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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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erreichen waren. Das erschien ihm zu praktisch, um ein Zufall zu sein.
    Sanft landete er auf seinen Pfoten, und nachdem Carling von seinem Rücken auf den Gehweg gerutscht war, wechselte er schimmernd die Gestalt. Dann erst löste er die Sichtabschirmung um sie herum. »Siehst du? Niemand hat uns gesehen.«
    Sie blickte sich um und musste lachen. Ringsum gab es zwar Verkehr, doch durch irgendeinen Streich des Zufalls fuhren in diesem Moment keine Fahrzeuge an ihnen vorbei, und auch die nächsten Fußgänger waren einen halben Block entfernt und liefen in die andere Richtung. Obwohl der Nebel nicht besonders dicht war, verlieh er allem einen Hauch Abgeschiedenheit, der bei prallem Sonnenschein nicht dagewesen wäre. »Uns hat niemand gesehen, mein liebes Greifengenie, weil niemand in der Nähe war, der uns hätte sehen können.«
    Er sah sich um, und seine Augen verengten sich. »Also gut, hier ist wohl Überzeugungsarbeit vonnöten. Gib mal her.« Er nahm ihr den Transportbehälter ab.
    Mit Rasputin auf dem Arm ging sie die Straße entlang, und Rune ließ sich ein Stück zurückfallen, um sie beobachten zu können. Carling ging in ihrer typisch herrischen Art, sie war barfuß und schmutzig, das Haar hing ihr wirr und zerzaust auf den Rücken hinab, und ihr scheußlicher Kaftan war ein zerlumptes, zerknittertes Durcheinander. Und es gab keinen Zweifel daran – niemand, der sie sah, hätte daran zweifeln können –, dass sie eine Königin war. Gottverdammt, sie war so heiß, dass es qualmte.
    Sie führte ihn die Stufen zu einem eleganten vierstöckigen Wohnhaus im Mediterranean-Revival-Stil hinauf. Die grob an die Architektur eines italienischen Palazzo angelehnte Fassade war schlicht, in einem eleganten Ocker gehalten und mit bogenförmigen, schmiedeeisernen Fenstern versehen. Als Carling nach dem Türknauf griff und ein magiegeladenes Wort sprach, hörte Rune, wie sich der Knauf mit einem leisen Klicken drehte. Was für ein verdammt praktischer Trick. Nie musste sie befürchten, dass sie den Schlüssel verlor oder sich aussperrte.
    Rune folgte ihr in eine weitläufige Vorhalle mit glänzenden Eichenböden und einem schlichten antiken Empfangstisch, der so wunderschön gebaut war, dass Sotheby’s bei dem Anblick angefangen hätte zu sabbern. Die einzige Dekoration bildete eine Vase mit frischen Lilien. Carling deutete auf eine Tür zu seiner Rechten. »Fühl dich wie zu Hause«, sagte sie zu Rune, während sie einen Korridor entlangging. »Ich bin gleich wieder da.«
    »Alles klar.« Er betrat ein Zimmer, das ebenso elegant war wie alles andere, was er bisher von ihrem Haus gesehen hatte. In der Inneneinrichtung setzte sich das mediterrane Thema fort. Das Zimmer war mit Strukturtapeten, florentinischen Wandteppichen und Kunstwerken aus dem dreizehnten Jahrhundert sowie burgunderroten Ledermöbeln ausgestattet. Äußerst stilvoll, Carling.
    Gerade hatte er den Transportbehälter geöffnet, um seinen Seesack und Carlings Ledertasche herauszuholen, als er Schritte hörte, die schnell näher kamen. Sie waren viel schwerer als Carlings weiche, kaum wahrnehmbare Tritte und gehörten ohne Zweifel zu einem Mann. »Rätin!« Jepp, es war ein Mann. »Was für eine Überraschung. Was kann ich für Sie tun? Soll ich die anderen wecken?«
    »Nicht nötig, Rufio«, sagte Carling. »Ich bleibe nicht.«
    »Die anderen« mussten Vampyre sein, da es in Vampyrhaushalten verbreitete Praxis war, einen oder zwei Menschen im Personal zu haben, die sich um die Tagesangelegenheiten kümmerten.
    Carling fuhr fort: »Ich habe Rhoswen entlassen. Sie handelt nicht mehr in meinem Auftrag und ist auch nicht mehr vertrauenswürdig. Möglicherweise wird sie kommen, um ihre Sachen zu holen. Sie werden also alles zusammenpacken und für sie bereitstellen, ihr jedoch nicht gestatten, irgendeinen Bereich des Hauses unbeaufsichtigt zu betreten. Verstanden? Wenn sie Ihnen Probleme macht, möchte ich es erfahren. Und sollten Sie sich in irgendeiner Form bedroht fühlen, lassen Sie es mich wissen. Ich werde mich darum kümmern.«
    »Ja, Ma’am.«
    Die Überraschung in Person. Lag da noch etwas anderes in der Stimme des Mannes – Erleichterung etwa –, oder bildete Rune sich das nur ein? Er wünschte, er hätte den Menschen sehen können, um aus seiner Miene zu lesen, auch wenn Carlings Angestellten mit Sicherheit in der Lage waren, sich diskret zu verhalten.
    »Noch zwei Dinge, bevor ich gehe. Zum einen muss das Personal nach Rasputin sehen, während

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