Der Kuss der wilden Rose: Mittsommerhochzeit (German Edition)
Kannst du dir das vorstellen? Mein eigener Vater!”
Wütend hieb er mit der Faust gegen die Wand.
Lottes Herz hämmerte wie verrückt. Innerhalb von Minuten war eine ganze Welt für sie zusammengebrochen. Alles, was sie in den vergangenen fünf Jahren als Tatsache akzeptiert hatte, stellte sich nun als Lüge heraus.
Lorenz war nicht einfach so gegangen, weil er sich nicht für sie interessierte. Er war überhaupt nicht freiwillig gegangen. Lotte fragte sich plötzlich, wie sie daran auch nur eine Sekunde hatte glauben können. Ausgerechnet Lorenz, der schon – solange sie zurückdenken konnte – nie etwas anderes gewollt hatte, als den väterlichen Hof zu übernehmen.
Ich war so blind!
Noch immer stand er am Fenster und starrte schweigend hinaus. Die Luft im Zimmer vibrierte vor Anspannung. Seufzend fuhr Lotte sich durchs Haar, dann stand sie auf, trat hinter ihn und umschloss ihn mit den Armen.
“Es tut mir leid”, flüsterte sie heiser, und Tränen traten ihr in die Augen. “Ich hätte wissen müssen, dass du so etwas niemals tun würdest.”
Als er sich umdrehte, umspielte ein trauriges Lächeln seine Lippen. “Nein, mir tut es leid. Wie konnte ich bloß annehmen, dass du deine Eltern vorschieben würdest, um mir aus dem Weg zu gehen? Ich war so wütend auf dich … Und zugleich habe ich nie eine Frau gefunden, die es mit dir aufnehmen konnte.”
“Ist das wahr?”
Er nickte und küsste sie zuerst auf die Stirn, dann auf den Mund. Gleich darauf stolperten sie, ohne den Kuss zu unterbrechen, zurück zum Bett. Dort machten sie genau dort weiter, wo sie erst vor ein paar Minuten aufgehört hatten.
“Ich nehme an, Sie haben verstanden, was ich von Ihnen will?” Viggo Tjaderborg musste gegen den Lärm im Schankraum der Kneipe anschreien, um sich Gehör zu verschaffen. Es war schon kurz nach elf, und er sollte sich besser bald auf den Rückweg nach Kärlekholmen machen. Doch vorher musste er noch etwas erledigen.
Er würde die Angelegenheit Lorenz Bengtsson jetzt einfach selbst in die Hand nehmen, denn er glaubte nicht mehr daran, dass Lotte Rosenblad auf sein Angebot eingehen würde. Höchste Zeit für Plan B.
Die Blondine neben ihm auf dem Barhocker nickte eifrig. “Klar. Ich soll zum Schein drüben auf der Insel als Hausmädchen anfangen und so einen Typen, der Ihnen ständig in die Quere kommt, beschuldigen, zudringlich geworden zu sein.”
Ein zufriedenes Lächeln erhellte Tjaderborgs Gesicht. “Exakt. Und, was sagen Sie?”
Die junge Frau strahlte. “Kein Problem – Hauptsache, die Bezahlung stimmt.”
“Nun, dann sind wir uns ja einig. Ich schlage vor, dass Sie mich gleich zurück nach Kärlekholmen begleiten. Dort starten wir so bald wie möglich mit unserem Plan.”
Er winkte den Wirt heran und zahlte für die Blondine – ihr Name war Linda. Gemeinsam verließen sie das Lokal.
Es wäre doch gelacht, wenn er es nicht auch ohne Lottes Hilfe schaffen würde, Lorenz endgültig zugrunde zu richten.
Nach den ersten vier gemeinsam verbrachten Nächten wunderte Lotte sich noch immer darüber, wie natürlich es ihr erschien, neben Lorenz aufzuwachen. Die Sonne stand strahlend am makellos blauen Himmel, die Vögel begrüßten fröhlich zwitschernd den neuen Tag, und sie lag in den Armen des Mannes, den sie über alles liebte.
Im Grunde ihres Herzens hatte sie ihn all die Jahre geliebt. Doch jetzt, wo sie wusste, dass er ihre Gefühle erwiderte, konnte sie es sich selbst gegenüber endlich eingestehen.
Ganz gleich, was die Zukunft auch bringen mochte, es kam nur darauf an, dass Lorenz und sie zusammen waren.
“Guten Morgen”
, sagte sie leise, denn er begann sich zu rühren. Als er ihre Stimme hörte, schlug er die Augen auf und lächelte.
“Hej.”
Er streichelte mit dem Handrücken über ihre Wange, so als wollte er sich versichern, dass sie tatsächlich da war. “Jeden Morgen, wenn ich aufwache, fürchte ich, dass es nur ein schöner Traum gewesen sein könnte. Aber du bist wirklich da.”
“Ja – auch wenn es mir selbst noch immer ganz unwirklich vorkommt.”
Als er sie an sich zog, bis sie rittlings auf ihm saß, lachte sie. “Du bist ja unersättlich!”, schimpfte sie scherzhaft und rollte von ihm herunter. “Aber wir sollten jetzt wirklich zusehen, dass wir an die Arbeit kommen. Es ist schon nach acht, und wir wollen es Tjaderborg doch nicht leichter machen als unbedingt nötig, dich von Kärlekholmen zu vertreiben.”
Ein wenig dauerte es dann aber doch noch, bevor
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