Der Kuss Des Daemons
er. Mein Arm wurde zur Seite gezogen und schmerzhaft gestreckt. Einer von ihnen schlang einen dünnen Gummischlauch oberhalb meines Ellbogens darum und zog ihn fest. Von irgendwoher hielt Samuel eine Spritze in der Hand. Ich wand mich und kreischte. Bedächtig drückte er aus der Nadelspitze einen dünnen Strahl einer gelbbraunen Flüssigkeit. Dann suchte er in meiner Armbeuge nach einer Vene. Hinter mir brüllte Julien verzweifelt »Nein!« Die Nadel stach durch meine Haut, Samuel drückte den Kolben nieder. Die Flüssigkeit gelangte in mein Blut und steckte es in Brand. Ich schrie. Die Welt explodierte in Farben, Grelle und Schmerz. Die Männer ließen mich los. Ich rollte mich zu einem Ball zusammen und krümmte mich und wimmerte und stöhnte und schrie, während ich von innen heraus verbrannte und mein Oberkiefer zu Lava zerschmolz. Seltsam gedämpft hörte ich Juliens wütende Stimme, verzerrt und fern, Samuels Knurren, ein Klatschen. Alles zerfaserte zu Finsternis und Qual.
Als sich die Welt um mich herum wieder zusammenzufügen begann, lag ich auf etwas Weichem. Ich erfror und verbrannte zugleich. Meine Glieder zitterten, ohne dass ich mich bewegen konnte. Ich blinzelte schwach und wimmerte leise, als unruhiger Lichtschein furchtbar grell meine Augen traf. Durst! Ich hatte entsetzlichen Durst!
Schatten beugten sich über mich. Einer tiefer als die anderen. Etwas wurde an meinen Mund gedrückt.
»Trink, mein Mädchen«, sagte eine Stimme dicht neben meinem Ohr.
Hinter mir schrie jemand: »Nicht!«
Die Stimme neben mir knurrte. Ein Klatschen und ein Krachen erklangen, dann ein Stöhnen. Ich blinzelte wieder, versuchte den Kopf zu heben, um herauszufinden, woher die Geräusche kamen. Um mich herum standen
Metallschalen, in denen Feuer brannte. Alles war noch immer trüb und verschwommen. Eine Hand ergriff mein Kinn und drehte meinen Kopf zurück, ehe ich mehr erkennen konnte. Erneut wurde der Rand eines Glases gegen meine Lippen gesetzt. Dieses Mal nachdrücklicher.
»Trink!«, wiederholte die Stimme. Eine Flüssigkeit schwappte gegen meine Lippen und rann in meinen Mund. Salzig und bitter und schal. Schmerz explodierte in meinem Oberkiefer - und Gier. Meine Hände kamen hoch. Ich umklammerten das Glas mit aller Gewalt, damit niemand es mir wieder wegnehmen konnte. Ich trank wie eine Verdurstende. Kälte und Brennen ließen nach. Über mir erklang ein belustigtes Lachen. Ein Stück hinter mir stöhnte jemand. Jäh krampfte mein Magen sich zusammen. Ich schrie auf und spuckte aus, was ich gerade im Mund hatte. Überraschtes und unwilliges Murmeln um mich herum. In meinem Bauch wütete ein Monster mit Klauen, das mich von innen heraus zerfetzte. Ich schlang die Arme um meinen Leib und krümmte mich wimmernd und stöhnend zusammen. Wieder packte mich jemand am Kinn und setzte das Glas an meinen Mund. Ich wehrte mich, wand mich und versuchte Samuel von mir zu stoßen. Er war es, der mich festhielt.
Etwas in mir heulte auf vor Angst, ohne dass mein benommener Verstand begriff warum. Die Flüssigkeit füllte abermals meinen Mund. Zu viel, zu schnell. Ich verschluckte mich, hustete und würgte. Das Monster grub seine Klauen tiefer in meinen Bauch. Ich konnte vor Schmerz nicht atmen und wand mich keuchend und jammernd auf dem Diwan, der irgendwie in die Mitte des Raumes geraten war.
Samuel zischte über mir, druckte meinen Mund mit Gewalt auf und schüttete die Flüssigkeit in mich hinein.
»Trink!«, herrschte er mich an. Erneut verschluckte ich mich. Der nächste Schwall überschwemmte meine Kehle. Ich bekam keine Luft mehr. Verzweifelt schlug ich um mich und versuchte ihn gleichzeitig von mir zu stoßen. Meine Hand traf seinen Arm. Das Glas kippte, sein Inhalt ergoss sich über mich. Samuel fluchte und ließ mich los. Ich fiel zurück auf den Diwan.
Wieder war Gemurmel über mir. Es klang besorgt, bis Samuels Stimme es ärgerlich zum Schweigen brachte.
»Bringt ihn her!«, befahl er barsch.
Hinter mir raschelte und scharrte es. Zwei bleiche Männer zerrten einen dritten aus der Dunkelheit auf der anderen Seite der Feuer. Er kämpfte voller Zorn und Verzweiflung in ihrem Griff. Ich blinzelte, bis ich ihn erkannte. Julien! Zu seinen Abschürfungen waren ein weiterer Satz Blutergüsse und ein blaues Auge hinzugekommen. Die Vampire brauchten all ihre Kraft, um ihn zu halten. Er sah mich an. Entsetzen und Qual standen in seinem Gesicht. Sie drehten ihm einen Arm auf den Rücken, den anderen zerrten sie nach
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