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Der Kuss der Sirene

Der Kuss der Sirene

Titel: Der Kuss der Sirene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mandy Hubbard
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Reden, wir lächeln uns nur an und vertrauen auf Siennas leider eher dürftige Fahrkünste.
    Vor uns geht ein roter Blinker an und die Rücklichter leuchten auf. Sienna wird langsamer, biegt von der Straße ab und fährt durch ein offenes, verrostetes Tor, das bloß noch an einem Scharnier hängt. Ein halb zerrissener Drahtzaun hängt zwischen den eisernen T-Pfosten. Er wird größtenteils von verwildertem Schilfgras verdeckt, das hier so nah am Meer wächst.
    Die Autos rollen über den Kiesweg und folgen mehreren Serpentinen. Unsere Scheinwerfer beleuchten einen Hang, der nur spärlich mit Unkraut bewachsen ist. Dann tut sich ein breiter, leerer Kiesparkplatz auf. Die Wagen vor uns halten nebeneinander und Sienna parkt direkt daneben ein.
    Â»Wir sind da«, sagt sie mit einem Blick zu uns nach hinten, während sie das Radio ausschaltet. Patrick stößt die Tür auf und klappt den Sitz nach vorn, damit wir aussteigen können.
    Sechs meiner Klassenkameraden sind mit von der Partie, darunter Nicki. Ich bin sehr froh, dass Cole heute Abend nicht hier ist. Ich habe immer noch nicht herausfinden können, ob zwischen ihm und Nicki etwas läuft. Ehrlich gesagt möchte ich das auch gar nicht wissen.
    Einer der Jungen stößt einen albernen Kojotenschrei aus und macht mit erhobenen Händen ein Rock-on-Zeichen. Erik und ich folgen den anderen zu unserem Ziel für heute Abend, dem Leuchtturm. Er ist schon seit mehr als zehn Jahren stillgelegt und ragt nur noch schwarz und leer in den Himmel.
    Patrick, Brian und Danny knipsen ihre Taschenlampen an. Erik beugt sich zu mir. »Tut mir leid. Ich hab irgendwie nicht mitgekriegt, dass wir Taschenlampen mitbringen sollten«, flüstert er mir ins Ohr.
    Ich grinse ihn an. »Ist schon okay. Ich vergebe dir.«
    Wir tasten einer nach der Hand des anderen. Über uns ballen sich die Gewitterwolken zusammen. Es ist, als würde die Spitze des Leuchtturms direkt in den Wolken verschwinden.
    Wir laufen schweigend weiter, ich spüre Asphalt unter den Gummisohlen meiner Turnschuhe. Die letzten sechzig Meter bestehen aus einem krummen, rissigen Gehweg.
    Â»Seid ihr sicher, dass inzwischen nicht mal jemand die Tür verschlossen hat?«, fragt einer der Jungen. Nicki murmelt etwas Unverständliches. Zu meiner Linken kichert Kristi.
    Genau in diesem Moment ist das erste Donnergrollen zu hören. Nicki bleibt mit der Hand am Türknauf stehen und spitzt dramatisch die Lippen. Sie dreht am Knauf und die Tür schwingt auf.
    Â»Ja!« Sienna springt hoch und umarmt Patrick. Im Gänsemarsch treten wir ein, die ersten steigen schon die spiralförmige Eisengittertreppe hinauf. Ich bleibe einen Moment schweigend stehen. Dann greife ich nach dem rostigen Geländer und folge meinen Freunden nach oben. Die Stufen ächzen und knarren unter unserem Gewicht.
    Nach zehn Minuten sind alle oben. Nicki findet eine weitere Tür, die sich aufstoßen lässt, und wir betreten die Plattform. Hier ist es genauso dunkel wie unten. Scheinwerfer und Deckenbeleuchtung funktionieren nicht, die gesamte elektrische Anlage ist tot.
    Durch die Fenster blicken wir hinab auf die Klippen und das tosende Meer. Der Wind hat aufgefrischt, auf den Wellen tanzen weiße Schaumkronen. Blitze zucken über den Horizont.
    Nicki kreischt und macht einen Satz vom Fenster weg. Jemand lacht.
    Wir waren schon öfter hier. Wenn ein Gewitter vorhergesagt ist, springen wir ins Auto. Leider ist meistens die Wettervorhersage falsch. Aber seit wir das erste Mal von der Plattform aus die Blitze beobachtet haben, sind wir süchtig nach diesem magischen Schauspiel.
    Erik und ich lassen uns zurückfallen. Er zieht mich zu sich heran und streift mit den Lippen über mein Ohrläppchen. »Das ist unglaublich«, sagt er, als ein Blitz die Luft um uns herum zum Knistern bringt.
    Ich nicke. »Ich weiß.«
    Donner grollt übers Meer.
    Â»Ich meine uns beide«, sagt er. Seine Stimme klingt noch tiefer als sonst.
    Ich lächle und blicke ihm in die Augen. »Ich weiß.«
    Vor ein paar Wochen kam es mir schon vor, als hätte sich die Stimmung in der Schule geändert. Heute scheint die ganze Welt aus den Fugen geraten zu sein.
    Nicki winkt mir am Schuleingang lächelnd zu. »Gestern Abend, das hat gerockt«, sagt sie und eilt weiter. Doch dann wirbelt sie noch einmal herum und kommt zurück. »Wir haben es so was von

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