Der Kuss der wilden Rose: Mittsommerhochzeit (German Edition)
Lorenz und sie nach einer ausgiebigen gemeinsamen Dusche das Gästezimmer verließen und hinunter in die Küche gingen, wo Petter sie bereits mit frischem Kaffee und herrlich duftenden Brötchen erwartete.
“Ihr seht aber heute ganz besonders gut gelaunt aus”, stellte er lächelnd fest. “Habe ich etwas verpasst?”
“Könnte man so sagen”, erwiderte Lorenz so leise, dass nur Lotte ihn hören konnte. Nach dem Frühstück machten sie sich an die Arbeit. Während Lorenz das Anlegen eines kleinen Wasserfalls im rückwärtigen Bereich des Parks überwachte, legte Lotte weiter vorn einen Rosengarten für den römischen Garten an. Es war beinahe Mittag, und sie klopfte gerade an der Stelle, wo sie soeben einen Rosenbusch gepflanzt hatte, die Erde fest, als sie hörte, wie sich Schritte näherten.
Mit einem freudigen Strahlen rammte sie die Schaufel in die Erde und drehte sich um – in der Annahme, dass es sich um Lorenz handelte, der sie zum Lunch abholen wollte. Doch ihr Lächeln gefror, als sie Viggo Tjaderborg erblickte.
“Wenn Sie gekommen sind, um mich zu fragen, ob ich Lorenz für Sie ans Messer liefern will – meine Antwort lautet nein, und nochmals nein!”
Sie rechnete mit allem. Dass er vor Wut tobte, sie anschrie oder ihr einfach mit irgendetwas drohte – nicht jedoch damit, dass überhaupt nichts passierte.
Viggo Tjaderborg zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. “Das habe ich mir bereits gedacht. Deshalb komme ich auch erst heute und nicht, wie vereinbart, schon vor einigen Tagen. Nun, es ist Ihre Entscheidung. Schade, ich dachte, Sie wären aus einem anderen Holz geschnitzt”, erwiderte er, wandte sich ab und ging zurück zum Schloss.
Ungläubig sah Lotte ihm nach und stützte sich auf den Griff ihrer Schaufel. Was war denn das gewesen? Irgendwie konnte sie nicht glauben, dass die Angelegenheit für Tjaderborg so einfach erledigt war.
Aber vielleicht sah sie auch nur Gespenster, und er hatte eingesehen, dass er bei seinem Vorhaben nicht mit ihrer Unterstützung rechnen konnte.
“Ich verstehe das immer noch nicht”, sagte Lorenz, als er zusammen mit Lotte eine halbe Stunde später die Küche von Kärlekholmen Slott betrat, wo Linda, die dralle Blondine, die Tjaderborg vor ein paar Tagen überraschend eingestellt hatte, gerade dabei war, den Tisch zu decken. “Die Arbeiten auf Kärlekholmen sind doch noch gar nicht abgeschlossen. Wozu brauchen wir da jetzt schon ein Hausmädchen?”
Petter, der am Herd stand und Spiegeleier briet, stellte die Pfanne zur Seite und kam zu ihnen. “Da musst du Tjaderborg schon selbst fragen. Seit er sie vom Festland mitgebracht hat, habe ich schon ein paarmal versucht, ihn danach zu fragen. Doch was dieses Thema betrifft, gibt er sich ungewöhnlich wortkarg.” Er blickte zur Tür. “Ach, wenn man vom Teufel spricht.”
Mit einem selbstzufriedenen Lächeln betrat Viggo Tjaderborg die Küche. “Ich würde gern kurz mit Ihnen sprechen”, wandte er sich an Lorenz. “Kommen Sie?”
Lotte warf ihm einen fragenden Blick zu, doch Lorenz zuckte bloß mit den Schultern. Er wusste selbst nicht, was sein Vorgesetzter von ihm wollte – aber ihm schwante, dass es nichts Positives sein würde.
Sie gingen in Tjaderborgs Büro, wo der Verwalter sich sofort auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch setzte und Lorenz mit einer gönnerhaften Handbewegung ebenfalls einen Platz anbot.
“Vielen Dank, aber ich stehe lieber.”
“Ganz wie Sie wollen. Es wird ohnehin nicht lange dauern. Ich möchte, dass Sie Ihre Koffer packen und innerhalb der nächsten Stunde von Kärlekholmen verschwunden sind.”
“Wie bitte?” Anfangs glaubte Lorenz, sich verhört zu haben. “Sie wollen mich feuern? Aber warum?”
Lächelnd griff Tjaderborg nach einem Kugelschreiber und ließ ihn zwischen den Fingern herumrollen. “Mir wurde eine Beschwerde über Sie zugetragen, die ich einfach nicht ignorieren kann.”
“Würden Sie bitte endlich zum Punkt kommen? Worum geht es?”
“Sie wurden beschuldigt, eine weibliche Mitarbeiterin belästigt zu haben. Sie verstehen sicher, dass ich ein solches Verhalten bei meinen Angestellten nicht tolerieren kann.”
Lorenz war, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggerissen. Wovon sprach Tjaderborg eigentlich? Lotte hatte doch abgelehnt, Tjaderborg bei dem Plan zu unterstützen – oder?
“Sie lügen”, stieß er zornig aus. “Lotte würde sich nicht gegen mich stellen. Niemals!”
Sein Vorgesetzter schüttelte den Kopf.
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