Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
Vom Netzwerk:
eine abenteuerlustige Seele, dass die Insel verschwand, sobald ein Schiff nahe genug heransegelte. Daraufhin kehrte der Verkehr der Schifffahrtslinien wieder zur Normalität zurück.
    Schon bald wurde die Insel zu einer zusätzlichen Touristenattraktion der Bay Area. Immer wenn die Insel sichtbar war, verzeichneten die Besichtigungsbootstouren einen exponentiellen Zuwachs, und die Leute begannen, die Insel Avalon zu nennen, das glänzende Land der Mythen und Fabeln.
    Aber im Flüsterton hatte Rune einen anderen Namen gehört. Es gab noch andere Bewohner der Bay Area. Bewohner, die keine Bootsfahrten buchten, nicht in Restaurants aßen und sich auch keine Broadway-Shows auf Tournee ansahen. Sie lebten in den Ecken alter, verlassener Gebäude und versteckten sich, wenn die Nacht hereinbrach und die Raubtiere hervorkamen. Die Cracksüchtigen und die Obdachlosen nannten das Land nicht Avalon. Sie nannten es Blood Alley.
    Jetzt war die Insel in der Ferne sichtbar, und der riesige orangerote Ball der untergehenden Sonne leuchtete durch ihre unirdische Silhouette hindurch. Angeblich lebte auf der Insel eine kleine Kolonie von Vampyren. Rune betrachtete sie nachdenklich, während sich der Learjet in eine weite Kurve neigte, um sie in den Landeanflug auf SFO zu bringen.
    Als Reichssitz der Nachtwesen verfügte die Bay Area über viele Vampyr-Enklaven, insbesondere im Marin County, wo sich, umgeben von einer ausgedehnten Siedlung, das Haus von Julian Regillus befand. Er war der offizielle König der Nachtwesen.
    Soweit Rune wusste, flößte Julians Siedlung den Leuten auf der Straße keine so große Furcht ein wie diese Insel. Lag das an ihrer anderweltlichen Angewohnheit, aufzutauchen und wieder zu verschwinden, oder an denen, die dort lebten?
    Alex stieß einen Seufzer aus, ehe er sagte: »Nach den Bestimmungen der FAA muss ich Sie darauf hinweisen … blabla … Sicherheitsgurte … bla …«
    Rune lachte laut auf. »Wenn wir dabei nicht den ganzen Krempel verlieren würden, der hier im Cockpit nicht festgenagelt ist, würde ich jetzt am liebsten einfach eine Tür aufschieben und rausspringen.«
    Daniel warf ihm einen Blick zu. »Vielen Dank, dass Sie davon Abstand nehmen, Sir.«
    »Gern geschehen.« Rune klopfte dem Copiloten auf die Schulter und verließ das Cockpit.
    In Wahrheit hatte er es gar nicht so besonders eilig; sie würden noch früh genug landen. Als sie in ihre Parkposition gerollt waren und Daniel den Lear öffnete, bedankte sich Rune bei ihm und flog los. Direkt vor dem Flugzeug nahm er seine Wyr-Gestalt an, schwang sich in die Luft und flog in die Stadt, wobei er sich gegen die Blicke anderer abschirmte.
    Er war noch unentschlossen, wo er landen sollte, denn er kannte die Lage von 500 Market Street nicht gut genug, um die Adresse aus der Luft zu finden. Schließlich beschloss er, am westlichen Ende des Golden Gate Parks zu landen. Als er im steilen Sinkflug auf den gepflasterten Weg hinabsauste, flackerte sein Schatten über eine schlanke, verstohlen wirkende Gestalt hinweg, die vor einem Schild stand und in einer Hand eine Spraydose schüttelte.
    Rune landete, verwandelte sich in Menschengestalt zurück und ließ seine Tarnhülle fallen. Er schulterte seinen Seesack und sah zu, wie die Person das Schild besprühte. Mit seinem knochigen Körperbau und den langen, spinnenartigen Händen und Füßen sah das braunhäutige Geschöpf aus wie eine magersüchtige menschliche Frau. In ihrem triefnassen Haar hingen Seetangstreifen.
    Sie warf einen Blick über die Schulter, entdeckte Rune und starrte ihn finster an. »Was glotzt du so, Drecksack?«
    Sanft sagte er: »Überhaupt nichts, gute Frau.«
    »Belass es dabei.« Sie flitzte zum nächsten Mülleimer, warf die Dose hinein und rannte den Weg hinunter, um in einen Teich abzutauchen. Kurz darauf erklang unter einer Trauerweide am Ufer ein verzweifeltes Schluchzen.
    Rune trat auf das Schild zu. Es war eines von Myriaden von Schildern, wie sie an allen Teichen, Seen und Flüssen in der Bay Area aufgestellt waren, um die Touristen zu warnen: »Die Wasserphantome bitte NICHT füttern.«
    Auf diesem speziellen Schild war eines der Worte mit schwarzer Sprühfarbe übermalt. Jetzt stand da: »Die Wasserphantome bitte füttern.«
    Willkommen im Reich der Nachtwesen, der Heimat der Wasserphantome, Nachtelfen, Ghule, Trolle und Vampyre. Aus dem Augenwinkel sah er einige Nachtelfen, die durch den Park spazierten. Im Unterschied zu echten Elfen waren Nachtelfen in der Regel

Weitere Kostenlose Bücher