht zusammengepasst. Ich hab es mir so gewünscht, aber es ging nicht mit uns.«
Sie betrachtet mich eine ganze Weile mit hochgezogenen Augenbrauen, und beinahe kommt es mir so vor, als wollte sie mich zur Rede stellen. Doch im letzten Moment verkneift sie es sich und sagt stattdessen: »Erik ist der schärfste Typ an der ganzen Schule. Und er ist total in dich verknallt.«
Ich werde rot. »Wirklich? Ich fühle mich nämlich immer wie ein totales Nervenbündel.«
Sienna lacht. »Absolut gerechtfertigt. Dieser Kerl ist so heiÃ, dass er einen Eisberg zum Schmelzen bringen könnte. Deshalb solltest du meinem Rat folgen und auf jeden Fall diesen Rock tragen.«
Ich werfe einen letzten Blick auf mein nervöses Gesicht im Spiegel und auf das aufreizende Outfit. »Also gut, du hast mich überzeugt.«
»Schön, denn die Jungs sind schon hier.«
Mein Herz setzt für eine Sekunde aus. »Was? Seit wann?«
»Seit du im Bad warst und das angezogen hast. Komm, lass uns gehen!«
»Aber ich bin noch nicht fertig!«
»Doch, das bist du. Vertrau mir. Wenn er erst deine Beine sieht, wird er nirgendwo anders mehr hinschauen.«
Ich lache und lasse mich von ihr aus dem Zimmer ziehen. Die Schnallen an den klobigen braunen Stiefeln, die Sienna mir geliehen hat, klirren beim Gehen.
Heute Abend werden wir mächtig Spaà haben. Richtigen, echten SpaÃ. Im Herbst ist zum Erntedankfest immer ein Rummel in der Stadt, direkt auf der HafenstraÃe. Ich war seit Jahren nicht mehr dort, denn der Rummel ist in der Nähe der Piers. Vom Riesenrad aus hat man dann einen herrlichen Blick auf den Ozean.
Erik und Patrick lungern auf der schokoladenbraunen Ledercouch im Wohnzimmer herum. Erik hat einen Fuà aufs Knie gelegt. Er trägt eine knackige indigoblaue Jeans und einen marineblauen Pullover mit V-Ausschnitt. Ein weiÃes T-Shirt lugt darunter hervor. Er hat sich das Haar aus dem Gesicht gestrichen und gegelt, deshalb wirken seine blauen Augen noch heller als sonst.
Sein Blick wandert an mir herab und er lächelt. »Wow, du siehst â¦Â«
Ich grinse und umarme ihn, atme den salzigen Geruch seiner Haut ein. »Du siehst auch nicht schlecht aus.«
Wir folgen Sienna und Patrick nach drauÃen, wo Patricks alter Ford Bronco steht, dessen roter Lack makellos glänzt. Patrick könnte sich einen neueren Wagen leisten, aber ich schätze, er steht wie Steven auf Klassiker. Erik öffnet die hintere Tür für mich. Ich steige ein und rutsche durch, um ihm Platz zu machen. Er schlägt die Tür zu und wir schnallen uns an, während Patrick den Rückwärtsgang einlegt. Wenig später sind wir in Richtung Stadt unterwegs. Der Rummel findet wie immer auf zwei Parkplätzen zwischen dem Lebensmittelladen und dem Postamt am Ende der HafenstraÃe statt, nicht weit von den Touristengeschäften entfernt.
Patrick parkt in einer SeitenstraÃe hinter dem Häuserblock, in dem sich die Post befindet. Er scheint den einzigen noch freien Platz gefunden zu haben. Erik drückt meine Hand und zieht mich beim
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